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ÖKOSYSTEME/106: Griechisches Naturdenkmal in Gefahr - 2.500 Jahre Wasserstress (Uni Kiel)


Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Presseinformation 168/2019 - 29.5.2019

Ein Naturdenkmal in Gefahr - 2.500 Jahre Wasserstress

Bereits seit der klassisch-hellenistischen Zeit beeinflusst der Mensch das Ökosystem in Südgriechenland


Wasserumleitung, Rodung, Ackerbau - der Mensch verändert seine Umwelt bereits seit 2.500 Jahren - teilweise mit unumkehrbaren Folgen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Leitung von Professor Ingmar Unkel, Direktor des Instituts für Ökosystemforschung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Sie untersuchten das Umweltsystem des griechischen Stymphalia-Sees, um ein besseres Verständnis über die menschlichen und klimatischen Einflüsse auf die Landschaftsentwicklung in Südgriechenland zu erlangen. Ihre Erkenntnisse veröffentlichen sie in der Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift Quaternary Science Reviews. Erstautorin ist Joana Seguin, Doktorandin am Institut für Ökosystemforschung.


Foto: © Ingmar Unkel

Die 3x4 Meter große schwimmende Bohrplattform des Instituts für Ökosystemforschung der CAU auf dem Stymphalia-See wird verwendet, um Sedimentbohrkerne zu entnehmen.
Foto: © Ingmar Unkel

Die Landschaft Stymphalia auf der griechischen Halbinsel Peloponnes ist bekannt aus einer griechischen Sage, der zufolge der Halbgott Herkules die Vögel vom Stymphalia-See tötete. Heute ist der See ein Vogelschutzgebiet, das wegen des Raubbaus an seinen Wasserressourcen extrem in Gefahr ist. Ingmar Unkel und Joana Seguin untersuchten mit einem internationalen Forschungsteam die Umweltgeschichte des Sees im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1266 "TransformationsDimensionen - Mensch-Umwelt Wechselwirkungen in Prähistorischen und Archaischen Gesellschaften" der Uni Kiel.


Abb.: Karte - © Thomas Birndorfer

Das Gebiet um den Stymphalia-See im nordöstlichen Teil der Peloponnes in Griechenland. STY-1 markiert die Stelle der Bohrplattform.
Abb.: © Thomas Birndorfer

"Wir nutzen Seen als Umweltarchive, weil sie Sedimentpartikel, chemische Spurenstoffe, Holzkohle, Pollen und vieles mehr darin sammeln und über Jahrtausende bewahren", erklärt Ingmar Unkel. Schicht für Schicht lagern sich so Informationen über das Wetter, Klima und Umwelteinflüsse ab. Durch Bohrungen bringen die Forscherinnen und Forscher diese Ablagerungen zutage. "Aus den Sedimentkernen können wir die Daten dann praktisch wie in einer Chronik herauslesen und versuchen, die Klima- und Umweltgeschichte nachzuvollziehen", sagt der Geograph.


Foto: © Ingmar Unkel

Der Stymphalia-See ist je nach Jahreszeit nur ein bis zwei Meter tief.
Foto: © Ingmar Unkel

Um die gewonnenen Klimadaten mit geschichtlichen Ereignissen und dadurch mit menschlichem Handeln zusammenzubringen, kooperierte das Kieler Team mit internationalen Kolleginnen und Kollegen anderer Disziplinen, etwa aus der Archäologie. "Der interdisziplinäre Ansatz war uns sehr wichtig", betont Seguin.

An den Klima- und Umweltindikatoren des Stymphalia-Sees zeige sich, dass Menschen dort bereits vor 2.500 Jahren eine entscheidende Rolle an den Landschaftsveränderungen spielten, sagt Seguin. Beispielsweise haben sie zur Römerzeit (130 n. Chr.) ein Aquädukt gebaut und Wasser aus dem See umgeleitet, um damit in Korinth Wasserfontänen zu speisen. "Das hatte extreme Auswirkungen auf das See-Ökosystem", so Seguin. Die unterschiedlichen Veränderungsphasen im See in den verschiedenen Epochen zeigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Studie detailliert auf.

Gerade mit Blick auf Klimawandel und Umweltzerstörung sei für Unkel dieser Blick auf die Vergangenheit und den langfristigen Einfluss des Menschen auf die Umwelt von besonderem Interesse. "Durch unsere Projektarbeit können wir sehen, wie dieser See sukzessive durch die Übernutzung seiner kostbaren Wasserressourcen zerstört wurde und wird."

Originalpublikation:
"2500 years of anthropogenic and climatic landscape transformation in the Stymphalia polje, Greece", Quaternary Science Reviews, Volume 213, 1. Juni 2019, Seite 133-154, DOI 10.1016/j.quascirev.2019.04.028

Link zur Meldung:
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Quelle:
Presseinformation 168/2019 - 29.5.2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2019

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