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LAIRE/163: Laut einer neuen US-Studie sind LEDs toxischer als angenommen (SB)


LEDs - umweltschädlicher Ersatz für umweltschädliche Glühlampen


Glühlampen werden in der Europäischen Union im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie Zug um Zug vom Markt genommen, da sie den elektrischen Strom nicht sonderlich effizient in Licht umsetzen; ein großer Teil wird als Wärme abgestrahlt. Als Ersatz propagieren die Brüsseler Behörden die Verbreitung der Kompaktleuchtstofflampe und anderer Energiesparlampen, beispielsweise LEDs. Dadurch werden jedoch neue Umweltprobleme geschaffen. Kompaktleuchtstofflampen müssen gesondert entsorgt werden, da sie Quecksilber enthalten, und LEDs sind ebenfalls nicht umweltfreundlich. Einer neuen US-Studie zufolge enthalten sie sogar sehr viel mehr toxische Substanzen als bisher bekannt. Neben den krebserregenden Umweltgiften Blei und Arsen wiesen die Forscher rund ein Dutzend potentiell gefährliche Substanzen nach. [1]

Forschungsleiter Oladele Ogunseitan, Vorsitzender des Department of Population Health & Disease Prevention der Universität von Kalifornien in Irvine, sagte: "LEDs werden als Beleuchtung der nächsten Generation gepriesen. Aber während wir versuchen, bessere Produkte zu finden, die nicht die Energieressourcen verringern und zur globalen Erwärmung beitragen, müssen wir auf die Giftigkeitsgefahren durch die Vermarktung von Ersatzprodukten aufpassen." [2]

Die Forscher haben die Materialien von Weihnachtsketten, roten, gelben und grünen Verkehrslichtern sowie Autoscheinwerfern und Bremslichtern einer chemischen Analyse unterzogen. Demnach enthielten rote, schwache LEDs bis zu achtmal mehr Blei, als der kalifornische Gesetzgeber erlaubt. Generell waren intensiver leuchtende, hellere LEDs stärker mit Umweltgiften belastet als Lampen mit geringerer Leuchtkraft. Die niedrigsten Bleigehalte fanden sich in weißen LEDs, aber dafür wurde bei ihnen der höchste Nickelgehalt festgestellt.

Die Originalstudie wurde in der Januarausgabe des Journals "Environmental Science & Technology" veröffentlicht, wobei die Forscher zunächst nur die Ergebnisse zu LEDs mit geringerer Intensität, wie sie in Weihnachtsketten vorkommen, bekanntgaben. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen sämtliche Resultate veröffentlicht werden. Ogunseitan kündigte bereits an, daß die stärkeren LEDs auf der gleichen Linie liegen, nur mit dem Unterschied, daß sie entsprechend mehr der Umweltgifte enthalten.

Wer eine LED-Lampe zerbricht und den Dampf einatmetet werde deshalb nicht automatisch an Krebs erkranken, so Ogunseitan. Aber ein solcher Vorfall könnte bei Personen, die bereits durch ein anderes Karzinogen chronisch vorbelastet sind, zum entscheidenden Anstoß werden.

Der Forscher spricht hier ein grundsätzliches Problem von Umweltgiften an. Verschiedene Einzelsubstanzen, die jeweils unterhalb des gesetzlich festgelegten Grenzwerts bleiben, können in der Summe schädigende Effekte auslösen. Das hat der Schattenblick in Zusammenarbeit mit einem Agrarökonomen am Beispiel von Pestiziden bei der Sikkation dargelegt. [3] Auch kann es zu regelrechten Verstärkungen kommen, wobei selbst eine an sich harmlose Substanz Giftwirkungen potenzieren kann. Diese Probleme sind chemischen Analytikern im Prinzip bekannt. Daraus ergeben sich allerdings nicht zwingend entsprechende Vorsichtsmaßnahmen seitens der politischen Entscheidungsträger.

