Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V. - Pressemitteilung, 5. Juli 2023
Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt vor massiven Einschnitten
Dachverband fordert Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten auf, den EU-Gesetzesvorschlag zum Saatgutrecht zurückzuweisen
Bonn, 5. Juli 2023 - Susanne Gura vom Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt kommentiert den heute veröffentlichten EU-Vorschlag:
"Das Ziel der EU-Kommission, die Erhalter*innen der Kulturpflanzenvielfalt von den neuen Saatgutrechtsvorschriften auszunehmen, ist begrüßenswert - allerdings sind so erhebliche Probleme im Vorschlag der EU-Kommission enthalten, dass das Ziel nur als Lippenbekenntnis erscheint. Die Ausnahmen für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt würden nur für Organisationen gelten. Wenn die Sortenvielfalt weiterhin als Kulturerbe der Menschheit von jeder und jedem genutzt und weitergegeben werden soll, müssen die Ausnahmen auch für Einzelpersonen gelten.
Viele Hobbygärtner*innen würden wegen der amtlichen Anmeldepflicht gar nicht erst mit der Samengärtnerei beginnen. Die in erster Linie für die gewerbliche Produktion eingeführte Betreiberanmeldung würde die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt in Hausgärten und Kleinbetrieben erheblich und unnötig einschränken. Sie ist unverhältnismäßig und schreckt ab. Wir fordern die komplette Streichung für Erhalter*innen.
Wenn Landwirte ihr selbst geerntetes Saatgut von Vielfaltssorten nur noch tauschen, nicht verkaufen könnten, wäre ein Neueinstieg nicht mehr möglich und die Vielfaltserhaltung schnell am Ende. Bisher konnte Saatgut von weniger marktgängigen Pflanzenarten frei verkauft werden. Der neue EU-Vorschlag würde der EU-Kommission gestatten, am EU-Parlament vorbei den Saatgutverkauf weiterer, auch seltener Arten mit Vorschriften zu begrenzen. Im Übrigen würde eine derart einschränkende Verordnung den Internationalen Übereinkommen zum Schutz der landwirtschaftlichen Vielfalt ITPGRFA und UNDROP widersprechen.
Für den Erwerbsanbau versäumt der Gesetzesvorschlag, die doppelte Anpassungsfähigkeit von Vielfaltssorten endlich nutzbar zu machen. Sie können sowohl spontan während des Anbaues als auch längerfristig durch lokale Vermehrung auf Herausforderungen der Klimaerwärmung reagieren. Die bisherigen Instrumente der Konzerne, Hybrid- und Gentechnik, flankiert von Agrarchemie, würden weiterhin die Landwirtschaft dominieren.
Deshalb fordert der Dachverband Kulturpflanzen- und
Nutztiervielfalt die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten und
besonders die deutsche Bundesregierung auf, diesen
Gesetzesvorschlag zurückzuweisen."
Link zum Kommissionsentwurf:
https://food.ec.europa.eu/plants/plant-reproductive-material/legislation/future-eu-rules-plant-and-forest-reproductive-material_en
Mehr Info: Kulturpflanzenvielfalt - eine Beschreibung
https://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/kulturpflanzenvielfalt-eine-beschreibung
Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt,
http://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org
PM Saatgutrechtsentwurf 6.7.2023.pdf
https://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/sites/kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/files/DV%20PM%20Saatgutrechtsentwurf%206.7.2023.pdf
Dachverband Press Release EU seed law proposal 6.7.2023.pdf
https://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/sites/kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/files/Dachverband%20Press%20Release%20EU%20seed%20law%20proposal%206.7.2023.pdf
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Quelle:
Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V.
Pressemitteilung, 5. Juli 2023
Burghofstr. 116, 53229 Bonn
https://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 11. Juli 2023
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