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LAIRE/145: Britische Regierung will Staatswälder verhökern (SB)


Finanzakteure profitieren doppelt von der Krise


Das paßt wie der Deckel auf den Topf: In Nagoya wird auf der Weltnaturschutzkonferenz darüber debattiert, wie mit Hilfe privater Gelder Waldfläche "geschützt" werden kann, und die britische Regierung kündigt an, sie werde staatliche Wälder privatisieren.

Zu den diversen Mechanismen, mit denen die Vertreter aus 193 Vertragsunterzeichner der UN-Biodiversitätskonvention den raschen Verlust an Arten verhindern wollen, gehört die Aufwertung von Wald als Schutzraum für Pflanzen und Tiere, als Kohlenstoffsenke gegen die Erderwärmung und durch andere Naturschutzeigenschaften. Demnach soll mit einem Wald, der bewahrt wird, mehr verdient werden, als mit dem Verkauf seines Holzes, wenn man die Bäume fällte. Damit werden kapitalstarken Investoren neue Geschäftsfelder eröffnet.

Die britische Umweltministerin Caroline Spelman wird in den nächsten Tagen eine neue Strategie vorlegen, nach der binnen drei Jahren mehr als 150.000 Hektar Wald und andere Ländereien in England verkauft werden sollen, meldete die britische Zeitung "The Guardian" am Sonntag [*]. Einzelheiten der Konditionen sind nicht bekannt. Die Privatisierung sei ein Bestandteil unter mehreren des Vorhabens, aber es werde keinen vollständigen Ausverkauf der Wälder geben, hieß es laut der Zeitung aus Regierungskreisen.

Die grüne Abgeordnete Caroline Lucas und Vertreter aus diversen Forst- und Naturschutzverbänden gehen davon aus, daß eine wie auch immer geartete Privatisierung des Waldes ökologische Beeinträchtigungen nach sich ziehen wird. Der Wert der Wälder wird auf 250 Millionen brit. Pfund (ca. 282 Mio. Euro) geschätzt. Die Zahl könnte aber noch höher ausfallen, sollten eines Tages neue ökologische Wertmaßstäbe umgesetzt werden.

Die britische Wirtschaft hat in der Finanzkrise 2008, 2009 schwere Verluste erlitten. Gleichzeitig steckte die Regierung zig Milliarden in Rettungspakete für Banken und andere Börsenspekulanten. Die profitieren nun davon, daß die konservativ-liberale Koalitionsregierung ein gewaltiges Sparprogramm auflegt, das auch vor dem Verhökern von Wäldern, Wiesen und Auen nicht Halt macht. Da nicht damit zu rechnen ist, daß die Finanzhaie vom Erwerb der hochwertigen Naturräume abgehalten werden, muß die große Mehrheit der Bevölkerung einen zusätzlichen Preis für die Rettung der "Zocker" bezahlen und ihnen landschaftlich attraktive Gebiete überlassen, die möglicherweise in Zukunft der allgemeinen Verfügbarkeit entzogen werden. Welchen rechtlichen Status auch immer die britische Regierung den zum Verkauf anstehenden Wäldern einräumen wird, aus Sicht der Investoren macht der Erwerb nur Sinn, wenn er sich lohnt. Die Gewinne auf der einen Seite werden sich als Verluste auf der aller anderen zeigen.


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Anmerkungen:

[*] "Forests sell-off plan by government is 'asset-stripping our natural heritage'", The Guardian, 24. Oktober 2010
http://www.guardian.co.uk/environment/2010/oct/24/forests-government-heritage-private-developers

25. Oktober 2010