naturmagazin
Berlin - Brandenburg
Ausgabe 2/2023
Raus aus der Kohle und dann?
von Kerstin Koch
Für den Braunkohleabbau in der Lausitz wurde Vegetation vernichtet, Boden geschädigt, abgetragen und zerstört, das Grundwasser abgesenkt. Dieses muss nach dem Ende der Kohleförderung wieder aufgefüllt werden.
Um die Flöze zu erreichen, und für einen sicheren Stand der schweren Maschinen für die Braunkohleförderung müssen nicht nur große Mengen Sand, Ton und Kies als sogenannter Abraum abgetragen, sondern auch der Grundwasserspiegel abgesenkt werden. Mit der Entnahme verringert sich die Wassermenge des Grundwasserkörpers und ein sogenannter Absenkungstrichter, der sich kilometerweit erstreckt, entsteht. Das Grundwasser wird abgepumpt und von den Braunkohlekraftwerken wie Jänschwalde als Kühlwasser verwendet, der Großteil im Lausitzer Bergbau jedoch in die Spree geleitet, die somit für die Zeit des Abbaus eine zusätzliche Wasserversorgung erfährt.
Bis der Grundwasserspiegel nach Beendigung des Abbaus wieder vollständig angestiegen ist, dauert es sehr lange und kann durch die Zufuhr von Flusswasser, z.B. aus der Spree, beschleunigt werden. Wenn genügend Wasser vorhanden ist. Auch der Wassergehalt rund um den ehemaligen Tagebau kann sich ändern: manche Flächen haben keinen Kontakt mehr zum Grundwasser, andere werden nasser als vor dem Kohleabbau.
Im Untergrund der Tagebaue befinden sich eisen- und sulfidhaltige Minerale wie Pyrit und Markasit, die durch den Abbau mit Luft in Berührung kommen und bei Kontakt mit Sauerstoff reagieren. Beschleunigt wird die sogenannte Oxidation durch das Vorhandensein u. a. von Bakterien. Die Folgen der chemischen Reaktionen ist saures und lebensfeindliches Sümpfungswasser (alles Wasser, das im Braunkohlebergbau zu Tage gefördert wird), das abgepumpt wird. Eisen fällt schon bald am Grund der Bäche und Flüsse als Eisenhydroxid (Ockerschlamm) aus und schädigt den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen. Anders ist es mit dem Sulfat. Das Salz der Schwefelsäure ist wasserlöslich und gelangt durch die Entwässerung bis in die Spree. Da an der Spree Trinkwasser aus dem Uferfiltrat gewonnen wird, kann das Sulfat oberhalb eines Grenzwertes dem Menschen schaden. Um diesen Wert nicht zu überschreiten, bleibt nur die Verdünnung mit sauberem Wasser.
Das Problem bleibt auch nach dem Ende des Abbaus bestehen - während und nach dem Grundwasseranstieg. Wasser gelangt in Gräben, Flüsse und Bäche und damit wird Eisenhydroxid zu einem langanhaltenden Problem. Bis Eisen und Sulfat aus den Kippensanden und angrenzenden Bereichen verschwunden sind, können Jahrzehnte vergehen.
