Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → LEBENSRÄUME


MASSNAHMEN/215: Schutz der stark gefährdeten Großtrappen im Havelluch (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 2/15
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Der Märkische Strauß
Zur Großtrappenbalz im Havelluch.

von Nele Rißmann


Großtrappen gehören zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt, in Deutschland sind sie stark gefährdet. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts veränderten sich die Bedingungen der Agrarlandschaft durch die Intensivierung der Landwirtschaft, der Lebensraum der Großtrappen wurde zerstört.

Die drei letzten Einstandsgebiete Deutschlands befinden sich in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt: im Havelländischen Luch, in den Belziger Landschaftswiesen und im Fiener Bruch. Hier leben dank umfangreicher Schutzmaßnahmen wieder 197 Tiere, noch Mitte der 1990er Jahre lag der Bestand mit 57 Tieren an der Grenze des Aussterbens. Mit dem Aufbau der Naturschutzstation Buckow im Havelländischen Luch begann 1979 die hauptamtliche Arbeit für den Schutz der Art. Seit 2012 ist Henrik Watzke erster hauptamtlicher Geschäftsführer des Fördervereins Großtrappenschutz. Der studierte Biologe ist seit seiner Kindheit von den großen Vögeln fasziniert. Schon in den Schulferien half er in der Schutzstation aus und nach dem Studium war er drei Jahr lang hauptberuflich im Trappenschutz tätig, untersuchte die Zugwege der Großtrappen in Südrussland. Lange Zeit leitete Watzke die NABU-Storchenschmiede in Linum (Ostprignitz-Ruppin).

Spektakel am Balzplatz

"Viele Besucher kommen vor allem während der Balz in unsere Naturschutzstation in Buckow und zu den Beobachtungstürmen im Havelländischen Luch", erzählt Watzke. Denn das ist ein spannendes Ereignis: Der Hahn verwandelt sich dabei innerhalb kürzester Zeit in einen großen, weißen Federball. Das braun gemusterte Flügelgefieder wendet sich so um, dass die weiße Unterseite und die weißen Federn des Ellbogens zuoberst liegen. Auch der Schwanz klappt auf den Rücken und zeigt nur noch das weiße Untergefieder. Der Hals ist aufgeblasen. Die langen Bartfedern stehen lang nach oben. Paarungsbereiten Weibchen leuchtet er dann über große Entfernung entgegen und lockt sie somit an. Manchmal fliegen Hennen sogar 30 Kilometer, um zu den Hähnen auf den nächstgelegenen Brutplatz zu gelangen. Die Partnerwahl geht von den Hennen aus, sie wählen am liebsten die kräftigsten und prächtigsten Hähne, darum pflanzen sich vorwiegend die älteren Hähne fort. Nur während der Balzzeit finden Hennen und Hähne zueinander. Außerhalb der Fortpflanzungszeit halten sich Großtrappen hauptsächlich in Gruppen getrennt nach Geschlecht auf, wobei die Jungtiere der letzten Brut bei den Weibchen bleiben.

Anspruchsvoller Steppenvogel

Nach einer Brutdauer von etwa 25 Tagen schlüpfen die 90 Gramm schweren Küken. Hahn-Küken wachsen bald über die Größe ihrer Mütter hinaus. "Die dann schon viel kleineren Mütter füttern ihre Kinder dann manchmal trotzdem noch. Das ist ein ziemlich komischer Anblick", erzählt Henrik Watzke. Der ursprüngliche Lebensraum der Großtrappen waren weiträumige Steppenlandschaften. Heute zeichnen jedoch Acker und Niedermoorgrünland die Lebensräume der deutschen Trappen aus. Im Winter ist die Art recht anspruchslos, während der Brut- und Aufzuchtzeiten wird sie aber zu einer der anspruchvollsten der Agrarlandschaft. Dann benötigen die Trappen strukturreiche Vegetation mit lichten Bereichen, in der viele Insekten, Würmer und andere wirbellose Tierarten leben - außerdem mindestens drei Monate Ungestörtheit, um ihre Jungen aufzuziehen.

ICE durchs Trappengebiet

Als "teuerster Vogel der Welt" erlangte die Art in den 1990er Jahren Berühmtheit in den Medien. Mitten durch das Großtrappengebiet im Havelländischen Luch sollte die Bahnstrecke von Berlin nach Hannover ausgebaut werden. Um die Vögel zu schützen, mussten Wälle beiderseits der Schiene gebaut werden.

Das Projekt wurde ein Erfolg für die Trappen. Die Maßnahmen kommen aber auch anderen Arten zugute, wie zum Beispiel vielen Vogelarten sowie Bibern und Fischottern, für die spezielle Durchlässe unter der Bahntrasse gebaut wurden. Die Kosten für die Verwallung blieben hinter der Planung zurück und betrugen nur einen Bruchteil dessen, was eine großräumige Umfahrung oder Untertunnelung gekostet hätte.

Der Konflikt zwischen Windkraftanlagen und Großtrappen findet ebenso seine mediale Beachtung, denn die Windturbinen haben eine Barrierewirkung und stellen ein Unfallrisiko dar. Jedoch wurden Großtrappen bisher nicht als Opfer nachgewiesen. Untersuchungen dazu fanden allerdings nur in einzelnen Windparks statt. Durch einen Windpark am Rande des Fiener Bruchs im Brutgebiet der Großtrappen ist jedoch ein wichtiger Teil ihres Gesamtlebensraumes verloren gegangen.

Bildunterschrift einer der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
In den ersten zehn Lebenstagen ernähren sich Großtrappenküken ausschließlich von nährstoffreichen Insekten. Erst danach stellen sie sich langsam auf pflanzliche Kost um.


Reisetipp

Zum Schutz der Großtrappen sollten Besucher nur die zugelassenen Straßen und Wege benutzen sowie Betretungsverbote und Sperrungen beachten. Um das Schauspiel der Trappenbalz störungsfrei zu genießen, gibt es zwei Beobachtungstürme im Havelländischen Luch sowie je einen in den Belziger Landschaftswiesen und im Fiener Bruch. Diese sind ganzjährig geöffnet. Zur Balzzeit bietet der Förderverein Großtrappenschutz einen Besucherservice in der Ausstellung der Vogelschutzwarte im Nennhausener Ortsteil Buckow sowie geführte Exkursionen ins Luch an (2015 noch bis 17. Mai). Einzelheiten gibt es unter www.grosstrappe.de. Nennhausen erreicht man mit dem Regionalzug von Berlin aus innerhalb von 55 Minuten - eine Station vor der BUGA-Stadt Rathenow.

*

Quelle:
Naturschutz heute - Heft 2/15, Seite 42-43
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-1530, Fax: 030/284984-2500
Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: naturschutz.heute@nabu.de
Internet: www.naturschutz-heute.de
Herausgeber: NABU, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-0, Fax: 030/284984-2000
E-Mail: nabu@nabu.de
Internet: www.NABU.de
 
"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
und erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder
ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang