Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
e.V.
EU-News - 2. Oktober 2023
Giftiges Weltkriegserbe: Gemeinsam gegen Altmunition
Acht Ostsee-Anrainerstaaten haben am 29. September auf der Our Baltic-Konferenz [1] verstärkte Zusammenarbeit beschlossen. Es geht um den Schutz der Ökosysteme, aber auch um menschliche Aktivitäten, die durch die Altlasten gefährdet sind.
Am Boden der Ostsee ticken rostende Zeitbomben, die beispielsweise Schwermetalle wie Quecksilber oder Sprengstoffe wie TNT und seine Metabolite [2] enthalten - allesamt gefährlich. Das Problem der versenkten Kampfmittel aus dem ersten und zweiten Weltkrieg ist bekannt, aber noch lange nicht gebannt. Deshalb haben Dänemark, Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Finnland und Schweden im litauischen Palanga erneut verschiedene Verpflichtungen [3] vereinbart. Bereits 2020 war eine entsprechende Erklärung [4] verabschiedet worden. Die Anrainer wollen laut den neuen "Commitments" mit dem Ostseerat und im Rahmen des regionalen Abkommens HELCOM weiter eng zusammenarbeiten, vorrangige Gebiete zur Räumung festlegen (unter anderem Meeresschutzgebiete und Zonen für Offshore-Windenergie) und ihre Erkenntnisse grenzüberschreitend austauschen. Im Jahr 2027 soll eine Bestandsaufnahme der bis dahin bei der Kartierung und Risikobewertung erzielten Fortschritte erfolgen.
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius versprach in seinem Post auf X [5] (ex-Twitter) zwei Millionen Euro Unterstützung durch die EU, um Projekte zur Entsorgung dieser Altlasten zu fördern. Das Bundesumweltministerium hatte kürzlich ein Vergabeverfahren für Pilotregionen gestartet [6], wo in mehreren Gebieten in der Lübecker/Mecklenburger Bucht mit der Räumung der Kriegsaltlasten gestartet werden soll. Laut Umweltbundesamt lagern allein in der deutschen Nord- und Ostsee noch etwa 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe, die im Zweiten Weltkrieg durch Militäroperationen oder danach durch Verklappung versenkt wurden. "Dies gefährdet Schiffsverkehr, Fischerei, Tourismus, Menschen an Stränden sowie die Meeresumwelt und behindert Offshore-Installationen und Seekabel-Verlegungen", so die Behörde.
Im Einzugsgebiet der Ostsee leben laut EU-Kommission mehr als 85
Millionen Menschen. Die Ostsee gilt als das am stärksten verschmutzte
Meer in Europa. Problematisch sind der Verlust der biologischen
Vielfalt, der Klimawandel, die Eutrophierung und erhöhte
Schadstoffwerte wie Arzneimittel und Abfälle, insbesondere
Plastikmüll. Derzeit seien 97 Prozent der Ostsee von Eutrophierung
betroffen, was dazu führt, dass der Sauerstoffgehalt sinkt. Das
Ökosystem Ostsee sei zudem aufgrund seiner geringen Tiefe, der
begrenzten Verbindung zum Meer, der langsamen Wasserzirkulation und
der niedrigen Wassertemperatur besonders anfällig. [jg]
Anfang Texteinschub
Meere kurz & knapp
Zustandsbericht Nord- und Ostsee: Das ZDF hat zusammengefasst, "Warum
es Nord- und Ostsee so schlecht geht" [7]: Steigende Temperaturen,
Überdüngung, Versauerung, Plastikmüll, viel Schiffsverkehr und
Altmunition versetzen Nord- und Ostsee in einen bedenklichen
Zustand.
Nordostatlantische Fischpopulationen in Not: Nur eine von sechs
Futterfischpopulationen im Nordostatlantik wird nachhaltig befischt
und befindet sich in einem gesunden Zustand, so eine Studie [8] von
Oceana. Die Meeresschutzorganisation fordert die Länder des
Nordostatlantiks auf, ihre Bewirtschaftung dieser kleinen Fische im
Vorfeld der Verhandlungen über Fangbeschränkungen noch in diesem Jahr
zu verbessern.
Schmutziger Schiffsverkehr: Seas At Risk fordert umweltpolitische
Kehrtwende in der Schifffahrt [9]: Treibhausgasemissionen und
Umweltauswirkungen nehmen zu, Pläne zur Dekarbonisierung blieben
unklar. Dies zeigen ein Bericht [10] über die Umweltverschmutzung
durch die Schifffahrtsindustrie und eine aktuelle Analyse [11] von
T&E. Die Schifffahrtsemissionen hätten im vergangenen Jahr die Werte
vor der Pandemie in den Schatten gestellt, mit erschreckenden Folgen
für das Klima.
Ende Texteinschub
Healthy seas: Commission leads common efforts to improve state of
Baltic Sea
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_23_4683
Commitments
https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/our-baltic-conference-2023-commitments_en
Links:
[1] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/our-baltic-conference_en
[2] https://www.umweltbundesamt.de/service/glossar/m?tag=Metabolite#alphabar
[3] https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/our-baltic-conference-2023-commitments_en
[4] https://commission.europa.eu/system/files/2020-09/ministerial_declaration_our_baltic_conference.pdf
[5] https://twitter.com/VSinkevicius/status/1707699813767111025
[6] https://www.bmuv.de/meldung/vergabeverfahren-fuer-pilotierte-erkundung-von-altmunition-in-luebecker-und-mecklenburger-bucht-gestartet
[7] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/nordsee-ostsee-verschmutzung-klimawandel-grafik-100.html
[8] https://europe.oceana.org/reports/small-but-mighty-managing-northeast-atlantic-forage-fish-to-sustain-marine-life/
[9] https://seas-at-risk.org/general-news/shipping-must-change-to-stay-on-course/
[10] https://www.transportenvironment.org/discover/europes-shipping-emissions-back-to-pre-pandemic-high/
[11] https://www.transportenvironment.org/discover/europes-shipping-emissions-back-to-pre-pandemic-high/
ck-to-pre-pandemic-high/
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Quelle:
EU-News, 02.10.2023
Deutscher Naturschutzring
Dachverband der deutschen Natur-, Tier-
und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
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Internet: www.dnr.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 6. Oktober 2023
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