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GENTECHNIK/1102: Gesetzesvorschlag Neue Gentechnik - Fatal für Umwelt und Konsument:innen (GLOBAL 2000)


GLOBAL 2000 / Friends of the Earth Austria - Presseaussendung, 05.07.2023

GLOBAL 2000 zum Gesetzesvorschlag Neue Gentechnik: Fatal für Umwelt und Konsument:innen

Umweltminister:innen und EU-Parlament müssen Gesetzesvorschlag Abfuhr erteilen


Brüssel, Wien, am 5. Juli 2023 - Heute hat die Europäische Kommission ihren Gesetzesvorschlag für Neue Gentechnik (NGT) veröffentlicht [1]. Geht es nach der EU-Kommission, soll der Großteil der Pflanzen, bei denen Neue Gentechnik-Methoden wie CRISPR/Cas angewendet wurden, nicht mehr auf Risiken geprüft oder auf Lebensmittelverpackungen gekennzeichnet werden. "Dieser Gesetzesvorschlag opfert die Rechte der Konsument:innen, der Bauern und Bäuer:innen und des Lebensmittelsektors - auf Basis von völlig leeren Nachhaltigkeitsversprechungen der Agrarindustrie. Dieser Vorschlag gefährdet die Umwelt und die biologische Vielfalt, indem er ungeprüfte Neue Gentechnik-Produkte auf unsere Felder und Teller bringen will", kritisiert Brigitte Reisenberger, GLOBAL 2000 Gentechniksprecherin. "Wir appellieren an das EU-Parlament und die Minister:innen für Umwelt- und Konsument:innenschutz, diesen Deregulierungsvorschlag zurückzuweisen. Die politischen Entscheidungsträger:innen müssen den Rechten der Konsument:innen und dem Schutz von Umwelt und Gesundheit den Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen der Agrarindustrie geben! Die Zukunft liegt in einer vielfältigen, agrarökologischen Landwirtschaft und selbstbestimmter Ernährung, die Hand in Hand mit echtem Klima- und Umweltschutz geht", ist Brigitte Reisenberger von der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 überzeugt.

GVO-Kennzeichnung am Endprodukt gestrichen

Dem Gesetzsentwurf entsprechend würde der Großteil aller NGT-Pflanzen in eine neu geschaffene Kategorie (NGT 1) fallen und somit nicht mehr auf Risiken geprüft und nicht am Endprodukt als Gentechnik gekennzeichnet [2] werden.

Nachhaltigkeitsschmäh der EU-Kommission

"Der Ausschluss von NGT-Pflanzen von der Kennzeichnung dient dazu, neue Märkte für bereits große Agrarkonzerne zu öffnen und streicht die Transparenz für Lebensmittelhersteller:innen und Einzelhändler:innen. Die geplanten Einschnitte machen es für Konsument:innen unmöglich, zu wissen, was sie kaufen und eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen", analysiert Brigitte Reisenberger. "Mit diesem Deregulierungsvorstoß für Neue Gentechnik fällt die EU-Kommission auf die Werbeversprechen der großen Saatgutkonzerne hinein. Klimafitte NGT-Pflanzen sind nur Unternehmensversprechen. Es gibt keine Belege dafür, dass NGT-Pflanzen zur Lösung von Umwelt- und Agrarproblemen beitragen werden. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass rechtliche Hürden Konzerne daran hindern, NGT-Saatgut, NGT-Lebensmittel und NGT-Futtermittel in Europa zu vermarkten. Aber: In Ländern, die NGT-Pflanzen weitgehend dereguliert haben, wie Kanada oder die USA, wurden nur eine Handvoll NGT-Saaten einige Jahre lang angebaut, bevor sie gefloppt und wieder vom Markt verschwunden sind", sagt Brigitte Reisenberger. Es gibt weltweit kaum anbau- oder vermarktungsfähiges NGT-Saatgut - auch nicht in Ländern in denen die regulatorischen Hürden niedriger sind oder abgeschafft wurden. Auch dort haben Gentech-Konzerne ihre Versprechen nicht erfüllt - obwohl in diesen Ländern die meisten Gentech-Pflanzen genau so verkauft werden dürfen wie jede andere Pflanze.

Patente bringen Bäuer:innen unter Druck

So gut wie alle NGT-Pflanzen sind patentiert. Die EU-Kommission ignoriert die enge Verstrickung von Patenten und Neuer Gentechnik und spielt damit globalen Saatgutkonzernen in die Hände. Denn: "Der Gesetzesentwurf fördert den Markteintritt von patentiertem Saatgut und damit die Monopolisierung von Saatgut. Wenn diese Deregulierung kommt, dann wird es in der EU zu einer Flut von patentiertem Saatgut [3] kommen, die sowohl gentechnisch verändertes als auch konventionelles Saatgut umfassen wird. Das hat katastrophale Folgen für kleine und mittlere Saatgutzüchter:innen, Bäuer:innen, Lebensmittelhersteller:innen und Verbraucher:innen", so Brigitte Reisenberger von GLOBAL 2000.

"Wenn dieser Gesetzesvorschlag so umgesetzt wird, verlieren wir Europäer:innen Rückverfolgbarkeit, Risikobewertung, das EU-Vorsorgeprinzip und die Kennzeichnungspflicht von Gentechnik in unserem Essen. Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung sind der Schlüssel, um zu wissen, was auf unseren Feldern und Tellern ist! Der Ball liegt nun bei den EU-Minister:innen für Umwelt- und Konsument:innenschutz sowie beim Europäischen Parlament, diesen fatalen Deregulierungsvorstoß zurückzuweisen!"
BRIGITTE REISENBERGER, GLOBAL 2000 GENTECHNIKSPRECHERIN


Links:
[1] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_23_3565
[2] https://www.global2000.at/publikationen/neue-gentechnik-recht-auf-transparenz-gefahr
[3] https://www.global2000.at/presse/gentechnik-deregulierung-bringt-flut-patenten

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Quelle:
Presseaussendung, 05.07.2023
Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000
Neustiftgasse 36, A-70 Wien
Tel: +43/1/812 57 30, Fax: +43/1/812 57 28
E-Mail: office@global2000.at
Internet: www.global2000.at

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 7. Juli 2023

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