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MELDUNG/186: Der Kühlgrenztemperatur-Effekt ist da ... viel zu früh (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

Der Kühlgrenztemperatur-Effekt ist da ... viel zu früh

Von Robert Hunziker, 4. Juni 2020


Der menschliche Körper hat Grenzen. Wenn Temperatur und Feuchtigkeit hoch genug sind, wird selbst ein gesunder Mensch, der im Schatten sitzt und reichlich Wasser zu trinken hat, schwer leiden oder sehr wahrscheinlich sterben. Es ist der Kühlgrenztemperatur-Effekt [1] (Wet-Bulb Temperature Effect).

Es gibt eine Obergrenze für die Fähigkeit des Menschen, sich an übermäßige globale Hitze anzupassen, wenn sie mit übermäßiger Luftfeuchtigkeit kombiniert ist. Diese Grenze wird als Kühlgrenztemperatur bezeichnet. Eine Schwelle wird erreicht, wenn die Lufttemperatur über 35° Celsius steigt und die Luftfeuchtigkeit über 90% liegt. Höhere Temperaturen erfordern weniger Luftfeuchtigkeit, so dass, wenn die Lufttemperatur auf 38° Celsius steht, die Wet-Bulb-Überlebensschwelle bereits bei 85% Luftfeuchtigkeit erreicht wird. Menschen werden über diese Schwelle hinaus nicht überleben. Dabei zeigt neue Forschung, dass diese Schwelle auf der ganzen Welt viel früher erreicht wird, als bisher vorhergesagt wurde.

Frühere Klimamodelle sagten voraus, dass Kühlgrenztemperatur-Schwellenwerte Ende dieses Jahrhunderts weitverbreitet sein würden. Leider wartet die globale Erwärmung jedoch nicht auf das letzte Quartal dieses Jahrhunderts. Die Wet-Bulb-Gefahr ist dem Zeitplan bereits weit voraus (Quelle: Colin Raymond, et al, The Emergence of Heat and Humidity Too Severe for Human Tolerance, Science Advances, Vol. 6, nein. 19. Mai, 8. Mai 2020).

Des Weiteren hat die Gesellschaft bereits frühe Warnungen vor den schrecklichen Folgen der "Wet-Bulb Temperature" erlebt, welche vor mehr als einem Jahrzehnt auftrat: Tausende von Menschen starben in Europa (2003 mit 70.000 Toten -Quelle: Nature, 17. Mai 2010) und in Russland (2010 mit 10.860 Toten -Quelle: Epidemiologie, 25. Mai 2014), als die WBT bei über 28°C Zehntausenden von Menschen das Leben kostete. Leider kamen 80.860 Europäer und Russen durch zu viel Hitze und zu viel Feuchtigkeit ums Leben. Ein tödlicher Mix, der durch die globale Hitze entstanden ist und durch die übermäßigen Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen in der Atmosphäre verursacht wurde.

Inzwischen hat die bereits erwähnte Raymond-Studie die Prognose vom späten 21. Jahrhundert in die Gegenwart korrigiert. Schlechte Nachrichten und ein sicheres Indiz für die außer Kontrolle geratene Konzentrationen an atmosphärischem CO2. Es ist unumstritten, dass die Menschheit den Kühlgrenztemperatur-Effekt beschleunigt.

Das größte Risiko besteht natürlich darin, dass extreme Hitzewellen, die zuvor alle 25 Jahre einmal aufgetreten sind, nun zu jährlichen Ereignissen werden, mit Temperaturen nahe oder oberhalb der Wet-Bulb-Schwelle, die für mehrere Wochen im Jahr anhalten. Dies wiederum wird zu Massenhungersnöten und -migration führen.

Die Raymond-Studie fand heraus, dass weit über menschlich verträgliche Feuchtigkeits-Wärme-Bedingungen über einen Zeitraum von ein bis zwei Stunden vermehrt in Südasien, an der Nahost-Küste und an der Südküste von Nordamerika vorkommen. Besonders besorgniserregend in der Studie ist folgende Beobachtung: "Steile und statistisch signifikante Aufwärtstrends in der extremen TW-Frequenz (Überschreitungen von 27°, 29°, 31° und 33°C) und Größe machen sich weltweit bei Wetterstationen bemerkbar."

