Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

LANDWIRTSCHAFT/074: Lateinamerika - 'Böden sind Verbündete im Kampf


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Dezember 2014

Lateinamerika: 'Böden sind Verbündete im Kampf gegen den Hunger'

von Marianela Jarroud

Bild: © Marianela Jarroud/IPS

Die Fruchtbarkeit der tropischen Böden zeigt sich an den riesigen Angeboten auf den lateinamerikanischen Märkten
Bild: © Marianela Jarroud/IPS

Santiago, 23. Dezember (IPS) - Lateinamerika und die Karibik verfügen über die größten landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Welt. Gleichzeitig kommt es dort zu 14 Prozent der weltweiten Landverödung. Das Anfang Dezember ausgerufene UN-Jahr des Bodens 2015 bietet nun Gelegenheit, in der Region für bodenschonende Anbaumethoden zu werben, die für die Ernährungssicherheit unerlässlich sind.

"Nur ein intaktes Erdreich bringt Nahrungsmittel hervor", betonte Raúl Benítez, Regionaldirektor der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO. Um einen Zentimeter gesunden Boden zu generieren, bedarf es 1.000 Jahre, um ihn zu zerstören, nur einige Sekunden."

Trotz der immensen Bedeutung, die die Krume für die Ernährung der Menschheit spielt, sind 33 Prozent der Böden des Planeten Erde degradiert. Das zeigt sich in einer abnehmenden Pflanzendecke und Bodenfruchtbarkeit, verschmutzten Böden und Gewässern und mageren Ernten.

Innerhalb Lateinamerikas und der Karibik ist die Bodenerosion in Zentralamerika und im Süden Mexikos am stärksten ausgeprägt. Dort sind bereits 26 Prozent der Böden degradiert. Nach FAO-Angaben konzentriert sich die Landverödung in der Region zu 40 Prozent auf vier Staaten. In 14 Ländern sind bereits zwischen 20 bis 40 Prozent der Flächen erodiert. In den am stärksten betroffenen Weltregionen sind Hunger und Armut am größten.

Am 5. Dezember hatte die FAO zusammen mit der Weltgemeinschaft und dem UN-Wüstensekretariat das Internationale Jahr des Bodens 2015 als Teil der 'Globalen Bodenpartnerschaft' ausgerufen.


Erfolgreich im Kampf gegen den Hunger

"Lateinamerika ist sich der besonderen Rolle bewusst, die Böden im Kampf gegen den Hunger spielen", versicherte Benítez im FAO-Regionalbüro in Santiago. Er wies darauf hin, dass Lateinamerika die größten Fortschritte bei der Ernährungssicherheit gemacht habe. Die Region weise die meisten Länder auf, die das erste der insgesamt acht im Jahr 2000 international vereinbarten Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) - die Halbierung von Hunger und Armut - erreicht haben.

Dem Bericht über den Stand der Ernährungssicherheit 2014 zufolge ist die Zahl der hungernden Menschen in Lateinamerika und der Karibik von 15,3 Prozent im Zeitraum 1990 bis 1992 auf 6,1 Prozent von 2012 bis 2014 gefallen. "Aus diesem Grund habe ich keinen Zweifel daran, dass das Internationale Jahr der Böden die Aufmerksamkeit der Regierungen, Organisationen und Bevölkerung auf sich lenken wird. Lateinamerika wird sich sicherlich der Herausforderung stellen und in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen der Region handeln."

Das regionale FAO-Büro hat Allianzen mit mehreren Organisationen geschmiedet, die an einer Wiederherstellung der Böden arbeiten. Das in der chilenischen Gemeinde Estacón Central aktive 'Centro Comunal de Medio Ambiente Naturaleza Viva' im Westen der Hauptstadt Santiago gehört dazu.

Die Zentrumsleiterin María Contreras hat eine Initiative zur Wiederherstellung von 40 Hektar Land in der Kommune Maipú im Westen der Hauptstadt Santiago gestartet, wo in 1980er und 1990er Jahren der Müll sämtlicher Hauptstadtbezirke abgeladen worden war. "Wir konnten bisher zehn Hektar Land sanieren. Wir haben Bäume gepflanzt, und die Regionalregierung hat dort Sicherheitsleute abgestellt und sorgt für die Bewässerung", berichtet Contreras. "Weitere 20 Hektar sollen ebenfalls urbar gemacht und mit Fuß- und Fahrradwegen versehen werden."

Bild: © Sabina Córdova/IPS

Agrarproduzentinnen aus dem Departement Piura im Norden Perus
Bild: © Sabina Córdova/IPS

Das auf diese Weise gerettete Gebiet ist heute als die 'Wälder von Chuchunco' bekannt. Chuchunco bedeutet in der Sprache der Mapuche-Indianer 'zwischen den Gewässern'. "Das Experiment ist aus der Not geboren", berichtet die Zentrumsleiterin. "Ohne unsere Böden würden wir alle zugrunde gehen."

Vor 30 Jahren hätte Maipú Santiago mit frischem Gemüse versorgt. 2012 hatte die FAO dort den Bau eines kleinen Treibhauses finanziert. "Inzwischen produzieren wir dort Saatgut", betont Contreras und fügt hinzu, dass es wichtig sei, die sozialen Netzwerke zu stärken und mehr Menschen zum Schutz der Böden zu animieren. Zudem sei es wichtig, an den Schulen Umweltunterricht zu geben und Nachhaltigkeitsprojekte zu starten. "Wir möchten, dass Kindern ein grundlegendes Umweltwissen vermittelt wird und wir sie zu verantwortungsvollen Bürgern erziehen."

Ein weiteres Experiment, um fruchtbare Böden zu gewinnen, war die Einführung der ersten roten kalifornischen Kompostwürmer im Jahre 1980. Diese führte in Chile zur Gründung des Zentrums zur Erforschung und Entwicklung der Vermikultur (Ceilom), das sich für die Verringerung von Müll und die vollständige Wiederaufbereitung organischer Haushaltsabfälle mit Hilfe der Wurmkompostierung einsetzt.

"Wir haben ein Abkommen mit einem Gemüsemarkt in Recoleta (im Norden von Sanitago) geschlossen, das uns erlaubt, die dort anfallenden Abfälle weiterzuverarbeiten. Ein solches Arrangement könnte mit vielen Märkten getroffen werden", betont die CEILOM-Leiterin Marcela Campos. Vorstellbar sei auch die Wurmkompostierung der im Zoo von Santiago anfallenden Abfälle. "Wir brauchen im Grunde keinen Kunstdünger."

Auf globaler Ebene werden zwölf Prozent der Böden oder 1,6 Billionen Hektar für den Anbau von Feldfrüchten verwendet. "Das bedeutet", so Benítez, "dass wir unsere Anstrengungen verdoppeln und unsere Anbautechniken verbessern müssen, um unsere natürlichen Ressourcen zu schützen". (Ende/IPS/kb/2014)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2014/12/el-suelo-aliado-silencioso-contra- el-hambre-desde-america-latina/
http://www.ipsnews.net/2014/12/the-soil-silent-ally-against-hunger- in-latin-america/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 23. Dezember 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Dezember 2014


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang