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RESSOURCEN/011: Guatemala - Bergbaufirmen sollen höhere Lizenzgebühren zahlen, Ruf nach Umweltpakt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Februar 2012

Guatemala: Bergbaufirmen sollen höhere Lizenzgebühren zahlen - Ruf nach Umweltpakt

von Danilo Valladares

Kinder sind der Umweltverschmutzung durch Bergbau besonders schutzlos ausgesetzt - Bild: © Milagros Salazar/IPS

Kinder sind der Umweltverschmutzung durch Bergbau besonders schutzlos ausgesetzt
Bild: © Milagros Salazar/IPS

Guatemala-Stadt, 17. Februar (IPS) - Die guatemaltekische Regierung hat mit den Bergbauunternehmen ein Abkommen geschlossen, das dem zentralamerikanischen Land künftig höhere Lizenzgebühren verspricht. Doch der Vorstoß ist umstritten. Zum einem sind die Zusatzzahlungen nicht verbindlich, zum anderen gelten sie nicht für alle Bodenschätze. Das Abkommen soll solange in Kraft bleiben, bis eine Gesetzesreform das Parlament passiert hat.

Die Entscheidung des kürzlich vereidigten konservativen Präsidenten, Otto Pérez Molina, am 27. Januar, mit dem Verband der Bergbauindustrie eine 'freiwillige Vereinbarung' über die Erhöhung der Tantiemen zu unterzeichnen, hat zudem eine Grundsatzdebatte über das Für und Wider des Bergbaus ausgelöst.

"Niemand wird zahlen, wenn die Arbeiten in dem Bergwerk beendet sind", sagt Maria del Rosario Velásquez, die in San Rafael Las Flores in der Nähe der Oasis-Mine 100 Kilometer südöstlich von Guatemala-Stadt lebt. Ob der Abbau von Gold und Silber, Zink und Blei durch die kanadische Firma 'Tahoe Resources' Vorteile bringt, bezweifelt sie. Stattdessen befürchtet sie enorme Umweltschäden. "Deshalb sind wir hier gegen das Projekt", sagt sie. "Der Einzige, der etwas davon haben dürfte, ist der Bürgermeister."

Steigen sollen die Lizenzgebühren für den Gold- und Silberbergbau auf fünf respektive drei Prozent. An den Lizenzen für die Nickel-, Blei- und Zinkproduktion will der Staat künftig jeweils drei Prozent verdienen. Bei der ökologisch bedenklichen Förderung von Kalkstein, Marmor und Gestein bleibt es bei Lizenzgebühren in Höhe von jeweils einem Prozent.

Pérez Molina zufolge werden die Lizenzeinnahmen der Regierung aus dem Bergbau nach offiziellen Schätzungen von derzeit 53 Millionen US-Dollar jährlich auf 80 bis 93 Millionen Dollar steigen. Die Firmen können allerdings selbst entscheiden, ob sie die Erhöhung mittragen. Die Vereinbarung wird hinfällig, wenn die Weltmarktpreise unter 975 Dollar pro Feinunze Gold fallen. Zurzeit liegt der Preis bei 1.730 Dollar. Bei Silber müsste der Preis von derzeit 33,7 auf 16 Dollar pro Unze sinken.


Bergbau auf den Prüfstand stellen

Nach Ansicht von Umweltaktivisten, Wissenschaftlern und lokalen Gemeinden sollte die Debatte um den Bergbau über die Frage der Lizenzgebühren hinausgehen. Auch der Schutz natürlicher Ressourcen und der Umwelt sowie die Gemeindeentwicklung müssten in Betracht gezogen werden, verlangen sie. Es gelte erst zu klären, welche Vorteile das Land aus den Bergbauaktivitäten ziehen könne.

Raúl Maas vom landwirtschaftlichen Institut an der Jesuitenuniversität Rafael Landívar fordert einen Abbaustopp für Edelmetalle wie Gold und Silber, weil die Voraussetzungen für eine ökologisch nachhaltige Produktion nicht gegeben sind.

An der Übereinkunft zwischen Regierung und Industrie beanstandet der Experte vor allem, dass sie rechtlich nicht bindend ist. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass das geltende Bergbaugesetz keine Klausel beinhaltet, die die Unternehmen zur Beseitigung der Schäden verpflichtet. "Unser Institut fordert einen nationalen Umweltpakt", so Maas. Denn der Bergbau schade einer anderen wichtigen Ressource: dem Wasser.


Bergbau im Aufwind

Der Bergbausektor erlebt in Guatemala zurzeit einen Boom. Die Einkünfte sind von jährlich neun Millionen Dollar 2004 auf 522 Millionen 2010 hochgeschnellt, wie das Energieministerium mitteilt.

Der Industrieverband GREMICAP prognostiziert, dass die Unternehmen im Zeitraum 2010 bis 2016 rund 2,37 Milliarden Dollar investieren und 280 Millionen Dollar Steuern zahlen werden. Schätzungen zufolge entstehen zudem etwa 16.000 direkte Arbeitsplätze.

Die Umweltaktivistin Magalí Rey fordert, dass die Bevölkerung in einem Referendum über die Fortsetzung des Bergbaus abstimmen soll. Die freiwillige Einigung über die Lizenzgebühren sei eine Farce und verfolge nur das Ziel, das Image der Firmen aufzupolieren.


Ökotourismus als Alternative

Um die heimische Wirtschaft zu stärken, sollte Guatemala Alternativen wie den Ökotourismus fördern, meint Rey. "Wir sind reich an lebendiger Kultur und Biodiversität, zerstören aber diesen Wohlstand."

Natalia Atz von der Gemeindeentwicklungsorganisation 'Ceiba' sorgt sich darum, dass die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht angemessen berücksichtigt werden. "Seit 2005 sind in diesem Land 58 Referenden über den Bergbau abgehalten worden. Jedes Mal stimmte die Mehrheit dagegen, doch die Regierung hat dies ignoriert." Atz weist außerdem darauf hin, dass Lizenzgebühren in Höhe von fünf Prozent die Verseuchung der Wasserressourcen und die Entwaldung kaum kompensieren dürften. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2012