Die Differenz aus Niederschlag und Verdunstung wird klimatische Wasserbilanz genannt. Sie ist in Brandenburg über den Landflächen (Äcker, Wiesen und Wälder) in der Regel positiv. Dagegen über Tagebauseen negativ. Das bedeutet, wird eine Landschaft durch einen Tagebausee ersetzt, erhöht sich der Wasserverbrauch. In der Landschaft senken Pflanzen die Verdunstung, indem sie bei Trockenstress ihre sogenannten Spaltöffnungen schließen. Trocknet der Oberboden aus, sterben die Pflanzen ab. Wasser in den tiefen Bodenschichten, die von Wurzeln nicht erreicht werden, ist vor Verdunstung geschützt. Auf Seen hingegen steigt die Verdunstung mit der Wärme an und sie fallen trocken, wenn kein Kontakt zum Grundwasser besteht. 2021 beschloss der Landtag in Genehmigungsverfahren darauf hinzuwirken, "dass die neu entstehenden Tagebauseen hinsichtlich ihrer Größe, Lage und Form möglichst geringe Verdunstungsverluste aufweisen". Werden nach der Stilllegung und dem Entfernen der Großgeräte alle Bereiche geflutet, entstehen große, flache Seen, die nur im Bereich der sogenannten Randschläuche sehr tief sind. So soll der Cottbuser Ostsee der größte künstliche See Deutschlands werden. Gespeist aus dem Grundwasser zum Teil mithilfe von Pumpen, um die Flutung zu beschleunigen, und aus der Spree. Ob diese allerdings zukünftig genügend Wasser hat, ist fraglich, denn die Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt in Niedrigwasserphasen zu spüren.
Dass manche Tagebaubereiche unterhalb des künftigen Grundwasserspiegels liegen werden, ist dem sogenannten Massedefizit geschuldet, einfach gesagt: die Kohle ist weg. Und große Mengen an Abraum wurden als sogenannte Hochkippe abtransportiert und stehen zum Auffüllen der Bergbauflächen nicht mehr so einfach zur Verfügung. Trotzdem sollte es das Ziel sein, nur die tiefsten Stellen zu fluten. Dafür müssen allerdings die Abraummassen erneut bewegt werden, möglichst solange noch das schwere Gerät vor Ort ist. Der größere Bereich sollte rekultiviert werden. Nur so lassen sich zukünftige unnötige Verdunstungsverluste vermeiden.
Umso länger Kohle gefördert wird, umso schwerwiegender sind die negativen Folgen: Zunahme des Grundwasserdefizits, mehr Eisen und Sulfat wird freigesetzt, größere Tagebaurestlöcher, die mit Wasser gefüllt werden, und somit auch höhere Verdunstungsverluste. Verstärkt wird dies durch den Klimawandel. Wie heißt es in der Broschüre Kohle.Wasser.Geld so schön: "Erst wenn das Grundwasser wieder aufgefüllt ist, kann das Einzugsgebiet der Flüsse seine Funktion wieder voll erfüllen."
Wasserbezogene Folgen des Braunkohlebergbaus Quelle: Kohle.Wasser.Geld; GRÜNE LIGA Umweltgruppe Cottbus e.V. (2022) |
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Tagebaufolgen |
Dauer |
Grundwasserabsenkung im Umfeld der Tagebaue |
vor und während des Abbaus, plus Dauer des Wiederanstieges |
Sulfat aus Sümpfungswasser in der Spree |
während des Abbaus |
Wasserverbrauch der Kraftwerkskühltürme |
Dauer des Kraftwerksbetriebs |
Wasserverbrauch durch Flutung bzw. Grundwasserwiederanstieg |
10-50 Jahre nach Stilllegung des jeweiligen Tagebaues (je nach Wasserverfügbarkeit) |
Diffuser Austrag von Eisen und Sulfat in die Fließgewässer |
etwa 100-150 Jahre nach Stilllegung |
Lokal veränderte Grundwasserhöhen im Umfeld von Tagebauseen |
dauerhaft (Ewigkeitslast) |
Erhöhter Wasserverbrauch der Landschaft durch Verdunstung der Tagebauseen |
dauerhaft (Ewigkeitslast) |
Links:
https://klare-spree.de
www.kein-tagebau.de/index.php/de/downloads
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Quelle:
naturmagazin, 37. Jahrgang - Nr. 2, Juni bis August 2023, S. 14-15
Herausgeber:
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin
Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V., Landesverband
Brandenburg
NaturSchutzFonds Brandenburg, Stiftung öffentlichen Rechts
Natur+Text GmbH
Anschrift der Redaktion:
Natur+Text GmbH
Friedensallee 21, 15834 Rangsdorf
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 18. Juli 2023
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