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GENTECHNIK/851: Stand der Dinge - Bt-Pflanzen und resistente Schädlinge (epigen)


epigen - Wissenschafts- und Projektbüro - 19.08.2012

Stand der Dinge: Bt-Pflanzen und resistente Schädlinge

von Andreas Bauer-Panskus



Schon seit einigen Jahren gibt es Studien über Schädlinge, die gegen Bt-Pflanzen, bzw. von diesen transgenen Pflanzen gebildete Insektizide, widerstandsfähig werden. Breitere öffentliche Aufmerksamkeit erhält das Thema jedoch erst, seit sich in den USA Hinweise auf die zunehmende Wirkungslosigkeit von Bt-Mais gegen den Maiswurzelbohrer mehren. Der vorliegende Text dokumentiert den derzeitigen Stand von Feldresistenzen gegen Bt-Pflanzen.


USA: Der 1-Milliarde-Dollar-Käfer kehrt zurück

Allein sein Name macht Ackerbauern in vielen Teilen der Welt nervös: der Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera). Der unscheinbare Käfer gilt als eines der größten Probleme im Maisaanbau und verursacht vor allem in den USA so hohe Schäden, dass er auch als 1-Milliarde-Dollar-Käfer bekannt ist. Weil seine Larven vor allem im Wurzelbereich von Pflanzen leben, ist die Bekämpfung mit Insektiziden aufwändig. Die Zulassung von Bt-Mais mit dem speziell gegen diese Käferart wirksamen Toxin Cry3Bb1 im Jahr 2005 wurde daher von US- Landwirten begeistert aufgenommen. Seit dem Jahr 2011 mehren sich jedoch wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass Diabrotica-Populationen im US-Maisgürtel zunehmend unempfindlich gegen Bt-Maislinien wie MON88017 und MON863 werden, die Cry3Bb1 produzieren (Gassmann et al., 2011; EPA, 2011). So wird in einer aktuellen Publikation (Gassmann et al., 2012) berichtet, dass resistente Wurzelbohrerlarven auf Äckern in Iowa im Jahr 2009 rund dreimal mehr Bt-Gift vertrugen als nicht-resistente. Im Jahr 2010 waren es bereits rund 11mal so viel. Maßgeblich für die rasche Resistenzbildung (nach nur drei Anbaujahren) ist wohl die bereits länger bekannte Tatsache, dass die Dosis des in den Pflanzen gebildeten Giftes nicht ausreicht, um eine wirksame Kontrolle des Schadinsekts zu gewährleisten. In Studien überlebten regelmäßig bis zu fünf Prozent der untersuchten Käferlarven: ein Brandbeschleuniger für Resistenzentwicklung. Sollten sich zudem die Laborergebnisse von Oswald et al. (2012) auch im Freiland bestätigen, könnte sich die Problematik nochmals verschärfen. Denn die Forscher der US-Umweltbehörde EPA und des US-Landwirtschaftsministeriums USDA stellten fest, dass resistente Wurzelbohrer, die im Labor mit Mais der Linie MON863 (YieldGard Rootworm) gefüttert worden waren, ihre Eier früher ablegten als nicht-resistente Exemplare und zudem mehr Nachkommen produzierten. Im Freiland könnte dieser Fitnessvorteil zu einer beschleunigten Verbreitung führen.

USA: Regionale Resistenzbildung bei Bt-Baumwolle

Berichte über resistente Schadinsekten gibt es auch aus Bundesstaaten im Südosten der USA, in denen Bt-Baumwolle angebaut wird. Hier wurden bereits vor Jahren Baumwollkapselbohrer (Helicoverpa zea) gefunden, die gegen die Toxine Cry1Ac bzw. Cry2Ab unempfindlich geworden waren (s. Tabashnik et al., 2009). Resistenzen des Roten Baumwollkapselwurms (Pectinophora gossypiella) konnten bislang, auch durch aufwändige Maßnahmen wie der großflächigen Aussetzung steriler Exemplare dieses Schädlings, verhindert werden (Tabashnik et al., 2012).

Australien: Erste Resistenzen gegen "gestapelte" Bt-Gene

Auch in anderen Regionen der Welt, in den Bt-Pflanzen angebaut werden, mehren sich Belege für eine Ausweitung der Resistenzproblematik. Besonders betroffen sind dabei Pflanzen, die das Bt-Gift Cry1Ac bilden. In Australien, wo Bt-Baumwolle (sog. Bollgard-Baumwolle) mit diesem Toxin seit vielen Jahren angebaut wird, werden resistente Populationen von Baumwoll-Kapseleule (Helicoverpa armigera) sowie dem Australischen Baumwollkapselbohrer (Helicoverpa punctigera) zunehmend problematisch. Auch gegen das Bt-Toxin Cry2Ab werden immer mehr dieser Schädlinge resistent (Downes et al., 2010). Zudem gibt es erste Berichte über Schädlingspopulationen, die gleichzeitig gegen beide Bt-Gifte unempfindlich geworden sind (Downes & Mahon, 2012). Demnach wird auch Bt-Baumwolle der zweiten Generation (Bollgard II), die beide Bt-Gifte bildet, zunehmend wirkungslos gegen die beiden Insektenarten. Außerordentlich interessant ist, dass auch der Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle mit einem weiteren Bt-Toxin in Australien möglicherweise keine langfristige Lösung sein könnte. So enthält die von Monsanto beantragte transgene Baumwoll-Linie Genuity Bollgard III neben Cry1Ac und Cry2Ab zusätzlich das neuartige Bt-Toxin Vip3Aa. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch, dass Populationen sowohl des Australischer Baumwollkapselbohrers als auch der Baumwoll-Kapseleule in Australien eine natürliche Resistenz gegen Vip3Aa aufweisen (Mahon et al, 2012).

