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ERNÄHRUNG/107: Folgen des Sojaanbaus in Paraguay, Zusammenhänge zu Niedersachsen (NABU NI)


NABU Landesverband Niedersachsen - Hannover, 25. Juli 2013

"Deutsches Fleisch frisst Paraguays Wald!"

Elias Diaz Peña, Geschäftsführer von Friends of the Earth Paraguay berichtet über die Folgen des Sojaanbaus in Paraguay und Zusammenhänge zu Niedersachsen



Unter dem Titel "Deutsches Fleisch frisst Paraguays Wald!" berichtete der Geschäftsführer von Friends of the Earth Paraguay Elias Diaz Peña auf Einladung des BUND-Landesverbands Niedersachsen am 22.07.2013 im Gemeindesaal der Kreuzkirche in Hannover über die Folgen des Sojaanbaus in Paraguay. Elias Diaz Peña präsentierte eindrücklich, wie der Zuwachs der Anbaufläche für Soja in Paraguay von ca. 1 Mio. ha Ende der 1990er Jahre auf mittlerweile fast 3 Mio. ha die Landschaft dort drastisch verändert hat. Der Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen in Paraguay fielen seit 1945 rund 3/4 der dortigen Waldbestände zum Opfer. Verbunden ist der Sojaanbau - oft gentechnisch veränderte Sorten - zudem mit einem intensiven Einsatz von Agro-Chemikalien, die zum Teil in Europa lange verboten sind. Die Anwendung von Pflanzenschutzgiften, z. B. Glyphosat im Sojaanbau auf Feldern, die die Hütten, Schulen und Kirchen der Menschen in Paraguay direkt umgeben, zwingen die Landbevölkerung zur Aufgabe. Das Gift tötet nicht nur Insekten, sondern zerstört auch ihre Gesundheit und führt zu einem Anstieg von Missbildungen bei Neugeborenen.

Die Agrarindustrie zwingt so die indigene Bevölkerung, die ihrer letzten Rückzugsgebiete zugunsten des Sojaanbaus beraubt worden sind, in die Slums der großen Städte. Mit Glyphosat, werden kurz vor der Ernte allerdings auch viele Kartoffel- und Getreidefelder in Deutschland behandelt. Gemäß einer Studie des BUND sind diese toxischen Stoffe auch bei Städtern, die nie mit der Landwirtschaft in Kontakt waren, im Blut nachweisbar. Die Landbevölkerung in Paraguay profitiert dabei kaum vom Sojaanbau, denn der Großteil der Ernte wird als Futtermittel exportiert. Ein nennenswerter Teil auch nach Niedersachsen, wo er in der Massentierhaltung eingesetzt wird. In Gegenteil leidet die heimische Bevölkerung unter Verlusten eigener landwirtschaftlicher Flächen und Krankheiten, die durch den Einsatz von Giften ausgelöst werden.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Maria Flachsbarth zeigte sich sehr beeindruckt und zugleich betroffen von der Präsentation. Dieses Ausmaß der in wenigen Jahrzehnten nahezu kompletten Vernichtung des Regenwaldes für den Anbau von Export-Soja sowie die gravierenden sozialen Folgen für die vertriebene Bevölkerung hatte sie nicht erwartet. Die Forderung des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Ottmar Ilchmann nach Ernährungssouveränität für alle Länder traf beim Publikum auf breite Zustimmung. Er verwies darauf, dass die Maxime des Deutschen Bauernverbandes "Wachsen oder weichen" die bäuerliche Landwirtschaft zu Gunsten der Großbetriebe zerstört. Die deutschen Bestrebungen, die Welt zu ernähren, endeten mit dem Bankrott der Landwirte, die sich für immer größere Ställe verschulden, denn auch andere Länder vervielfachen ihre Erzeugerkapazitäten.

Da aufgrund höherer Kosten im Konkurrenzkampf der Billigprodukte auf Dauer nicht bestehen können, bleiben unsere Landwirte auf der Strecke, mahnte der Staatssekretär des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Udo Paschedag. Ziel der niedersächsischen Landwirtschaft sollten eher qualitativ hochwertige Lebens sein, die möglichst regional vermarket werden. An der Information und Motivation der Verbraucher, diesen Produkten den Vorzug zu geben, werde das Landwirtschaftsministerium aktiv mitwirken. Die meisten Zuhörer in dem trotz hochsommerlicher Hitze voll besetzten Saal vernahmen erfreut, dass die neue Landesregierung keine Stallneubauten mehr subventionieren wird. Der Staatssekretär rief zur Reduzierung des zu hohen Fleischkonsums in Deutschland auf, da diese Ernährungsweise unseren Globus hoffnungslos überlastet.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Miersch wies darauf hin, dass neben der Verbraucherinformation auch die Rechtsvorschriften weiterzuentwickeln sind, so z. B. die Paragraphen 35 und 201 des Bundesbaugesetzbuchs sowie die Saatgutgesetzgebung. Als Beleg nannte er den langen und letztendlich erfolgreichen Kampf zum Erhalt der Kartoffelsorte "Linda". Das Niedersächsische Landvolk, das trotz Einladung keinen offiziellen Vertreter entsandt hatte, wurde in der Diskussion vom stellvertretenden Vorsitzende des Landvolkkreisverbands Hannover Volker Hahn vertreten. Er forderte die Politiker auf, darauf zu achten, dass die Rahmenbedingungen so ausgestaltet werden, dass die Landwirte wirtschaftlich über die Runden kommen, diese und die nächsten Generationen. Die Bereitschaft der Kunden, höhere Preise zu zahlen, sah er skeptisch.

Einigkeit bestand in der Runde, dass die Verbraucher durch ihr Kaufverhalten stark beeinflussen können, wie ihre Nahrung bei uns erzeugt wird. Letztendlich tragen sie aber auch eine Mitverantwortung für die Landwirtschaftliche in fernen Ländern, z. B. Paraguay, denn dort entstehen derzeit viele Futtermittel für die Tierproduktion - auch in den niedersächsischen Mastställen. Der sehr gut über alle Klippen dieses Themas führende Moderator Rainer Kiefer von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers musste schließlich feststellen, dass es wegen der Vielschichtigkeit dieser Probleme noch viel Informations- und Diskussionsbedarf gibt und auch die Kirchen hier gefordert sind. Frau Dr. Flachsbarth berichtete, dass sich auch der Katholische Deutsche Frauenbund, dessen Präsidentin sie ist, inzwischen mit diesen Themen beschäftigt. Der BUND sicherte Elias Diaz Peña zu, sich zusammen mit den internationalen Partnern von Friends of the Earth für eine Verbesserung der Situation einzusetzen und im eigenen Bundesland an der Umgestaltung der Landwirtschaft so mitzuwirken, dass die Futtermittelimporte drastisch reduziert und auf ökologische Varianten umgestellt werden. An die Zuhörer und Verbraucher appelliert der Verband, ihr Einkaufverhalten auf qualitativ hochwertige und Bioprodukte aus den jeweiligen Regionen in Niedersachsen auszurichten.

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Quelle:
Pressemitteilung, 25.07.2013
Naturschutz aktuell - NABU Pressedienst
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Redaktion: Ulrich Thüre (ViSdP), NABU Pressesprecher
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2013