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WASSER/001: Pakistan. Trinkwasser mit Sonnenkraft - Ein sterbendes Dorf wird Vorzeigeprojekt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Juli 2010

PAKISTAN: Trinkwasser mit Sonnenkraft - Ein sterbendes Dorf wird zum Vorzeigeprojekt

Von Zofeen Ebrahim


Karachi, Pakistan, 7. Juli (IPS) - Der Indus ist der längste Fluss des indischen Subkontinents. Sein Wasser versorgt im Landesinneren das größte landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet der Erde durch zahlreiche Staudämme und Kanäle. Sein Delta hingegen ist durch die intensive Nutzung im Binnenland immer weiter geschrumpft. Wo früher Süßwasser floss, dringt jetzt ungenießbares Meerwasser ein. Mit moderner Technologie wird es jetzt trinkbar gemacht.

Ismail Achar hätte sich nie träumen lassen, dass sein Inseldorf einmal ein ausgedörrter Streifen Land ohne einen Tropfen Trinkwasser sein würde. Schließlich liegt Jat Mohammad im Indusdelta in der Provinz Sindh. "Wir starben hier seit den 1990er Jahren einen schleichenden Tod", sagt der 52-Jährige. Bis vor einem Vierteljahr, sagt sein Nachbar Karmi Qasim, musste er jeden Tag mit dem Boot nach Kharo Chaan fahren, dem nächsten Ort mit Trinkwasser.

Zehn Liter Wasser brachte er heim für seine Familie, den Liter zu 30 bis 40 Rupien, umgerechnet 35 bis 47 US-Cent. Das Boot musste er leihen, noch einmal 1.000 Rupien (zwölf Dollar), die er sich mit neun anderen Männern teilte.

"Bis in die späten 80er Jahre floss der Indus an unserem Dorf vorbei", erinnert sich Achar. Das Delta war damals rund 600.000 Hektar groß, heute umfasst es gerade einmal zehn Prozent, unter anderem weil so viel vom Wasser des Flusses am Mittellauf abgezweigt wird. Jetzt ist Jat Mohammad von Salzwasser umspült, die Menschen dort gehören zu den Ärmsten der Armen auf dem Subkontinent.


Salz tötet Pflanzen, Tiere und Menschen

Der hohe Salzgehalt lässt kaum Landwirtschaft zu, Trinkwasser ist knapp und die Artenvielfalt der Region hat auch gelitten, sagen Experten. "Das Meerwasser hat hektarweise beste Anbauflächen vernichtet, Flora und Fauna ausgerottet, seit Anfang der 90er schätzungsweise ein bis zwei Millionen Menschen gesundheitlich geschädigt und aus ihren angestammten Gebieten am Arabischen Meer vertrieben", sagt Nasir Ali Panhwar, der das 'Indus for All Programme' leitet. Das Programm ist eine auf 50 Jahre angelegte gemeinsame Initiative der Umweltgruppe WWF und der Provinzregierung von Sindh, mit der die Armut und die Zerstörung natürlicher Ressourcen in der Region bekämpft werden soll.

Seit März hat Achars and Qasims Dorf wieder etwas Hoffnung: Zusammen mit einer lokalen Nichtregierungsorganisation baute der WWF dort im Rahmen des Programms eine Wasserentsalzungsanlage. Mit Solarenergie betrieben, kann sie jeden Tag bis zu 180 Liter Frischwasser liefern.

Das Salzwasser wird in Kessel gepumpt, wo es mit Hilfe der Solarenergie erhitzt wird und verdampft. Der Wasserdampf kondensiert an der innen mit Glas beschichteten Kesselwand und das Wasser läuft durch ein Röhrensystem und dann in Sammelgefäße - alles sauber und umweltfreundlich.


Hoffnung - aber wenig Geld

Die Anlagen kosten knapp 6.000 Dollar und sollen 20 Jahre halten, so die Entwickler. Jat Mohammads Zukunft könnte also gesichert sein. Ohne die Wasseraufbereitungsanlage hätten die Bewohner wie ihre Nachbarn aus den umliegenden Dörfern wegziehen müssen.

Hoffnung besteht nun auch für hunderte andere Siedlungen im Delta, die inzwischen im Salzwasser stehen. Das Meer hat sich an einigen Stellen schon über 50 Kilometer ins Landesinnere vorgearbeitet.

Jetzt braucht Jat Mohammad mehr Geld. Die 180 Liter aus einer Anlage reichen auf Dauer nicht, mindestens drei weitere Anlagen müssen gebaut werden. Die Dorfbewohner versuchen, das Geld aus eigenen Mitteln aufzubringen, aber das kann Jahre dauern.

Vielleicht kommt Hilfe von der pakistanischen Regierung. Das Wissenschaftsministerium in Islamabad und verschiedene lokale Behörden wollen die Solaranlagen in weiteren Dörfern einsetzen. Mehrere Organisationen haben Jat Mohammad ebenfalls schon besucht, um zu entscheiden, ob die umweltfreundliche Entsalzungsanlagen die Rettung für vertrocknende Siedlungen im ganzen Land sein könnte. (Ende/IPS/sv/2010)


Links:
http://www.iucn.org/
http://www.wwfpak.org/pakistan_ifap.php
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=51970

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juli 2010