China: Probleme erst im Entstehen

Resistente Populationen der Baumwoll-Kapseleule gegen Cry1Ac wurden erstmals im Jahr 2009 aus der chinesischen Provinz Qiuxian gemeldet (Xu et al., 2009; Liu et al., 2009). Eine ähnliche Entwicklung konnte mittlerweile auch beim Roten Baumwollkapselwurm (Pectinophora gossypiella) im Tal des Jangtsekiang nachgewiesen werden (Xu et al, 2012; Tabashnik et al., 2012). Im Gegensatz zu anderen Ländern liegen jedoch noch keine Belege vor, dass die gebildeten Resistenzen zu Ernteverlusten führen (Zhang et al., 2011).

Indien: Resistenzen gegen Bollgard-Baumwolle

Resistente Populationen des Roten Baumwollkapselwurms treten mittlerweile auch in Indien auf (Bagla, 2010). Laut einem Artikel in der Wissenschaftszeitschrift Pest Management Science (Dhurua & Gujar, 2011) wird der Schädling im westlichen Bundesstaat Gujarat seit 2008 zunehmend widerstandsfähig gegen die vom US-Konzern Monsanto, bzw. dessen indischer Tochter Mahyco, vermarkteten Bollgard-Baumwolle, die das Bt-Toxin Cry1Ac produziert. Resistente Kapselwürmer vertrugen in Labortests bis zu 44mal mehr Bt-Gift als nicht-resistente Exemplare. Die Entwicklung wird von Monsanto bestätigt (Monsanto, 2010). Die ebenfalls von Mahyco/Monsanto entwickelte Bollgard II-Baumwolle, die zusätzlich Cry2Ab bildet, ist jedoch bislang gegen den in Indien bedeutendsten Baumwollschädling wirksam.

Südafrika: Stengelbohrer resistent gegen MON810

Schon seit dem Jahr 2007 ist bekannt, dass der Stengelbohrer (Busseola fusca) in der im Norden des Landes gelegenen Region Christiana zunehmend resistent gegen den Mais MON810 und dessen Bt-Toxin Cry1Ab wird (Van Rensburg, 2007). Eine aktuellere Studie von Kruger et al. (2011), die in der benachbarten Region Valhaarts durchgeführt wurde, zeigte dort ebenfalls ein sehr hohes Resistenzniveau. Gegen Cry1Ab resistente Stengelbohrer wurden dabei auch in den so genannten Refugien mit konventionellem Mais gefunden, in denen sich eigentlich nicht-resistente Exemplare vermehren sollen. Die Autoren stellen die Frage, ob die Pflanzung von Refugien angesichts der großen Zahl resistenter Stengelbohrer noch sinnvoll sei.

Puerto Rico: Heerwurm und 1507-Mais

Der erste bekannte Fall von Resistenzbildung gegen das in einigen Bt-Maislinien (v.a. 1507-Mais) gebildete Cry1F-Toxin liegt ebenfalls einige Jahre zurück. In Puerto Rico waren bereits nach vier Jahren Anbau große Teil der Population des Heerwurmes (Spodoptera frugiperda) gegen 1507-Mais unempfidlich. Aufgrund des massiven Auftretens resistenter Heerwürmer nahmen die Herstellerfirmen Pioneer und AgroSciences das Produkt daraufhin vom Markt. Laut Storer et al. (2012) ist das Resistenzniveau auch Jahre nach dem Ende des kommerziellen Anbaus von 1507-Mais gleichbleibend hoch. Es konnte allerdings auch keine Ausbreitung unempfindlicher Heerwürmer auf das US-Festland festgestellt werden.

Fazit

Ein zunehmendes weltweites Auftreten von resistenten Schadinsekten scheint auf der Basis der aktuellen Daten evident. Ob die von vielen Autoren und auch von der Industrie vorgeschlagene Lösung gegen die Resistenzbildung, der Anbau von Pflanzen mit immer mehr Bt-Genen, langfristig erfolgreich ist, erscheint indes fraglich. Das aus Australien gemeldete erste Auftreten von Schädlingen mit Kreuzresistenzen gegen zwei Bt-Gene nur wenige Jahre nach Inverkehrbringung zeigt, wie schnell sich Schädlinge anpassen können. Auch aus der konventionellen Landwirtschaft ist bekannt, dass die Chemie der Evolution im besten Fall einen Schritt voraus ist. Wie viele Bt-Gene in eine Pflanze eingebaut werden können, bis die bestehende Praxis an ihre Grenzen stößt, bleibt daher eine offene Frage.


Quellen

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http://www.epi-gen.de/themen/oekologie/btresistenz

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Quelle:
epigen, 19.08.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2012