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WALD/170: Bergwald in Gefahr - Ziel ist Gleichgewicht von Wald und Wild (aid)


aid-PresseInfo Nr. 30 vom 27. Juli 2011

Bergwald in Gefahr

Ziel ist Gleichgewicht von Wald und Wild


(aid) - Die Bergwälder der Hochgebirge sind etwas ganz Besonderes: Sie bieten Schutz gegen Lawinen, bremsen Steinschlag, stabilisieren den Boden in Steilhängen und vermindern so das Risiko von Murgängen. Sie halten mit ihren Wurzeln den Boden fest und verhindern Erosion und verzögern den Abfluss von Niederschlagswasser, was besonders bei den Extremniederschlägen in den Bergen von Bedeutung ist.

Dieser Schutz ist für die Bäume aber mit hohen Risiken verbunden. Die Naturkräfte, denen sie widerstehen müssen, wirken oft so vehement, dass es in der Konsequenz - zumindest auf Teilflächen - zur Zerstörung des Waldes kommen kann. Dann ist es gut, wenn sich der Bergwald schnell und möglichst von selbst wieder regeneriert und verjüngt. Das heißt, junge Bäumchen wachsen in den entstandenen Lücken und übernehmen nach und nach wieder die Schutzfunktion ihrer Vorgänger.

Leider ist das aber in den letzten Jahrzehnten zu einem großen Problem geworden: Die Bergwälder verjüngen sich nicht mehr - zumindest viel zu langsam. Außerdem wachsen nun in vielen Bergwäldern nicht mehr die richtigen und wichtigen Baumarten. Das liegt nicht zuletzt am großen Appetit der Rehe, Hirsche und Gämsen, die sich in den Bergwäldern tummeln. Ihre Zahl hat in vielen Wäldern stark zugenommen. Das Wild verhindert das Aufwachsen der jungen Bäumchen: Es frisst sie einfach ab, kaum dass sie die ersten Blätter ausgetrieben haben.

Solange die alten Bäume noch dicht stehen, fällt dieses Problem kaum auf. Aber die alten Bäume werden älter und vergreisen, immer mehr sterben ab, die Bestände "verlichten". Dann haben Schnee und Regenwasser leichtes Spiel, es entstehen erste Erosionsflecken. Sie sind zunächst noch klein, werden dann immer größer, und zuletzt können ganze Berghänge ins Rutschen kommen. Spätestens jetzt wird es richtig teuer. Denn um Schlimmeres zu verhüten, werden umfangreiche Sicherungsbauten erforderlich und das kostet schnell Millionen.

Dabei würde die Natur eigentlich alles kostenlos erledigen. Aber dazu müssen die Jäger ran. Nur mit ihrer Hilfe, das heißt mit intensiver Jagd, lässt sich in den Schutzwäldern wieder ein Gleichgewicht erreichen, das den jungen Bäumen das Überleben sichert; besonders den Tannen, Buchen und Ahornen, die vom Wild besonders gerne gefressen werden. Denn genau die sind für die Stabilität und Strukturvielfalt der Bergwälder enorm wichtig und mit ihnen kann man sich auch den Herausforderungen des Klimawandels stellen. Dort, wo nur Fichten stehen, warten dagegen die Borkenkäfer lediglich auf etwas höhere Temperaturen, um ganze Wälder absterben zu lassen. Ein stabiler Bergwald mit allen wichtigen Baumarten hält einen Temperaturanstieg, Sommer-Trockenheit und andere Widrigkeiten viel besser aus. Stirbt ein Baum ab, können andere seinen Platz einnehmen und der Bergwald bleibt das, was er im Gebirge immer war: Der wichtigste natürliche Schutz des Menschen.

Rainer Schretzmann, www.aid.de

Weitere Informationen: www.aid.de, Landwirtschaft, Forst+Holz+Jagd


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Quelle:
aid-PresseInfo Nr. 30 vom 27. Juli 2011
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2011