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KATASTROPHEN/066: Umweltkatastrophe im Riesewohld, Kreis Dithmarschen (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 15. März 2010

NABU: Umweltkatastrophe im Riesewohld / Kreis Dithmarschen

Große Mengen Gülle aus Agrogasanlage gelangen in Fließgewässer


Neumünster, 15. März 2010: Durch das flächige, unsachgemäße Ausbringen von vergorener Gülle sind am 9. März 2010 zwei Bachsysteme des Riesewohlds auf etlichen Kilometern Länge stark mit Abwässern belastet worden. Ein Ornithologe fand bei einem Beobachtungsgang im Wald im Bett eines Baches nicht das sonst übliche klare, trinkbare Wasser, sondern eine dunkelbraune, schäumende Brühe vor. Auch am folgenden Tag flossen noch größere Mengen Reststoffe in das nahe gelegene Gewässersystem. Bei einer weiteren Suche stellte sich heraus, dass auch auf einer nördlich anschließenden Fläche Gülle aufgebracht worden war, die ebenfalls als braune Brühe in großer Menge in das Bachsystem lief.

Aufgebracht worden waren zehntausende Liter braunen, vergorenen, nährstoffbelasteten Schlamms aus einer Agrogasanlage bei Hollenborn. Auf gefrorenem und bis zu 30 cm hoch mit Schnee bedecktem Boden lief ein großer Teil des für Gewässerorganismen schädlichen Abfalls bis in einen Wald. Hier befinden sich ausgedehnte Quellfluren, die zwei der wertvollsten Quellbäche des Riesewohldes speisen. Der betroffene Abschnitt ist wegen seiner großen Bedeutung für Flora und Fauna als Natura-2000-Fläche EU-rechtlich geschützt. Die Flächen sind Teil eines Trinkwasserschutzgebietes. Mindestens einen Tag lang floss die Brühe ungehindert in die zwei Quellsysteme. Am 10. März 2010 wurden von der alarmierten Umweltpolizei und Vertretern der unteren Wasserbehörde UWB des Kreises Dithmarschen vor Ort Wasserproben entnommen.

Nach Einschätzung des NABU ist ein immenser ökologischer Schaden im Bachsystem entstanden. Den Hauptbach und vier seiner Quellbäche bedeckt auf weiter Strecke eine braun-graue Brühe, das Wasser ist schlammig-trüb gefärbt. Alle Steine und Moose, aber auch Sand und Kies sind im Bach und am Ufer mit Schlamm bedeckt. Der Schaden für die Organismen ist absehbar: Die nährstoffreiche Fracht entzieht dem Bach den notwendigen Sauerstoff. Damit sterben zahlreiche der für das Gewässer typischen Organismen ab.

Der NABU geht von einer erheblichen Verschlechterung des Erhaltungszustandes des FFH-Gebietes aus und wertet den Vorfall als grob fahrlässige Gewässerverunreinigung. Sollte dieser Tatbestand mindestens billigend in Kauf genommen worden ein, sollte dem Betreiber als Ausbringender auch die Betriebserlaubnis für die Agrargas-Anlage entzogen werden. Möglicherweise reichten wegen der lang anhaltenden Schnee- und Frostlage die Kapazitäten der Anlage zum Rückhalt der Jauche nicht aus.

Es zeigt sich, dass durch massiven Maisanbau für Agrogasanlagen nicht nur in erheblichem Maße wertvolles Grünland umgebrochen wird und als Lebensraum für Kiebitz und Sumpfdotterblume verloren geht, sondern auch Abfallprodukte der Anlagen eine ständige Bedrohung für benachbarte Ökosysteme darstellen können.


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Quelle:
Presseinformation, 15. März 2010
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2010