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MASSNAHMEN/202: Kleine Elster - Schritt für Schritt zu mehr Natürlichkeit (NATURMAGAZIN)


naturmagazin
Berlin - Brandenburg
Ausgabe 2/2013

Schritt für Schritt zu mehr Natürlichkeit
Stiftung NaturSchutzFonds setzt ihre Arbeit an der Kleinen Elster fort

von Eva Sieper-Ebsen und Florian Grübler



Munter wand sich die Kleine Elster einst in einem schmalen Bett durch den heutigen Landkreis Elbe-Elster. Doch nur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts - dann begann der Gewässerausbau. Der rund 55 Kilometer lange Nebenfluss der Schwarzen Elster verlor dabei seine Schleifen, sein Abflussprofil wurde verbreitert. Das Wasser konnte nun zwar schneller zu Tal strömen, doch schnitt es mit den Jahren ein immer tiefer werdendes Bett in die umgebende Landschaft. So entkoppelte sich der Fluss schließlich selbst von den ehemals vorhandenen Auenstrukturen.


Was vor einigen Jahren noch als wertvoller ingenieurstechnischer Beitrag zur Beherrschung der Natur galt, zieht heute an der Kleinen Elster und vielen anderen Fließgewässern Brandenburgs negative Folgen nach sich. Zuvor ungekannte Hochwasserspitzen oder der Verlust wertvoller Auenlebensräume sind nur zwei davon.

Als FFH-Gebiet "Kleine Elster und Niederungsbereiche" ist die Kleine Elster Teil des europäischen Schutzgebietssystems Natura 2000. Weite Bereiche von ihr sind als FFH-Lebensraumtyp "Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitrichio-Batrachion" (LRT 3260) ausgewiesen, allerdings in schlechtem Erhaltungszustand. Die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg engagiert sich daher bereits seit Jahren für ihre Renaturierung. Zwischen 2005 und 2008 konnte sie in einem EFRE-geförderten Projekt bereits sechs ehemalige Flussschleifen wieder an den Fluss anschließen. Dadurch wurden sowohl der Gewässerlauf verlängert als auch die strukturelle Vielfalt im Fließ aufgewertet und der Wasserrückhalt in der Region gefördert. Die wieder angeschlossenen Flussschleifen an der Lindenaer Mühle oder bei Maasdorf zeigen heute eindrucksvoll, wie natürliche Dynamik ein Fließgewässer neu beleben kann.

Mit dem Projektende war für die Stiftung aber nicht Schluss an der Kleinen Elster: Gemeinsam mit ihrer Tochtergesellschaft, der Flächenagentur Brandenburg arbeitet sie weiter an der Renaturierung des Gewässers. Die Flächenagentur hat zu diesem Zweck eigens einen regionalen Flächenpool "Kleine Elster" eingerichtet, in dem Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gebündelt umgesetzt werden. Neben Ufer- und Inselbepflanzungen konnte in Maasdorf auf diesem Finanzierungsweg bereits eine weitere Flussschleife wieder angeschlossen werden. Weitere Maßnahmen sind geplant. Sie alle erfolgen in partnerschaftlicher Kooperation mit dem Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft, dem Landkreis Elbe-Elster, den Anliegergemeinden und Kommunen sowie dem Gewässerverband Kleine Elster-Pulsnitz.

Der Anschluss ehemaliger Flussschleifen an ein Fließgewässer ist ein finanziell äußerst aufwendiges Vorhaben und lässt sich nicht überall realisieren. Doch auch dort, wo die "große Lösung" nicht möglich ist, lässt sich die Struktur eines Gewässers durch geeignete Maßnahmen verbessern. Dies an der Kleinen Elster umzusetzen ist das Ziel eines weiteren im vergangenen Jahr von der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg auf den Weg gebrachten Projektes. Zwischen Schadewitz und der Doberlug-Kirchhain werden - über die Landesrichtline zur Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) gefördert - seit Januar 2013 eine Vielzahl kosteneffizienter und kleinräumig wirksamer Gewässerinitialmaßnahmen in und an der Kleinen Elster realisiert.

