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LAIRE/074: Bush-Administration wütet in Umweltgesetzgebung (SB)


Die Regierung George W. Bushs hat das Artenschutzgesetz systematisch unterhöhlt


Wie man es dreht und wendet, die scheidende US-Regierung hat in ökologischen Fragen die gleiche Mit- und Umwelt verachtende Einstellung an den Tag gelegt wie bei ihrer Kriegführung, der Förderung der Folter im In- und Ausland und der Qualifizierung des Repressionsapparats. Vor wenigen Tagen kündigte der US-Innenminister neue Bestimmungen an, welche die Behörden von der Pflicht befreien, vor Beginn neuer Projekte Fachleute des Fish and Wildlife Service zu Rate zu ziehen. Die mußten bislang prüfen, ob ein Vorhaben das Artenschutzgesetz verletzt oder nicht. Künftig soll es den einzelnen Behörden freigestellt sein, ob sie den Expertenrat einholen wollen. Darüber hinaus sind die Ergebnisse der Evaluation nicht mehr bindend, und sie haben keine aufschiebende Wirkung. Was bedeuten kann, daß damit begonnen werden darf, einen Wald abzuholzen, auch wenn noch keine Begutachtung durch die Artenschützer vorliegt.

Am Montag wurde bekannt, daß die politische Einflußnahme der Bush-Administration auf umweltrelevante Entscheidungen der Behörden ein sehr viel größeres Ausmaß angenommen hat als sowieso schon im Rahmen früherer Enthüllungen aufgedeckt worden war. Am Montag legte der Generalinspekteur des Innenministerium, Earl Devaney, dem Kongreß einen Bericht vor, wonach Gutachten des Fish and Wildlife Service in 15 Fällen politischen Vorgaben folgten, nicht aber dem, was wissenschaftlich geboten wäre, schrieb der "International Herald Tribune" (16.12.2008). Wenigstens einige der Entscheidungen sollten von der designierten Regierung Barack Obamas neu bewertet werden, empfahl der Generalinspekteur.

Zu den Entscheidungen gehört eine, gegen die Umweltschützer geklagt haben und die die Zahl der Flüsse betrifft, welche von der kommerziellen Nutzung geschützt werden sollten, weil ansonsten eine Gefährdung des vom Aussterben bedrohten Bull Saiblings (Salvelinus confluentus) besteht.

Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Natürliche Ressourcen, der demokratische Abgeordnete Nick Rahall 2nd aus West Virginia, kommentierte die jüngsten Enthüllungen aus dem Hause Bush mit den Worten:

"Als Ergebnis dieser Ermittlungen entsteht das Bild einer Art Geheimgesellschaft innerhalb des Innenministeriums, die sich verabredet hat, um den Schutz bedrohter Arten zu untergraben und untereinander für die jeweiligen Untaten Deckung zu liefern."

Für eine Reihe der problematischsten Entscheidungen war Julie MacDonald, frühere stellvertretende Staatssekretärin für Fisch, Wildleben und Parks, verantwortlich. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörte das Fällen von Entscheidungen bezüglich des Artenschutzgesetzes. MacDonald, die keines Vergehens bezichtigt wird, wohl aber der weitreichenden politischen Einflußnahme, war in der Vergangenheit regelmäßig mit Wissenschaftlern aneinandergeraten. Im Mai 2007 nahm sie ihren Hut, nachdem ein früherer Generalinspekteur festgestellt hatte, daß sie interne Dokumente des Fish and Wildlife Service an Lobbyisten der Industrie weitergereicht hatte. Noch immer läuft eine nach MacDonalds Rücktritt begonnene Überprüfung ihrer Entscheidungen in acht Fällen. Nun wurden 15 weitere Fälle bekannt, in denen sie ihr Amt anscheinend mißbraucht hat.

Dies ist nur ein kleiner, wenngleich nicht unbedeutender Ausschnitt der umweltbezogenen Machenschaften einer Regierung, welche die Interessen der Wirtschaft vertreten hat, nicht aber die der US-amerikanischen Gesellschaft insgesamt. Schwer vorstellbar, daß Bushs Nachfolger Obama dieses Niveau noch unterbietet. Sicher sein sollte man sich allerdings nicht, will doch der designierte Präsident mit Tom Vilsack ausgerechnet einen Lobbyisten der Ethanolindustrie zum neuen Landwirtschaftsminister machen.

18. Dezember 2008