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RESSOURCEN/014: EG-Kraftstoffqualitätsrichtlinie - Berliner Koalition für Teersandöl (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 987 vom 18. Febr. 2012 31. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Berliner Koalition für Teersandöl


Trotz der gewaltigen Umweltschäden durch die Förderung und Verarbeitung der kanadischen Ölsande haben die Berliner Regierungsparteien den Weg für den Import der Teeröle aus Kanada nach Europa nicht blockiert. Anfang Februar 2012 hatte der Bundestags-Umweltausschuss über die deutsche Positionierung zum Entwurf der EG-Kraftstoffqualitätsrichtlinie beraten. Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Ölindustrie in der EU bis zum Jahr 2020 sechs Prozent ihrer Treibhausgasemissionen einsparen muss. Dies liefe auf einen Quasi-Import-Stopp für kanadische Teersandöle hinaus. Denn nach Studien von Greenpeace und WWF werden bei der Förderung und Aufbereitung der Teersande bis zu drei Mal mehr Treibhausgase freigesetzt wie bei "normalem" Erdöl. Um das Sechs-Prozent-Reduktionsziel zu erreichen, wäre die Ölbranche in der EU schlecht beraten, wenn sie ausgerechnet mit dem weltweit "dreckigsten" Öl ihre Treibhausgasbilanz vermasseln würde. Der kanadische Botschafter bei der EU lobbyiert deshalb seit zwei Jahren, um die EG-Kraftstoffqualitätsrichtlinie zu Fall zu bringen. Dabei geht es der kanadischen Botschaft um das Prinzip. Denn faktisch werden bislang gar keine Teersandöle aus Kanada in die EU verschifft. Der Kyoto-Aussteiger will aber auf jeden Fall verhindern, dass via Kraftstoffqualitätsrichtlinie eine Handelsbarriere aufgebaut wird. Weil für Kanada eine Einschränkung des freien Welthandels nicht in Frage kommt, hat die kanadische Botschaft in Berlin auch Seelenmassage bei den Bundestagsabgeordneten betrieben. Das für die neokonservative Regierung in Ottawa äußerst Image schädigende Sechs-Prozent-Reduktionsziel soll von Deutschland keine Zustimmung erfahren. Tatsächlich hat der Umweltausschuss mit der Stimmenmehrheit von CDU/CSU und FDP dem kanadischen Wunsch entsprochen.

Schwarz-Gelb hatte am 8. Februar 2012 einen Antrag der GRÜNEN abgelehnt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, das Sechs-Prozent-Reduktionsziel in dem Richtlinienvorschlag zu unterstützen. Am Schluss der Abstimmungsprozedur im Ausschuss hatte den GRÜNEN nur eine Stimme gefehlt, um den Antrag durchzubringen. "Pikanterie am Rande: Zum Zeitpunkt der Abstimmung war ausgerechnet eine grüne Abgeordnete nicht im Saal", berichtete am 09.02.12 die SZ unter der Überschrift "Eins zu null für Kanada". Bereits zuvor war das Lobbying der kanadischen Botschaft in Berlin sehr erfolgreich verlaufen. In einer nach Meinung des WWF "beispiellosen Hängepartie" hatte die Bundesregierung die Entscheidung über die deutsche Positionierung zum Richtlinienentwurf immer wieder hinausgezögert. Die Spitzen von Umwelt- und Wirtschaftsministerium haben sich öffentlich bis Febr. 2012 immer noch nicht positioniert. In der EU sollen sich nach Einschätzung des WWF vor allem Großbritannien und die Niederlande gegen die Einführung eines CO2-Zuschlages für Teersandöle stemmen.


EU: Malus für Öl aus Teersand

Nach monatelangem Hickhack hatte sich die EU-Kommission Anfang Okt. 2011 entschlossen, trotz der Interventionen der kanadischen Regierung Öle aus Teersanden mit einem Malus zu belegen. Der Treibhausgaswert für Teersand-Öle wurde auf 107 Gramm CO2-Äquivalente pro Megajoule Energieinhalt. Für "normales" Erdöl soll ein Wert von 87,5 g/MJ vereinbart werden. Zugleich wurden THG-Werte für verschiedene Öle anderer Herkunft definiert. Die Liste war im Okt. 2012 von der EU-Kommission zur Stellungnahme an die Mitgliedsstaaten verschickt worden. Für Öle aus kanadischen Teersanden wird seitens der Kommission angenommen, dass sie 23 Prozent THG-trächtiger sind als die üblichen Erdölsorten. Aber nicht nur Öle aus Teersanden sind auf dem Radarschirm der Kommission: Für Öle, die aus der Konversion von Kohle gewonnen werden, wurden 172 g/MJ vereinbart. Für Öle, die aus Erdgas produziert werden, soll ein Wert von 97 g/MJ gelten und für Öle, die aus Abfallplastik stammen, ein Wert von 86 g/MJ. Die EU-Mitgliedsstaaten können derzeit noch Stellung zu diesen Werten nehmen. Die kanadischen Ölproduzenten hatten im Okt. 2011 erwartungsgemäß gegen die EU-Tabelle gewütet und sich über die Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs beschwert.

Mehr Infos seitens der Kommission zum Entwurf der EG-Treibstoffqualitätsrichtlinie unter http://ec.europa.eu/clima/policies/transport/fuel/index_en.htm

[Wir haben vor zwei Jahren die EU-Kommission und einige maßgebliche EU-Parlamentarier aufgefordert, dem Druck der kanadischen Regierung nicht nachzugeben und damals seitens der Kommission leider nur eine wachsweiche Antwort bekommen. Nach der jetzt erfolgten Malus-Regelung für Teersandöle sollten auch unsere LeserInnen die Kommission aufmuntern, den Pressionen der kanadischen Teeröl-Lobby nicht nachzugeben.]


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 987
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2012