Zum Beispiel lagen Wet-Bulb-Temperaturen, die über und in der Nähe des Persischen Golfs gemessen wurden, bei oder über dem Wert, den Menschen überleben können, wenn sie den Temperaturen auch nur für wenige Stunden ausgesetzt sind. Darüber hinaus fand die Raymond-Studie in Bezug auf den Nahen Osten zuverlässige Beweise dafür, dass solche Messungen in Pakistan, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bereits stattgefunden haben.

So identifiziert die Studie nicht nur aktuelle Wet-Bulb Probleme in Südasien, der Nahost-Küste, und entlang der südlichen Küste Nordamerikas, sondern der globale Trend ist "steil und signifikant." Dies ist ein Grund zur Besorgnis, der auf einen starken negativen Klimawandel/globale Hitze hindeutet, die den gesamten Planeten bedroht. Wie in der Studie festgestellt, ist der globale Trend "steil und deutlich aufwärts." Das sind schlechte Nachrichten, Punkt.

Darüber hinaus berichtet die Raymond-Studie: "(1) Unsere Ergebnisse unterstreichen damit die ernste Herausforderung der feuchten Hitze, die intensiver und immer schlimmer wird, als bisher berichtet ... (2) Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass gemeldete Vorkommen von extremer TW an Wetterstationen und in Reanalyse-Daten in den letzten vier Jahrzehnten rapide zugenommen haben und dass Teile der Subtropen sehr nahe an der 35°C Überlebensgrenze liegen, die wahrscheinlich bereits über Meer und Land erreicht wurde. ... (3) Unsere Untersuchung der Klimadadaten aus Wetterstationen enthüllt eine Vielzahl globaler TW-Überschreitungen von 31° und 33°C und zwei Stationen haben bereits mehrere tägliche TW-Höchstwerte über 35°C gemeldet. Diese Zustände, die sich der anhaltenden menschlichen physiologischen Toleranz nähern oder darüber hinausgehen, sind in Südasien, an der Nahost-Küste und der südlichen Küste Nordamerikas konzentriert ..."

Um den Ausbruch globaler tödlicher Wet-Bulb-Temperaturen einzudämmen, müssen die CO2-Emissionen laut Wissenschaftlern so schnell wie möglich drastisch reduziert werden.

Dennoch nehmen die CO2-Emissionen zu, angesichts des Klimaabkommens von Paris 2015, das eine Reduktion von den Nationen der Welt fordert. Die Fakten zeigen eindeutig, dass die Eindämmung nicht funktioniert.

Als Beispiel: Mauna Loa Observatorium, Hawaii, CO2-Werte: 7. Mai 2020 416,41 versus 414,24 7. Mai 2019 versus 369,55 im J. 2000. Die CO2-Werte befinden sich auf einem unerbittlichen Pfad, auf und ab, von Jahr zu Jahr höher, nie niedriger und bedrohlich beschleunigend, z. B. haben die jährlichen CO2-Werte in diesem Jahrhundert um 60% von 1,50 ppm im J. 2000 auf derzeit 2,40 ppm zugenommen.

Globale Hitze spielt direkt in die Hände des Kühlgrenztemperatur-Effekts. Mit der Zeit wird der neue Trend die Nutzung großer Flächen, die derzeit für Lebensraum und Landwirtschaft genutzt werden, stark einschränken und sogar unmöglich machen.

Ähnlich wie die Kipppunkte im Klimasystem, die sehr viel näher sind als Wissenschaftler vorhergesagt haben und zahlreiche, die bereits ausgelöst wurden, wie der auftauende Permafrost in Sibirien, ist der plötzliche Vormarsch von Wet-Bulb-Temperaturschwellen eine weitere maßgebliche Warnung an die Welt, dass etwas schrecklich falsch ist.

Postskriptum: "Bisherige Studien prognostizierten, dass dies in einigen Jahrzehnten geschehen würde, aber dies zeigt, dass es gerade jetzt geschieht." (Colin Raymond, leitender Wissenschaftler WBT-Studie - NASA Jet Propulsion Laboratory)


Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Valerie Schwane Torres aus dem ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt.


Anmerkung:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BChlgrenztemperatur


Link zum englischen Artikel:
https://www.pressenza.com/2020/05/the-wet-bulb-peril-has-arrived-way-too-early/

Der Schattenblick dankt Robert Hunziker für die Nachdruckgenehmigung.

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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Reto Thumiger
E-Mail: redaktion.berlin@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2020

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