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PROTEST/016: Goldrausch in Siebenbürgen - Kulturerbe oder umweltzerstörender Tagebau? (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 169 - August/September 2012
Die Berliner Umweltzeitung

Goldrausch in Siebenbürgen
Kulturerbe oder umweltzerstörender Tagebau?

von Volker Voss



Sollten die Pläne der kanadischen Investorengruppe RMGC realisiert werden, die riesige Goldlagerstätte im siebenbürgischen Rosia Montana (Rumänien) abzubauen, werden Berge gesprengt, Landschaften zerstört und Menschen umgesiedelt. "Ganze Dörfer würden von der Erdoberfläche verschwinden. Was zurückbleibt, ist eine Mondlandschaft", erläutert Alina Banu, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Kampagne "Rettet Rosia Montana".

Seit 10 Jahren kämpfen die Einwohner/-innen dagegen und gründeten den Verein Alburnus Maior als ihre Interessenvertretung. "Es ist ein Kampf zwischen David und Goliath", sagt sie. Sie werden von Umweltgruppen und NGOs aus ganz Rumänien, darunter Greenpeace, aus Westeuropa und dem Nachbarland Ungarn aktiv unterstützt. Im Falle eines Unfalls wäre das Nachbarland ebenso betroffen. Die Ungarn erinnern sich noch an den schweren Giftgasunfall vor 12 Jahren, als ein Bergwerksunfall in Rumänien die Theiß bis nach Ungarn verschmutzte und massenhaftes Fischsterben auslöste.

Es geht um eine Fläche von 2.300 Hektar. Dort lagern unterirdisch 314 Tonnen Gold, 1.500 Tonnen Silber und wertvolle Mineralien mit einem Gesamtwert von 14 Milliarden Euro, die die Begehrlichkeiten der Kanadier weckten. Mittlerweile hat sich die Investorengruppe einen Anteil von 94 Prozent gesichert. Der rumänische Staat besitzt die restlichen sechs Prozent. Die Abbauarbeiten sind auf 15 Jahre angesetzt, wobei der Einsatz von hochgiftigem Zyanid vorgesehen ist. Dabei würden etwa 25 Millionen Tonnen Giftschlamm freigesetzt. Der Protest dagegen ist vielfältig. Es gab Demonstrationen auf dem Land und in den Städten, Besetzungen, Blockaden, Sit-ins vor den Ministerien in Bukarest - teilweise nach dem Vorbild der Occupy-Bewegung in den USA. Dem Wirtschaftsminister wurden über 400.000 Unterschriften gegen das Projekt überreicht. Kanadische Umweltaktivisten hielten eine Kundgebung vor der Börse in Toronto ab. Außerdem wurde ein Boykott gegen Menschen und Firmen organisiert, die mit den Kanadiern zusammenarbeiten, berichtet Alina Banu. Noch steht die Genehmigung für den Abbau aus. Doch sickerte durch, dass es bereits einen Gesetzesentwurf gibt, der den Betreibern Zwangsenteignungen erlaubt. Viele Einwohner wehren sich dagegen, ihre Häuser zu verlassen.

Als Weltkulturerbe anerkennen

Ein Höhepunkt der Aktivitäten ist das seit 2004 jährlich stattfindende Umweltfestival "Fanfest" in Rosia Montana das 2011 über 10.000 Teilnehmer, auch aus dem Ausland, besuchten. Dieses Jahr findet es vom 17.-19. August statt mit vielen Infos und großem Kulturprogramm. Die rumänische Regierung wurde zudem aufgefordert, einen Antrag zu stellen, Rosia Montana in die Weltkulturliste der UNESCO aufzunehmen, berichtet Natalia Toma, Archäologin und Denkmalschützerin. Schließlich handelt es sich um eine kulturhistorische Hinterlassenschaft mit mittelalterlichen und vorindustriellen Zeugnissen alter Bergbautechnologien. Dort befinden sich unter anderem eine alte Bergbausiedlung im klassizistischen Baustil, ein 1733 angelegter Stausee, alte Stollen, die die Römer zum Goldabbau schufen.

Einige Einwohner hegen jedoch Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze. Denn die Betreiberfirma argumentiert, dass viele Arbeitsplätze geschaffen würden. So hat sie Werbekampagnen mit emotional gefärbten Appellen gestartet. Als drittgrößter Werbeeinkäufer in den rumänischen Medien ist sie eine wirtschaftliche Größe mit Einfluß. "Menschen sind kostbarer als Gold", sagt Alina Banu. Als Alternative wird vorgeschlagen, dort ökologischen Tourismus anzukurbeln.

In einer Entschließung des Europäischen Parlaments im Januar 2005 zum damaligen Beitrittsfortschritt Rumäniens zur EU hieß es: "Das Bergbauprojekt von Rosia Montana stellt ein bedeutendes Umweltrisiko für die gesamte Region dar. Auch die Rumänische Akademie spricht sich dagegen aus und nennt es gar ein "Verbrechen". Das Agieren der Regierung ist völlig undurchsichtig.

www.rosiamontana.org
www.simpara.ro

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Quelle:
DER RABE RALF - 22. Jahrgang, Nr. 169 - August/September 2012, s. 21
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2012