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LAIRE/085: Neues Feindbild - Dicke schuld am Klimawandel (SB)


Britische Forscher verbreiten Bezichtigungsstudie gegen Dicke

Aufbau eines potentiell vernichtenden Feindbilds


Sollte der Klimaschutz in eine Ökodiktatur münden, müßte dies an entsprechenden Insignien erkennbar sein. Typisch wäre der Aufbau eines Feindbilds mit Hilfe der Propaganda. Daß es gegriffen hat, wäre daran zu erkennen, daß es von den Menschen, die in der Diktatur leben, als eigene Meinung verbreitet wird.

Gegenwärtig wird wieder eine Studie durchs globale Dorf getrieben, die mit schweren Geschützen auf Mitglieder der Gesellschaft zielt, die als "zu dick" oder als "Fleischesser" diffamiert werden. Die Autoren Phil Edwards und Ian Roberts von der London School of Hygiene and Tropical Medicine rechneten vor, daß Menschen mit einem deutlich über dem Durchschnitt liegenden Gewicht dem Klima "schaden". In der Studie, die in dem International Journal of Epidemiology veröffentlicht wurde, werden emsig Argumente zusammengetragen, die das gewünschte Bild bestätigen sollen.

So heißt es dort, daß schlanke Menschen weniger essen, was einen geringeren Energieverbrauch bei Produktion und Transport von Lebensmitteln erfordere, und sie seien auch bei der eigenen Fortbewegung energiesparsamer. Eine Milliarde Tonnen Treibhausgase würden jährlich eingespart, wenn ein Milliarde Menschen schlanker wären.

Die Empfehlung der Autoren zu einer genügsameren Lebensweise - wobei in der Studie wider diätetischen Wissens pauschal unterstellt wird, daß Dicksein auf einen zu hohen Verbrauch zurückgeht - wurde mit großer Begeisterung von der Presse kolportiert und kräftig gepfeffert. Noch bewegen wir uns hier im ideologischen Vorfeld von Sanktionen gegen Dicke - wobei sie vereinzelt bereits Nachteile erleiden müssen, indem sie beispielsweise teurere Flugtickets kaufen und Einbußen bei der Gesundheitsversorgung hinnehmen müssen -, aber die Saat der Bezichtigung geht erst allmählich auf. Die herabwürdigende Sprache, mit der Dicke bedacht werden, steht am Anfang der Feindbildentwicklung.

Wissenschaftler, die den Menschen nach Kalorienverbrauch, Größe und Kilogramm bemessen - die Autoren sprechen auch von MET, der metabolischen Rate, die in kcal/kg/h gemessen wird - legen durch die Mathematisierung körperlicher Verhältnisse den Grundstein für die künftige Bezichtigung der Dicken als Klimasünder und Volksschädlinge.

Mit welch windigen Mitteln die Autoren arbeiten, um anscheinend ein möglichst reißerisches Ergebnis zu erhalten, wird am folgenden Beispiel deutlich: In der Rechnung wird kurzerhand angenommen, daß alle Menschen mit einem BMI von unter 30 kg/m2 ein durchschnittlich kleines Auto (bspw. Ford Fiesta) fahren, währen Personen mit einem BMI von 30 kg/m2 einen Wagen mit größerem Innenraum bevorzugen (bspw. Ford Galaxy). Letzterer benötigt mehr Sprit und hat somit in Herstellung und Betrieb einen höheren Kohlendioxidausstoß, woraus die Autoren den Schluß ziehen, daß Dicke klimaschädlicher sind.

Darüber hinaus wird unterstellt, daß Dicke kleinere Strecken eher mit dem Auto fahren als Dünne, woraus ebenfalls folge, daß sie klimaschädlicher sind. Einfältiger geht's kaum noch, denn hier werden schlicht Vorurteile verbreitet. Auf dieser inakzeptablen Ebene der Argumentation könnte man genausogut den Standpunkt vertreten, daß Dicke genügsamer sind, viel lieber zu Hause bleiben und fernsehen, während Dünne mit ihrem Aktivitätsfimmel kohlendioxidemittierende Verkehrsmittel benutzen. Aber so zu argumentieren heißt, sich der Wertkriterien dieser Autoren zu unterwerfen.

