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INITIATIVE/192: Experten kritisieren geplante Massentierhaltung mit Ziegen (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 18. September 2009

Polle - Südniedersachsen

Massentierhaltung - jetzt nicht auch noch mit Ziegen !


Der Widerstand gegen die Pläne der Firma Petri 7500 Milchziegen auf der Domäne Heidbrink (Landkreis Holzminden) zu halten wächst. Auf einer Veranstaltung des BUND Niedersachsen - Kreisgruppe Holzminden gestern (17.9.2009) in Bevern Forst kritisierten Fachleute verschiedener Herkunft einmütig die Pläne. Experten vom Natur- und Umweltschutz, Ziegenhalter, Tierschutz, bäuerlicher Landwirtschaft und Denkmalschutz warnten vor der Umsetzung und riefen gemeinsam die Firma Petri auf von dem Vorhaben abzulassen. 200 Besucher der Veranstaltung in der Scheune Bevern Forst informierten sich. Vertreter der Firma Petri waren nicht auszumachen. "Die Menschen in Holzminden im Unklaren zu lassen scheint Unternehmenspolitik zu sein" kritisiert Tilman Uhlenhaut, Landwirtschaftsexperte des BUND-Niedersachsen. Agrarindustrielle Tierhaltung bei Legehennen, Mastgeflügel und Schweinen sind bekannt, wenn auch vom BUND längst nicht akzeptiert.

Nach Plänen der Fa. Petri sollen nun auch noch Ziegen zur Milchproduktion ständig im Stall gehalten werden. Und zwar gleich 7.500 Tiere, die bei artgerechter Haltung in der Landwirtschaft bisher nicht in Ställen und solch großen Gruppen gehalten werden. Der BUND konnte bei der Frage nach den Alternativen für die Domäne Heidbrink auf eine Machbarkeitsstudie für einen Erlebnisbauernhof mit Landschaftspflegeaufgaben verweisen, die 2004 auf Initiative des Verbandes erstellt wurde dem Landkreis Holzminden und dem Ort Polle vorliegt. Diese Anregung wurde allerdings nie aufgenommen. Für den Kauf und dem Betrieb der Domäne mit anderen Konzepten hat es auch weitere Interessenten, neben der Firma Petri gegeben.

Als ein Ergebnis der Veranstaltung wurde eine gemeinsame Erklärung von 10 Verbänden unterzeichnet und die neu gegründete Bürger Initiative gegen die Ziegen-Massentierhaltung vorgestellt (s. Anhang). Die nächsten Ziele sind eine breite Informations- und Öffentlichkeitsarbeit über das Projekt, die Klärung rechtliche Fragen des Tier- und Naturschutzes sowie und die Verhinderung der Teillöschung des Landschaftsschutzgebietes Weserbogen, eine Voraussetzung für den möglichen Bau der Ziegenfabrik.


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Wir sagen nein zu einer "Ziegenfabrik" auf dem Heidbrink

Keine Ziegen-Agrarfabrik auf dem Heidbrink

Nach dem umstrittenen Verkauf der Landesdomäne Heidbrink (Ldkr. Holzminden) an die Firma Petri (Petrella-Käse) sind nun erste konkrete Planungen zur angedachten größten Ziegenfabrik Europas bekannt geworden. Danach sollen dort zukünftig in drei Großställen insgesamt über 7.000 Milchziegen gehalten werden. Hinzu kommen nach Schätzung des Landesverbandes Niedersächsischer Ziegenzüchter e.V. jährlich ca. 12.000 Lämmer und eine unbekannte Zahl von Ziegenböcken in einem Quarantäne-/Bockstall. Damit würde erstmals in Deutschland eine industrielle Ziegenhaltung realisiert. Diese würde die Existenz der Betriebe und der Arbeitsplätze zahlreicher bäuerlicher Ziegenhalter gefährden.