Auf einer Website, die sich für die Verbreitung von LEDs einsetzt, wird zwar behauptet, daß diese kein Arsen enthalten [4], aber diese pauschale Behauptung läßt sich nicht aufrechterhalten, wie unter anderem aus einer Beschreibung des Wuppertal-Instituts hervorgeht. [5] In der aktuellen Studie, die an den Universitäten in Irvine und Davis durchgeführt wurde, wird die Toxizität von LEDs einem genaueren Blick unterworfen. Ogunseitan moniert, daß diese als weniger gefährlich als die quecksilberhaltigen Kompaktleuchtstofflampen angesehen werden, aber in Wirklichkeit seien sie, die LEDs, noch gar nicht ausreichend erforscht.

Bei einer Einschätzung dieser Studie muß sicherlich die spezifische Situation in Kalifornien berücksichtigt werden. Ogunseitan ist Mitglied des wissenschaftlichen Beratergremiums Green Ribbon Science Panel des Department of Toxic Substances Control. Ursprüngliche Pläne der Staatsregierung sahen vor, daß ab dem 1. Januar 2011 ein Gesetz in Kraft tritt, demzufolge Ersatzprodukte für die klassische Glühlampe umfangreichen Tests unterzogen werden müssen, bevor sie auf den Markt gebracht werden. Dagegen protestieren Lobbyisten aus der Industrie und hatten Erfolg: Wenige Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Amt stoppte Gouverneur Arnold Schwarzenegger das Gesetz. Ogunseitan erklärt nun, er sei frustriert, aber die Arbeit gehe weiter. Die Hersteller sollten LEDs so verändern, daß sie den Anteil an toxischen Substanzen verringern, was durchaus möglich sei.

Es handelt sich hier um eine Studie mit einem aktuellen politischen Hintergrund. Dennoch veranschaulicht dieses Beispiel ganz allgemein die Problematik, wenn ein umweltschädliches Produkt durch ein anderes ersetzt wird. Es wäre nicht der erste Fall in der Geschichte der industriellen Fertigung, wenn ein Produkt vor seiner Einführung nicht ausreichend getestet worden wäre. In der jüngeren Zeit machen Rückrufaktionen in der Autobranche von sich reden. Aber das wird auch an der Geschichte der Atomenergienutzung deutlich. Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Grenzwerte der radioaktiven Belastung Schritt für Schritt reduziert.

Hinsichtlich der Einführung von gentechnisch verändertem Saatgut wurden von Kritikern ernsthafte Zweifel daran geäußert, daß die beteiligten Firmen ihre Produkte zuvor ausreichend geprüft haben. Und gegenwärtig erlebt die Nanotechnologie einen Boom, von dem noch nicht absehbar ist, ob daraus nicht eines Tages ein Doom - ein Untergang - wird. Das mag übertrieben wirken, dennoch bleibt festzustellen, daß über die potentiell gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Nanopartikeln auf den Organismus wenig bekannt ist. Abgesehen von Akkumulationen an spezifischen Stellen des Körpers können auch synergistische Effekte auftreten. Durch die Nanotechnologie wird ein Tor in eine neue Dimension der Werkstoffkunde aufgestoßen. Das bleibt nicht ohne Folgen für die menschliche Gesundheit.

Wenn LEDs in Zukunft nicht mit weniger toxischen Substanzen produziert werden, besteht die Gefahr, daß für sie, ähnlich wie für Glühlampen, in Zukunft ebenfalls Ersatz gefunden werden muß. Ob die Industrie das bedauert? Womöglich nicht. Es könnte durchaus in ihrem Interesse liegen, ließe sich doch auf diese Weise der Umsatz steigern. Umgekehrt sind die Unternehmen bislang nicht den Beweis angetreten, daß sie kein virulentes Interesse an einer solchen Mangelproduktion haben.


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Anmerkungen:

[1] "LED products billed as eco-friendly contain toxic metals, study finds", 11. Februar 2011
http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/led_products_billed_eco_friendly_toxic_metals_study_170000.html

[2] Quelle [1], Übersetzung aus dem Amerikanischen: Schattenblick.

[3] INFOPOOL -> UMWELT -> REDAKTION:
KOLLATERALSCHADEN/005: Sikkation - Ein Grund zu fragen (SB)

[4] "Seltene LED G23 2G7", Zugriff am 17. Februar 2011
http://www.warum-led.de/?Seltene_LED_G23_2G7

[5] http://www.wupperinst.org/uploads/tx_wibeitrag/EcoInno_LED_de.pdf

17. Februar 2011