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LATEINAMERIKA/071: Argentinien - Bergbauindustrie torpediert Gletscherschutz, Inventarisierung verzögert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. März 2012

Argentinien: Bergbauindustrie torpediert Gletscherschutz - Inventarisierung verzögert

von Marcela Valente


Buenos Aires, 19. März (IPS) - Seit Ende 2011 sind Wissenschaftler in Argentinien damit beschäftigt, ein Inventar aller Gletscher des Landes zu erstellen. Doch die Bergbauindustrie leistet offenbar mit stillschweigender Unterstützung der Behörden in der zentralen Provinz San Juan Widerstand. So bleibt den Forschern der Zugang zu den Gletscherregionen, in denen Bergbauprojekte durchgeführt werden, versperrt.

Umweltorganisationen fordern angesichts der bedrohlichen Aktivitäten der Unternehmen die Anwendung eines Gesetzes zum Schutz der Gletscher entlang der Anden-Kette im Westen des Landes.

Das Parlament hatte 2008 ein erstes Gesetz gebilligt, gegen das Staatspräsidentin Cristina Fernández jedoch zunächst ihr Veto einlegte. Zur Begründung erklärte sie, dass die Regelungen der Entwicklung der Provinzen schadeten, die auf die Einkünfte aus dem Bergbausektor angewiesen seien.

2010 kam es dann zu einer Einigung über ein neues Gesetz. Darin werden die Eisflächen zu "strategischen Wasserreserven" erklärt und Bergbauaktivitäten in den Gletschergebieten verboten.


Gesetz stellt Umweltsünden unter Strafe

Das Gesetz sieht außerdem die Erstellung eines nationalen Gletscher-Inventars vor, um dem staatlichen Forschungsinstitut IANIGLA die Kontrolle der Gebiete zu erleichtern. Zuerst sollen die Gletscher erfasst werden, in deren Umgebung bereits Minenunternehmen tätig sind. Umweltverschmutzung durch die Industriebetriebe soll unter Strafe gestellt werden.

Das Verbot gilt auch für Erdölbohrungen, größere Infrastrukturprojekte und den Einsatz chemischer Substanzen in der Nähe von Gletschern und in den sie umgebenden Permafrost-Gebieten ohne Schnee- oder Eisdecke.

IANIGLA-Direktor Ricardo Villalba zufolge konnten die Gletscher in der zentralen Provinz Mendoza dokumentiert worden. Auch die Arbeiten in der südlichen Provinz Santa Cruz kämen gut voran. In der zentral gelegenen Provinz San Juan, wo die kanadische Firma 'Barrick Gold' zwei größere Projekte durchführt, hätten die Wissenschaftler noch nicht mit der Inventarisierung beginnen können, weil 'Barrick Gold' Widerstand leiste.

Das weltgrößte Goldschürfunternehmen wandte sich an die Justiz des südamerikanischen Landes und erreichte mit der Begründung, das Gesetz verletze die argentinische Verfassung, indem es wirtschaftliche Aktivitäten in San Juan blockiere, die Aussetzung des Gesetzes. Das letzte Wort wird nun der Oberste Gerichtshof haben.

Die Provinzbehörden unterstützen das Vorgehen des Unternehmens, indem sie sich mit der Aufforderung an die Wissenschaftler, die Gletscher in San Juan zu erfassen, Zeit lassen. "Es ist Sache der Provinzregierung, die prioritären Gebiete festzulegen", meinte dazu Villalba. Sein Institut sei lediglich dafür verantwortlich, die Studie im Laufe von fünf Jahren fertigzustellen.

Seit 2005 schürft Barrick im Tagebau Gold und Silber in San Juan. Aus der Veladero-Mine, deren Vorkommen für 14 Jahre reichen sollen, werden schätzungsweise 11,4 Millionen Unzen Gold gewonnen. Um die Edelmetalle von dem Gestein abzulösen, wird giftiges Zyanid eingesetzt.

Im kommenden Jahr wird die Firma außerdem in der ebenfalls in San Juan gelegenen Pascua-Lama-Mine laut Schätzungen weitere 14,4 Millionen Unzen Gold fördern. Das Vorhaben ist Teil eines binationalen Bergbauprojekts, das sich auch auf die nordchilenische Region Atacama erstreckt.


Proteste verhindern 'Verschiebung' von Gletschern

Nach Protesten von Umweltschützern sah sich 'Barrick' gezwungen, auf die 'Verschiebung' dreier Gletscher zu verzichten, um besser an die Bodenschätze zu kommen. Aktivisten zufolge richtet die Firma dennoch beträchtliche Schäden in den Gletschergebieten an.

Einem 2011 veröffentlichten Bericht von 'Greenpeace' in Argentinien zufolge ist das Unternehmen für die Zerstörung der Gletscher verantwortlich zu machen. Bei der Erkundung und beim Abbau der Edelmetallvorkommen komme es zudem zu dem Bau von Straßen, Bohrungen, Sprengungen und anderen Aktivitäten, die den Gletschern weiter zusetzten. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.greenpeace.org/argentina/es/
http://wiki.mendoza-conicet.gob.ar/ianigla
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=100346
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107084

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 19. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2012