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INITIATIVE/196: Eine Milliarde Menschen hungern - Neuausrichtung der Agrarpolitik nötig (BUND BW)


Landesverbände Baden Württemberg von: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.(AbL)
Bioland e. V. / Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e. V.
Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM) / Demeter e. V.
Und: Fresh Hohenheim / Gentechnikfreies Europa e. V. / Fian e. V. / Forum Pro / Schwarzwaldbauern

29. Januar 2010

Weltagrarbericht: Eine Milliarde Menschen hungern

Neuausrichtung der Agrarpolitik in Baden-Württemberg nötig


Stuttgart. In ihrem aktuellen Weltagrarbericht (IAASTD) fordern über 400 WissenschaftlerInnen aus 89 Ländern eine radikale Wende in der Landwirtschaft, um die Hunger- und Klimakatastrophe abzuwenden. Nur eine bäuerliche, vielfältige und regionale Landwirtschaft kann in Zukunft 9 Milliarden Menschen ernähren. Baden-Württemberg muss bei der neuen Ausrichtung der Landwirtschaft eine Vorreiterrolle einnehmen, forderte heute ein breites Bündnis aus baden-württembergischen Landwirtschaft-, Umwelt- und Entwicklungshilfeorganisationen auf einer Pressekonferenz. Landwirtschaftsminister Peter Hauk sollte die Ergebnisse des Weltagrarberichts zur Leitlinie für seine Landwirtschaftspolitik machen statt sie zu ignorieren. "Die Zahl der Hungernden ist auf über eine Milliarde Menschen weltweit angestiegen. Davon leben über 700 Mio. Menschen auf dem Land. Eine wesentliche Ursache für die Not sind industrielle Monokulturen, die Rohstoffe für den Weltmarkt produzieren, statt Lebensmittel für den lokalen Bedarf. Sojaanbau in Brasilien für Tierfabriken in Europa und Agrarsprit aus Palmöl-Plantagen in Asien entziehen den Menschen die Lebensgrundlage, beschleunigen den Klimawandel und die Vernichtung der biologischen Vielfalt. Sie treiben zudem die Lebensmittelpreise in die Höhe", erklärte Benny Härlin von Save our Seeds (SOS). "Hoch subventionierte Agrarexporte aus der EU und aus Nordamerika zerstören die Märkte in den Ländern des Südens", sagte Härlin. Bauern in Kamerun können nicht mehr von ihren Milchkühen leben, weil das Milchpulver aus europäischer Überproduktion ihre Märkte zerstört.

"Wir haben nicht mehr viel Zeit, in der Landwirtschaft die richtigen Weichen zu stellen. Wenn die Politik die Erkenntnisse des Weltagrarberichts genauso totschweigt, wie sie 20 Jahre lang die Warnungen des Weltklimarates ignorierte, wird es zu spät sein für unzählige bedrohte Arten, für eine Ernährung, die dem Klima nicht schadet, und für Millionen von bäuerlichen Existenzen, ihre Gemeinden und ihre Kultur", erklärte der Landesgeschäftsführer von Bioland e.V., Matthias Strobl.

Der Weltagrarbericht zeigt deutlich, dass die Ursachen des Hungers in unserer industriellen, erdölgestützten Landwirtschaft liegen, die Überproduktion und Hunger erzeugt. Die Landesregierung forciert diese Art der Landwirtschaft, wenn sie zum Beispiel nur den Bau von Schweine- und Kuhställen von Betrieben fördert, die ihre Tierzahlen dabei deutlich erhöhen.

Die Landwirtschaft der Zukunft ist eine solargestützte bäuerliche Landwirtschaft, in der sich zum Beispiel Kühe von Gras ernähren und nicht von zum Teil gentechnisch-veränderten Soja-Importen. Sonst geht in Baden-Württemberg das Grünland weiter dramatisch zurück, wird in Brasilien der Regenwald weiter vernichtet und werden in Argentinien weiter die Pampas in grüne Soja-Wüsten verwandelt. Um dies zu verhindern müssen künftig alle EU-Subventionen konsequent an den Zielen des Klimaschutzes, der Artenvielfalt und der Offenhaltung von Kulturlandschaften - wie beispielsweise im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb - gebunden sein. Subventionen von Agrar- Exporten müssen endgültig verboten werden. Nur eine Agrarförderpolitik, die die wertvollen Umweltdienstleistungen der Bauern ordentlich bezahlt, den ländlichen Raum erhält und die Zukunft gesunder Ernährung sichert, lässt sich den Bürgern vermitteln. "Baden-Württemberg mit seiner vielseitigen Landwirtschaft muss hier ein Vorreiter sein", forderte der Agrarexperte des baden-württembergischen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Gottfried May-Stürmer.

Die Verbände kündigten an, sich weiterhin für eine Kehrtwende in der baden-württembergischen Agrarpolitik zu engagieren und seine Ziele und Forderungen bei den anstehenden Verhandlungen für eine gemeinsame EU-Agrarpolitik ab 2014 einzubringen. Zu diesem Zweck wollen sie in einem Bündnis enger zusammenarbeiten.


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Quelle:
Presseinformation, 29. Januar 2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
Landesverband Baden-Württemberg
70178 Stuttgart. Paulinenstraße 47
Tel.: 07 11/62 03 06-0, Fax: 07 11/62 03 06-77
E-Mail: presse.bawue@bund.net
Internet: www.bund.net/bawue


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2010