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ÖKOSYSTEME/087: Symbiose mit Riffbarschen hilft Korallen beim Wachsen (idw)


Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) - 18.05.2017

Ventilator für Korallen: Symbiose mit Riffbarschen bringt Korallen große Vorteile für das Wachstum


Viele Steinkorallen leben in enger Gemeinschaft mit verschiedenen Arten von Riffbarschen. Riffökologen des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen haben diese Symbiose jetzt genauer untersucht und einen bisher unbekannten Vorteil für die Korallen entdeckt: die Fische unterstützen sie bei der Photosynthese und fördern dadurch ihr Wachstum. Die Studie ist gestern im Journal of Experimental Biology erschienen und wurde vom Nature Magazin in seinen Forschungshighlights aufgegriffen.


Foto: © Nur Garcia, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Rotmeer-Preussenfisch in einer Koralle der Gattung Stylophora
Foto: © Nur Garcia, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Korallenriffe sind hoch komplexe Lebensgemeinschaften mit vielfältigen Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten, die zum Teil noch gar nicht erforscht sind. Gut bekannt ist die Symbiose zwischen Clownfischen und Anemonen: die Fische liefern mit ihren Ausscheidungen wichtige Nährstoffe und finden selber Schutz vor Fraßfeinden in der Anemone.

Die gleichen Vorteile werden der Gemeinschaft zwischen Riffbarschen und verzweigten Steinkorallen zugeschrieben. Auffällig ist aber, wie unermüdlich die Barsche mit ihren Flossen fächeln, wenn sie sich zwischen den Ästen der Koralle aufhalten - und das nicht nur tagsüber, sondern auch nachts im Schlaf.

Die Ökologin Nur Garcia und ihre Kollegen vom ZMT nahmen diese Symbiose genauer unter die Lupe. Im Roten Meer vor Eilat in Israel beobachteten sie den Rotmeer-Preussenfisch, der sich zwischen den Zweigen von Korallen der Gattung Stylophora aufhält. "Über 30% seiner Zeit verbringt der Fisch in der Steinkoralle", beschreibt Garcia ihre Beobachtungen, "häufig schwimmen ein Dutzend Barsche oder mehr wie eine Wolke über der fußballgroßen Koralle".

Im Labor brachte die Forscherin die Fische und Korallen in einem Respirometer zusammen, um Atmung und Photosyntheseleistung der Koralle zu messen. Dabei stellte Garcia Erstaunliches fest: Selbst wenn nur ein einziger Preussenfisch die Koralle aufsuchte, schnellte die Photosyntheseleistung der Stylophora bis zu 6% täglich in die Höhe. Korallen, die mit Riffbarschen zusammenleben, können dadurch deutlich schneller wachsen.

Bei Steinkorallen sind es die Algen in den Polypen, die die Photosynthese betreiben. Deren Produkte, energiereiche Zucker, kommen den Korallen zugute. Dadurch können sie die für tropische Riffe typischen, riesigen Kalkstrukturen aufbauen. Während die Korallen nachts Sauerstoff zum Atmen benötigen, scheiden sie ihn tagsüber im Zuge der Photosynthese aus. Sammelt sich zu viel davon an, hemmt es die Wirkung eines für die Photosynthese wichtigen Enzyms.

"Mit seinem Fächeln sorgt der Riffbarsch für eine bessere Wasserzirkulation sowie den Zu- und Abtransport von Sauerstoff. Das ist in strömungsarmen Gewässern besonders wichtig, wie sie beispielsweise in Lagunen vorherrschen, die von Riffen umschlossen sind", erklärt Dr. Sebastian Ferse, Riffökologe am ZMT und Leiter der Studie.

Auch in Hinblick auf Korallenbleiche könnte die Symbiose einen positiven Effekt haben, wie die ZMT-Forscher vermuten. Sind Korallen Stress ausgesetzt, entstehen bei der Photosynthese Sauerstoffradikale, die eine Bleiche fördern. Das Flossenfächeln sorgt für deren Abtransport.

"Die zunehmende Überfischung könnte dieser Symbiose jedoch zum Verhängnis werden", warnt Ferse. "Werden die Fressfeinde der Riffbarsche, die größeren Fische, gefangen, so besteht für die Barsche keine Notwendigkeit mehr, in den Korallen Schutz zu suchen". Außerdem sind die symbiontischen Riffbarsche ein beliebter Zierorganismus und werden auch selbst für den Aquarienhandel befischt. "Im Thousand Islands-Archipel vor Jakarta zum Beispiel sind bestimmte Arten bereits völlig verschwunden", berichtet Ferse.

Über das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung:

Das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung - ZMT in Bremen widmet sich in Forschung und Lehre dem besseren Verständnis tropischer Küstenökosysteme. Im Mittelpunkt stehen Fragen zu ihrer Struktur und Funktion, ihren Ressourcen und ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber menschlichen Eingriffen und natürlichen Veränderungen. Das ZMT führt seine Forschungsprojekte in enger Kooperation mit Partnern in den Tropen durch, wo es den Aufbau von Expertise und Infrastruktur auf dem Gebiet des nachhaltigen Küstenzonenmanagements unterstützt. Das ZMT ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. www.leibniz-zmt.de



Weitere Informationen finden Sie unter
http://jeb.biologists.org/content/220/10/1803

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news674933
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution457

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT),
Dr. Susanne Eickhoff, 18.05.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2017

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