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WALD/057: Japan - Holz aus den eigenen Wäldern, nachhaltige Forstwirtschaft soll Importe drosseln (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Oktober 2011

Japan: Holz aus den eigenen Wäldern - Nachhaltige Forstwirtschaft soll Importe drosseln

Von Suvendrini Kakuchi


Tokio, 26. Oktober (IPS) - Nach dem verheerenden Tsunami in der Region Tohoku im vergangenen März sind Japans Holzimporte rasant gestiegen. Das Holz wurde für den Bau provisorischer Unterkünfte für die vielen Menschen benötigt, die das Seebeben obdachlos machte. Nach Ansicht von Umweltschützern sollte das waldreiche Land seinen Holzbedarf aus eigenen Beständen decken.

Vor zwei Jahrzehnten war Japan weltgrößter Importeur von Hölzern und verwandten Produkten. Doch Ende der 1990er Jahre sank die Nachfrage nach Bauholz im Zuge der Rezession zurück. Inzwischen rangiert Japan auf der Liste der internationalen Holzimporteure nur noch auf dem fünften Platz. Allerdings stammen 70 Prozent der in Japan verwendeten Bauhölzer aus Überseeimporten, wie Koji Hattori, ein Beamter im Ministerium für Landwirtschaft und Waldbewirtschaftung erläutert.


Erhöhte Nachfrage

Regierungsberichten zufolge ist die Nachfrage nach Bauholz - vor allem aus Malaysia und Indonesien - gleich nach der Zerstörung der Küstendörfer und -städte durch den Tsunami vom 11. März um zwei Drittel gegenüber dem Vormonat Februar auf über 420.000 Kubikmeter Holz gestiegen. Da es bei den Lieferungen jedoch zu Verzögerungen kam, erhöhte sich auch die Nachfrage nach japanischem Holz. Die Folge war ein Überangebot an Bauholz, das die Kubikmeterpreise auf einen US-Dollar nach unten drückte.

Naoto Ando, Waldexperte an der Universität von Tokio, erinnert daran, dass japanische Holzexporte Anfang der 1980er Jahre zu Holzengpässen in der Region und damit zu einem steilen Anstieg der Nachfrage geführt hatten. Doch seit sich Australien, China und USA als neue Holzlieferländer positioniert hätten, seien die Preise gefallen.

Der internationale Wettbewerb zwang auch die japanischen Holzproduzenten dazu, ihre Preise zu senken. "Die lokale Holzindustrie ist somit nicht mehr lukrativ und in der Lage, die lokalen Arbeitskräfte aufzunehmen", sagte Ando.

Für Umweltschützer ist die Zunahme der Bauholzimporte vor allem ein Zeichen für die gravierende Fehlentwicklung der staatlichen Waldpolitik. "Die japanischen Wälder sind nicht nur groß genug, um Japan mit ausreichend Holz zu versorgen. Mit dem richtigen Management könnte Japan sogar zu einem wichtigen Holzexportland aufsteigen", meint Ando.


Nachhaltige Projekte auf kommunaler Basis

Lokale Naturschützer schwören auf das 'Furusato'-Konzept, das auf eine nachhaltige kommunale Bewirtschaftung der heimischen Wälder abzielt und einen Rückgang der Holzimporte möglichen machen soll.

Auf einer Konferenz zur Rettung der Artenvielfalt und nachhaltigen Entwicklung der Organisation für den industriellen, spirituellen und kulturellen Fortschritt (OISCA), haben Teilnehmer Furusato als einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Ziele des Erdgipfels von 1992 in Rio de Janeiro gewürdigt.

Das der Ansatz funktioniert, zeigten Furusato-Befürworter am Beispiel Tabayama auf, einem kleinen, von Zedern- und Pinienwäldern umgebenen Gebirgsdorf im Westen Tokios. Japans rasantes Wirtschaftswachstum nach dem zweiten Weltkrieg hatte die Einfuhr von Billigholz aus Südostasien begünstigt, die der heimischen Produktion jedoch einen schweren Schlag versetzte.

Traditionelle Holzfäller verloren damals ihre Lebensgrundlage und sahen sich gezwungen, ihre Dörfer zu verlassen. Nur 700 Menschen blieben in der waldreichen Ortschaft zurück, wie der Bürgermeister der Ortschaft, Masayuki Okabe, erinnerte. "Unser wirtschaftliches Überleben hing damals sehr stark von staatlichen Fördermitteln ab", berichtete er.

Doch in den letzten Jahren haben kleine Projekte das Leben in Tabayama zum Besseren gewendet. So werden bei der Holzproduktion nicht nur strikte Nachhaltigkeitskriterien eingehalten. Auch ist das Gebiet zu einem Magnet für Ökotouristen geworden, und das Dorf profitiert gleich in zweifacher Hinsicht.


Essstäbchen made in Japan

Das Netzwerk 'Juon' bemüht sich ebenfalls um die Durchführung nachhaltiger Projekte, indem es beispielsweise die Herstellung von Essstäbchen aus japanischen Hölzern vorantreibt. Derzeit wird der japanische Bedarf nach Essstäbchen nur zu einem Fünftel aus heimischer Produktion gedeckt. Noch füllt China die Lücke. doch die Volksrepublik denkt über eine Einstellung der Lieferung nach, um die eigenen Wälder zu schützen.

Wie der Juon-Gründer Takayuki Kasumi berichtet, stellt seine Organisation pro Jahr bereits zehn Millionen Essstäbchen her. Das Holz kommt von kleinen, kommunalen Forstunternehmen, Kooperativen und Holzfabriken, denen der Fortbestand der japanischen Wälder am Herzen liegt.

"Auch wenn unsere Essstäbchen fast dreimal teurer sind, die Menschen greifen zu", berichtet Kasumi, der das Netzwerk unmittelbar nach dem Erdbeben gegründet hatte, als einige Unternehmen mit dem Bau umweltfreundlicher Unterkünfte aus japanischem Holz begann. "Wir brauchen keine ausländischen Importe, sondern müssen nur unsere Haltung ändern", meint Kasumi. "Auch die Region Tohuku muss den Weg der ökologischen Nachhaltigkeit beschreiten." Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2011