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ENERGIE/123: Schattenseite der erneuerbaren Energien - Maisanbau in Brandenburg (naturmagazin)


naturmagazin
Berlin - Brandenburg
Ausgabe 3/2014

Schattenseite der erneuerbaren Energien
Maisanbau in Brandenburg

von PD Dr. Werner Kratz



Nachwachsende Rohstoffe sind neben Wind- und Solarenergie elementare Bestandteile der Energiewende. Doch vor allem die immer größer werdenden Maisäcker haben erhebliche Gefahren für Natur und Landschaft im Gepäck. Das weiß auch Deutschlands oberste Naturschützerin Frau Prof. Beate Jessel, die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz (BfN). Im März 2014 forderte sie die Eindämmung der Mais-Einöden. Der NABU Brandenburg fordert dies bereits seit vielen Jahren, ebenso wie die Verringerung anderer Monokulturen und dafür die Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis. Masterstudenten der Universität Potsdam haben sich nun intensiv mit der Entwicklung des Maisanbaus in Brandenburg von 2007 bis 2013 auseinandergesetzt. Unterstützt wurden sie darin vom Brandenburgischen Landesumweltamt LUGV.


Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll der Anteil regenerativer Energien am deutschen Bruttoenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 mindestens 18 Prozent betragen. Zum Vergleich: 2011 lag ihr Anteil bei 12,5 Prozent. Nachwachsende Rohstoffe werden daher in den kommenden Jahren gefragter sein denn je. Bereits die Novellierung des EEG 2004 und dessen Neufassung 2009 hatten weitere Biogasanlagen entstehen und den Anbau von Energiepflanzen expandieren lassen.


Vorzugsweise Mais

Mais ist ein sehr effizientes Substrat für den Betrieb von Biogasanlagen und wird dort in Deutschland zu rund 75 Prozent verwendet. Gründe dafür sind dessen hohe Methanhektarleistung, aber auch die gute Mechanisierbarkeit und Lagerfähigkeit der Maissilage.

Nach Angaben des Fachverbands Biogas vervierfachte sich die Zahl der Biogasanlagen von 2004 bis 2013 bundesweit auf knapp 8.000. Mit Folgen für den Maisanbau: Allein im Jahr 2011 wuchs dessen Fläche um 9,7 Prozent. Größere Maisanbauflächen beeinflussen jedoch den Humus- und Wasserhaushalt. Durch den anfangs geringen Bedeckungsgrad kommt es zu verstärkter Bodenerosion und damit zu erhöhtem Stoffeintrag in umliegende Gewässer. Zum anderem verhindert Maisanbau oftmals andere Flächenbewirtschaftungen und führt auch damit zum Verlust von Artenvielfalt.

Daneben bereitet dem NABU Brandenburg der sehr hohe Pestizideinsatz - unter anderem Insektizide gegen den Maiszünsler - in den Maiskulturen große Sorgen. Stellvertretend sei das Herbizid Glyphosat mit all seinen Formulierungsmitteln (Handelspräparat u. a. Roundup) genannt, das - ebenso wie seine Abbauprodukte - nicht nur zu Rückständen im menschlichen Körper (Urin etc.) führen, sondern auch tödlich auf viele Vertreter der Frösche, Kröten, Unken etc. wirken kann. Nachzulesen ist dies unter anderem in einer Studie des Umweltbundesamtes (Brühl et al., 2013) an der Universität Landau-Koblenz.

Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Maisanbaufläche in Brandenburg in etwa verdoppelt. Gleichzeitig erhöhte sich die Anzahl der Maisanbauflächen seit 2007 von 9.000 auf 14.000. Im Durchschnitt nehmen diese ca. 15 Hektar, im Einzelfall aber auch bis zu 150 Hektar ein. Im Mittel sind die einzelnen Flächen seit 2007 etwas kleiner geworden. Gleichzeitig ist anhand der Abstände zwischen den Schlägen eine Tendenz zur "Verklumpung" der Flächen untereinander zu beobachten. Dies dürfte auf logistische Aspekte beim Transport der Ernte zur Biogasanlage zurückzuführen sein.