Die Maßnahmen zielen vor allem darauf ab, die strukturelle Vielfalt am Gewässer zu verbessern. Auskolkungen werden angeregt, in ausgewählten Teilbereichen Uferabbrüche zugelassen. Im Ergebnis soll das Wasser dann nicht mehr eintönig durch ein uniformes Flussbett, sondern mal schnell, mal langsam durch flache und tiefe Passagen fließen. Unterscheiden sollen sich auch die Bodensubstrate der verschiedenen Gewässerabschnitte, um sie als Lebensraum für charakteristische Tier- und Pflanzenarten aufzuwerten.

Die Strukturvielfalt des Fließes können auch punktuelle Einengungen erhöhen - etwa durch den Einbau verschiedener Strukturelemente wie Totholz (Wurzelstubben und Rauhbaumbuhnen), Kies-Sand-Schüttungen oder durch eine Kombination beider Maßnahmen. Der Querschnitt der Kleinen Elster lässt sich auf diese Weise zumindest stellenweise nahezu halbieren. Die eingebrachten Fließhindernisse bewirken zudem eine deutlich erhöhte Strömungsvielfalt: Unmittelbar vor und hinter den Einbauten entstehen strömungsberuhigte Bereiche, gleichzeitig entwickeln sich aber auch schnell durchströmte Abschnitte. Im Bereich der Rauhbaumbuhnen sind Uferabbrüche an den gegenüberliegenden Uferseiten ausdrücklich erwünscht. Damit dies keinen Ärger nach sich zieht, wurden die betreffenden Flächen zuvor eigentumsrechtlich gesichert. Alle Maßnahmen sind so konzipiert, dass sie hochwasserneutral sind, sie das Gewässer also auch im Krisenfall nicht anstauen. An einem sehr hochwassergefährdeten Gewässer wie der Kleinen Elster ist dies entscheidend für die regionale Akzeptanz der Maßnahmen.

Insgesamt sind drei verschiedene Arten von Initialmaßnahmen am Gewässer geplant:

Einbringung von:
- Rauhbaumbuhnen
- Wurzelstubben/Stammholz mit Kies-Sand-Schüttungen
- Kies-Sand-Schüttungen


Die Totholzelemente, Substratzugaben und daraus entstehende Veränderungen in der Gewässermorphologie lassen neue Habitate entstehen und verbessern die Lebensbedingungen vieler Arten. Kiesige Substrate sind positiv für Kieslaicher, Wurzelstubben und Rauhbäume bieten Jungfischen Schutz.

Im Jahr 2010 konnte an der Kleinen Elster die deutschlandweit stark gefährdete und im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführte Großlibelle - die Grüne Keiljungfer - nachgewiesen werden. Derzeit gibt es von der Art an der Kleinen Elster noch kein stabiles Vorkommen, jedoch weist der bislang als Zufallsfund gewertete Nachweis auf eine Besiedlung im Umfeld der Kleinen Elster hin. Die Grüne Keiljungfer ist auf naturnahe Fließgewässerabschnitte mit Auskolkungen und Uferabbrüchen angewiesen. Arten wie Biber und Fischotter, die an der Kleinen Elster ihre Lebensräume haben, werden fraglos von der strukturellen Aufwertung des Gewässers profitieren. Lange sollen sie darauf nicht warten müssen: Ziel ist es, die Gewässerinitialmaßnahmen bis Oktober 2013 umzusetzen.

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Quelle:
NATURMAGAZIN, 27. Jahrgang - Nr. 2, Mai bis Juli 2013, Seite 36-37
Herausgeber:
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin
Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V., Landesverband Brandenburg
Natur & Text in Brandenburg GmbH
Redaktion:
Natur & Text in Brandenburg GmbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2013