Massenhaltung von Ziegen nicht artgerecht

Die geplante Ziegenfabrik soll in industrieller Stallhaltung mit maximal 10 Arbeitsplätzen bewirtschaftet werden. Die Ziegen sollen durch Futterautomaten mit Fertigfutter in Ställen eingepfercht gehalten werden. Grasen oder Freigang erfolgt nicht. Nach der Empfehlung des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen für das Halten von Ziegen vom 6.11.1992 sind u.a. ganzjährige Stallhaltung, längere Anbindungen und fehlende Ausläufe bei länger dauernder Stallhaltung sowie fehlende Klettermöglichkeiten unvereinbar mit artgemäßer Ziegenhaltung. Deutschland hat diese Empfehlung ratifiziert und nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999 sind diese bei fehlenden speziellen Regelungen in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung für eine tierschutzrechtliche Genehmigung heranzuziehen.


Keine industrielle Agrarproduktion im Landschaftsschutzgebiet

Da sich das Planungsgebiet im Landschaftsschutzgebiet "Wesertal" befindet, und das Vorhaben nicht mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist, wurde für das rund acht Hektar große Areal eine Teillöschung des Landschaftsschutzgebietes beantragt. Die beantragte Teillöschung berührt einen der landschaftlich reizvollsten und damit empfindlichsten Teile des Landschaftsschutzgebietes. Der weitgehend unverbaute Weserbogen bei Heidbrink ist vom Fremdenverkehrsort Polle weithin einsehbar. Die vorhandene Gebäudesubstanz auf der Domäne Heidbrink ist zum Teil Jahrhunderte alt und denkmalgeschützt.

In Sichtweite zum geplanten Bauvorhaben der Firma Petri liegen touristische Ziele wie die Burgruine Polle, der Anleger der Tourismusschifffahrt, die Weserfähre sowie der Campingplatz Polle. Unmittelbar am geplanten Betriebsgelände entlang führt der Weserradweg, mit jährlich ca. 150.000 Besuchern einer der am stärksten frequentierten Radwanderwege Deutschlands. Nach Auskunft der landwirtschaftlichen Fachbehörden ist diese Art der Ziegenhaltung nicht als landwirtschaftliche Produktion, sondern als Gewerbe einzustufen. Sie gehört nicht in ein Landschaftsschutzgebiet.


Keine Vergabe öffentlicher Gelder für ein fragwürdiges Projekt

Die Domäne Heidbrink wurde vom Land Niedersachsen an die Fa. Petri verkauft, obwohl ein höheres Angebot eines anderen Interessenten vorgelegen hat. Zum Ausbau des Weserradweges bei Heidbrink wurden im erheblichen Umfang öffentliche Gelder investiert ebenso wie in die Restaurierung des denkmalgeschützten Kuhstalles, für den nun eine Abrissgenehmigung vorliegt.


Gemeimsame Erklärung der Unterzeichner:

Abl - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Biologische Schutzgemeinschaft Lenne-Weser-Leine e. V.
Bioland Niedersachsen/Bremen e.V., Bahnhofstr.15, 27374 Visselhövede
BUND Landesverband Niedersachsen e.V, Goebenstraße 3a, 30161 Hannover
Deutscher Tierschutzbund e.V., Reinhardtstraße 47, 10117 Berlin Interessengemeinschaft Bauernhaus e. V., Am Sande 2, 28865 Lilienthal
Landesverband Niedersächsischer Ziegenzüchter e.V., Mars-la-Tour-Str. 6, 26121 Oldenburg
NABU Landesverband Niedersachsen e.V., Alleestraße 36, 30167 Hannover
Slow Food Deutschland e.V., Wilhelmstrasse 22, 71638 Ludwigsburg
VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz, Marienstraße 7, 10117 Berlin

Kontakt für Rückfragen:
BUND, Landesverband Niedersachsen, Tilman Uhlenhaut, +49 (4131) 245478


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Quelle:
Presseinformation vom 18.09.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
Internet: www.bund-niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2009