Die Presse hebt bereits an, gegen Dicke zu hetzen, und leistet damit der Bezichtigung dieser Menschen auch in deren Alltag Vorschub. Bei der Kampagne wird jedoch vergessen, daß sich statistische Aussagen nicht auf einzelne Person anwenden lassen. Falls Dicke statistisch gesehen mehr CO2 produzieren als Dünne, erlaubt diese Aussage keinerlei Rückschlüsse auf den CO2-Verbrauch eines Individuum. Denn nicht jeder Dicke fährt einen Vierradwagen, ißt mehr als der Dünne und wirft sich für jeden noch so kurzen Weg ins Auto.

In den USA erhalten bereits rund 30 Millionen Menschen Lebensmittelmarken, was bedeutet, daß sie über diesen Weg nur an bestimme Nahrung in einer begrenzten Menge herankommen. Lebensmittelmarken sind eine Währung, die auch von einem ökoideologischen Regime zu erwarten wären, denn auf diese Weise ließe sich eine weitreichende Kontrolle über die Nahrungsverteilung ausüben. Nun stellt sich aber die Frage, nach welchen Kriterien eine Administration Lebensmittelmarken verteilt. Dazu liefert möglicherweise das Konzept der Triage eine Antwort. Es bedeutet verkürzt gesagt, daß Ärzte und Rettungskräfte Katastrophenopfer einteilen, wobei jene Opfer aussortiert und zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden (sofern es dann noch nötig ist), für die nach Augenschein kaum oder keine Rettung besteht. Für die Verteilung einer nicht für alle Menschen reichenden Nahrungsmenge bedeutete dies, daß aussichtslose Hungerleider gar nicht erst versorgt werden, um die Nahrung nicht "unnötig" zu verschwenden.

Das wird heute schon praktiziert. Jahr für Jahr sterben schätzungsweise 35 Millionen Menschen weltweit, weil sie keine ausreichende Nahrung zur Verfügung haben. Nach UN-Angaben müssen fast eine Milliarde Menschen hungern. Mögen die Entscheidungsprozesse bei dieser Form der Triage auch komplex und wenig durchschaubar erscheinen, die Fakten sprechen für sich: Einige Menschen müssen verhungern, andere nicht. Der mehrere Milliarden Dollar teure Grenzzaun, den die USA an ihrer Südgrenze errichten, und das nicht weniger teure und ausgefeilte Grenzschutzsystem, das die Europäische Union an ihrer südlichen und östlichen Grenze aufgebaut hat und laufend erweitert, sollen diese Weltordnung sicherstellen.

Die Bilder überfüllter Flüchtlingsboote aus Afrika lösen bei den Bewohnern der Festung Europa Angstreflexe aus. Es wird befürchtet, daß es an den Fleischtöpfen zum Gedränge kommen könnte. Mit dem Aufbau von Feindbildern innerhalb der Wohlstandsräume wird der Trend zur Unterteilung der Gesellschaft fortgesetzt. Das propagierte Ideal des gertenschlanken Menschen kommt natürlich sehr gelegen angesichts der wachsenden Bedrohung durch die Klimawandelfolgen, der bevorstehenden Ernteeinbrüche, der leeren Getreidelager und der Absicht, die Menschen über die Einschränkung und Verteilung von Lebensmitteln unter Druck zu halten und gegeneinander auszuspielen.

In einem ökoideologischen Regime der Zukunft könnte die Verfügbarkeit von Nahrung, die offensichtlich nicht für alle Menschen reicht, wie beim dramatischen Preisanstieg in den Jahren 2007, 2008 unübersehbar deutlich wurde, administrativ streng reguliert werden. Eine Bemessungsgrundlage für derartige behördliche Zuteilungen könnte die mutmaßliche Klimaschädlichkeit einer Person sein.

21. April 2009