Mehrfachanbau

Als Indikator für die ökologischen Folgen des Maisanbaus haben die Potsdamer Masterstudenten untersucht, wie häufig zwischen 2007 und 2011 auf den einzelnen Schlägen Mais angebaut wurde. Insgesamt wurden in Brandenburg während dieser Zeit 539.000 Hektar zum Maisanbau genutzt. Das entspricht 41 Prozent der 1,3 Millionen Hektar Ackerland des Landes. Die Untersuchungen erbrachten, dass auf 39 Prozent der Gesamtanbaufläche lediglich während eines Jahres Mais angebaut wurde. Auf weiteren 28 Prozent wurden in zwei von sieben Jahren Mais angebaut, auf 16 Prozent der Gesamtfläche in mindestens vier Jahren. Mindestens fünfmal zum Maisanbau genutzt wurden acht Prozent der Flächen. Auf zwei Prozent der Gesamtfläche wurde sieben Jahre lang hintereinander Mais angebaut! Die zahlreichsten aufeinanderfolgenden Maisnutzungen fanden im Jahr 2010 statt. Für die Folgezeit zeigen die Untersuchungsergebnisse eine deutliche Abnahme des überlappenden Maisanbaus.


Clusterung der Maisanbauflächen um Biogasanlagen

Um den Einfluss der Biogasanlagen auf die Intensität des Maisanbaus zu untersuchen, wurde die Bewirtschaftungsfolge einzelner Schläge mit ihrer Entfernung zur nächsten Biogasanlage in Bezug gesetzt. Es zeigte sich, dass die Intensität des Anbaus immer weiter zunimmt, je dichter sich die Fläche an einer Biogasanlage befindet. Weiter als 15 Kilometer von einer Biogasanlage entfernt befinden sich nur weniger als ein Prozent der Maisanbauflächen.


Schlussfolgerungen

In Brandenburg haben sich die Maisanbauflächen während der zurückliegenden zehn Jahre in etwa verdoppelt, auch wenn sich der Trend in den vergangenen zwei Jahren leicht umzukehren scheint. Dass die einzelnen Schläge im Mittel etwas kleiner geworden sind, könnte darauf zurückzuführen sein, dass große Schläge ertragreicher Standorte bereits mit anderen Nutzungen belegt sind und zunehmend kleine Grenzertragsstandorte oder ehemalige Brachflächen mit Mais bewirtschaftet werden. Durch deren zunehmende Vernetzung können sich jedoch Schädlinge wie Maiszünsler oder Maiswurzelbohrer leichter verbreiten.

Neben der zunehmenden Flächenausdehnung stellt vor allem die Intensivierung des Maisanbaus ein Problem für den Stoff- und Wasserhaushalt sowie für die Biodiversität und Ökotoxizität der Pestizide dar. Immerhin wurde während der betrachteten sieben Jahre auf 45.000 Hektar Ackerland fünf bis sieben Mal Mais angebaut. Die leichte Trendwende der letzten Jahre könnte der Anfang einer Kehrtwende in der Biogasbranche oder die Auswirkung kurzfristiger politischer Maßnahmen sein. Eventuell liegt der Grund aber auch in der Errichtung neuer Biogasanlagen in bisher weniger "vermaisten" Regionen. Dann würde es sich eher um einen Verdünnungseffekt handeln. Deutlich zeigte die Studie allerdings den intensivierenden Einfluss von Biogasanlagen auf.


PD Dr. Werner Kratz,
2. Vorsitzender des NABU Brandenburg und Privatdozent an der Freien Universität Berlin, Institut für Biologie


Die komplette Studie im Internet:
http://vgoed.de/download_forum/forum_2014_1_nadf141a.pdf

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Quelle:
naturmagazin, 28. Jahrgang - Nr. 3, August bis Oktober 2014, Seite 16-18
Herausgeber:
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin
Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V., Landesverband Brandenburg
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Redaktion:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2014