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PROJEKT/028: Venezuela - Nanotechnologie soll Erdöl sauberer machen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. November 2012

Venezuela: Nanotechnologie soll Erdöl sauberer machen

von Humberto Márquez


Öl-Raffinerie in Venzuela - Bild: © PDVSA

Öl-Raffinerie in Venzuela
Bild: © PDVSA

Caracas, 16. November (IPS) - Venezuela will seine Ölindustrie mit Hilfe von Nanotechnologie klimafreundlicher machen. Neue Katalysatoren sollen die Treibhausgasemissionen der Industrie reduzieren. Erste Ergebnisse der Forschungen werden für 2013 erwartet.

Als Katalysatoren sollen Nanopartikel metallischer Salze wie Eisen, Nickel oder Kobalt eingesetzt werden. Die Nanotechnologie befasst sich mit einer Vielzahl von Strukturen und Prozessen im sub-miskroskopischen Bereich. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter.

"Wir wollen die richtigen Katalysatoren finden, um die Treibhausgasemissionen der Raffinierung von Erdöl und des Verkehrs um die Hälfte zu reduzieren", sagt Sarah Briceño vom Zentrum für Physik des staatlichen Venezolanischen Instituts wissenschaftlicher Studien (IVIC).

Als ölreiches Land fördert Venezuela täglich drei Millionen Barrel Öl. Die sechs Raffinerien des lateinamerikanischen Landes bereiten pro Tag 1,1 Millionen Barrel auf. Die Reserven werden auf 200 Milliarden Barrel geschätzt.

Nach Angaben der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), deren Mitglied Venezuela ist, liegt der Gesamtverbrauch an Treibstoffen in Venezuela bei 742.000 Barrel pro Tag. Die mehr als sechs Millionen Kraftfahrzeuge verbrauchen davon täglich 300.000 Barrel.


Venezuela trägt zu 0,48 Prozent zum Treibhauseffekt bei

Den Anteil Venezuelas an der globalen Erderwärmung schätzt das Umweltministerium auf 0,48 Prozent. Zu den globalen Kohlendioxidemissionen - eines der klimaschädlichen Treibhausgase - trägt Venezuela den Angaben zufolge mit 0,56 Prozent bei.

"Wir wollen vor allem die Stickstoff- und Methanemissionen reduzieren", sagt Briceño. Diese beiden Gase sind um ein Vielfaches schädlicher als Kohlendioxid. Doch ob die Forscher Erfolg haben werden, kann frühestens im nächsten Jahr gesagt werden. Und bis zur Industriereife der Katalysatoren ist es dann immer noch ein weiter Weg.

"Die Nachfrage nach Energie wird in den kommenden Jahren immer weiter zunehmen, und deswegen müssen wir auch immer mehr Energie erzeugen", sagt Javier García Martínez, Direktor des Labors für Nanotechnologie der spanischen Universität von Alicante. "Fossile Energiequellen sind nicht die beste Alternative, aber noch schlimmer ist es, sie nicht so auszurüsten, dass sie am wenigsten klimaschädlich sind."


Nanotechnologie kann auch Solartechnologie verbessern

"Die Nanotechnologie hat vor allem auf dem Feld der Solarenergie ein großes Potenzial. Sie kann die Effizienz von Photovoltaikzellen verbessern", sagt der Venezolaner Juan Carlos Sánchez, Mitglied des Weltklimarates IPCC. Das sei allerdings weder im Interesse von Ölfirmen noch von Ölländern. "Sollte die Nachfrage nach Solarenergie ansteigen, würde sich die Nachfrage nach Öl entsprechend reduzieren."

Seiner Ansicht nach sollte Venezuela andere Technologien fördern, die die Ölindustrie sauberer machen könnten, beispielsweise die Abspaltung und Speicherung von Kohlendioxid. "Das Gas könnte man im Untergrund unterhalb der Ölquellen speichern, sodass es nicht in die Atmosphäre gelangt." Venezuela habe tausende ausgepumpte Ölquellen in mehr als 1.000 Metern Tiefe, die sich dazu eigneten.

Sánchez zufolge forschen andere OPEC-Länder bereits in diese Richtung, darunter Saudi-Arabien, Algerien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Unumstritten ist die Technologie jedoch nicht: Kritiker sehen in ihr ein Mittel zum Zweck, Kohlekraftwerke länger laufen zu lassen. Andere lehnen sie ab, weil sie gesundheitliche Schäden befürchten. Außerdem ist das Risiko riesiger Kohlendioxidspeicher unter Tage nicht einschätzbar. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.ivic.gob.ve/fisica/
http://rua.ua.es/dspace/handle/10045/2486
http://www.ipsnews.net/2012/11/nanotechnology-could-lighten-venezuelas-oil-footprint/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101885

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2012