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WASSER/150: High-Tech-Luxusklos für wenige - jeder Dritte ohne Toilette (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. August 2013

Entwicklung: High-Tech-Luxusklos für wenige - Jeder Dritte ohne Toilette

von Thalif Deen


Bild: © Lova Rabary-Rakontondravony/IPS

Latrine in einem Elendsviertel der Hauptstadt Madagaskars
Bild: © Lova Rabary-Rakontondravony/IPS

New York, 23. August (IPS) - Mehr als 2,5 Milliarden Menschen auf der Welt sind nach Angaben der Vereinten Nationen sanitär unterversorgt. Am anderen Ende der Skala stehen Länder wie Japan und Südkorea, die ihren Bürgern Zugang zu automatisierten High-Tech-Toiletten mit Musikbeschallung bieten.

Allerdings treiben auf diesen stillen Örtchen auch Computerfreaks ihr Unwesen. Das 'Wall Street Journal' zitierte einen 27-jährigen Hacker aus den USA, der auf einer Konferenz in Las Vegas im Juli berichtet hatte, wie er Tausende Kilometer entfernt auf automatisierte Klos der japanischen Firma 'Lixil' zugreifen konnte. Vom seinem Rechner aus betätigte er nicht nur die Spülung, sondern spielte auch Musik ab.

"Auf der Welt ist nichts mehr heilig, nicht einmal die Intimsphäre einer Toilette", kommentierte ein Diplomat aus einem Entwicklungsland. Nach Angaben des Herstellers werden die Luxus-Toiletten durch Sensoren kontrolliert, die auf die Bewegung des Nutzers reagieren. Auf diese Weise öffnet sich der Toilettendeckel, Musik setzt ein, die Spülung setzt ein und der Deckel schließt sich wieder. "Über die Fernsteuerung wird Ihre Lieblingsmusik abgespielt und die Schüssel ist im Dunkeln schwach beleuchtet", heißt es in der Werbung für das Luxus-Örtchen.

Die Hygiene-Expertin Clarissa Brocklehurst kommentierte den Hackereinsatz ironisch: "Es ist großartig, dass gerade Computergenies die Öffentlichkeit auf Toiletten aufmerksam machen." Sie verwies auf das Fehlen sanitärer Einrichtungen. "Die Bedürfnisse sind riesig, dafür brauchen wir die Innovationen der Informationstechnologie", erklärte die ehemalige Leiterin der Abteilung Wasser, Sanitäres und Hygiene des Weltkinderhilfswerks UNICEF.


Welttoilettentag

Denn viele Menschen auf der Welt können bisher auch von einfachen Toiletten westlichen Standards nur träumen. Der stellvertretende UN-Generalsekretär Jan Eliasson dankte im Juli den Mitgliedsstaaten der Weltorganisation dafür, dass sie per Resolution den 19. November zum Welttoilettentag bestimmt haben. Laut Eliasson hatte insbesondere Singapur dieses Anliegen unterstützt. Dieser jährliche Aktionstag soll nun das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit für den Toiletten-Notstand schärfen.

Obgleich Fortschritte auf dem Weg zu den Millenniumsentwicklungszielen der Vereinten Nationen erreicht worden seien, habe noch immer jeder dritte Erdenbewohner nicht einmal eine einfache Toilette, sagte Eliasson. Fast 2.000 Kinder sterben demnach täglich an vermeidbaren Durchfallerkrankungen. Schlechte Sanitäranlagen und eine ungenügende Wasserversorgung führen in Entwicklungsländern zu wirtschaftlichen Verlusten von jährlich schätzungsweise 260 Milliarden US-Dollar.

Die Menschenwürde erfordere angemessene Sanitäranlagen, sagte der UN-Vizegeneralsekretär. "Es ist inakzeptabel, dass Frauen riskieren, Opfer von Vergewaltigung und Missbrauch zu werden, nur um etwas zu tun, was wir alle für selbstverständlich halten." Ebenso wenig sei hinzunehmen, dass viele Mädchen wegen des Fehlens von Toiletten nicht zur Schule gehen könnten. Eliasson forderte die Staatengemeinschaft auf, allen Menschen das Grundrecht auf Toiletten zu garantieren.

Wie Margaret Batty von der britischen Hilfsorganisation 'Water Aid' betonte, tragen die Ärmsten auf der Welt am schwersten an den Folgen der sanitären Unterversorgung und liefen Gefahr, noch stärker ins Hintertreffen zu geraten. Etwa 700.000 Kinder unter fünf Jahren müssten jedes Jahr sterben, weil Wasser und Sanitäranlagen fehlten. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.unicef.org
http://www.wateraid.org/uk
http://www.ipsnews.net/2013/08/musical-toilets-for-a-few-while-2-5-billion-lack-basics/

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IPS-Tagesdienst vom 23. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2013