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ATOM/350: Höheres Leukämierisiko für Kinder in der Nähe von Akws (SB)


Metastudie bestätigt Krebsgefahr für Kinder in Kernkraftwerksnähe


In der Nähe von Kernkraftwerken steigt das Leukämierisiko für Kinder an. Diese frühere Erkenntnis bestätigte jetzt der Epidemiologe Eberhard Greiser, der im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen eine Metastudie durchgeführt hat. Demnach nimmt im Umkreis von 20 bis 50 Kilometern um einen Kernreaktor das Leukämierisiko bei Kindern unter fünf Jahren um 19 Prozent, unter 15 Jahren um 13 Prozent zu.

Alles klar, sollte man meinen, Kernreaktoren lösen Blutkrebs aus. So einfach ist das jedoch nicht, denn obgleich die statistischen Daten signifikant sind, wird die Metastudie ebenso wenig als Beweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen Leukämie und Kernkraftwerk anerkannt wie die vom Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegebene Kinderkrebsregister-Studie (KiKK-Studie) in Mainz, die 2007 veröffentlicht wurde und zu vergleichbaren Resultaten gelangte.

Immerhin hatte Greiser in seiner aktuellen Metastudie Daten zu 80 Kernkraftwerken in fünf Ländern ausgewertet und festgestellt, daß in der Nähe der Anlagen 3742 Kinder unter 15 Jahren an Leukämie erkrankt sind, wobei in die Altersgruppe bis vier Jahren 2096 Kinder betroffen waren. Eine direkte Kausalbeziehung zwischen Krebserkrankungen und Kernenergienutzung könne man nicht ziehen, meinte jedoch selbst der Autor unter Verweis auf eine Vielzahl möglicher Risikofaktoren.

Wissenschaftlich mag diese Vorsicht korrekt sein, aber müßte eine verantwortungsbewußte Regierung nicht alles unternehmen, um Schaden von den Bürgern fernzuhalten? Und ohne jeden Zweifel besteht zumindest ein begründeter Verdacht, daß Kinder deshalb vermehrt an Leukämie erkranken, weil sie in der Nähe von Kernkraftwerken aufwachsen oder die werdende Mutter eine Zeitlang in in der Nähe der Meiler gelebt hatte.

Schon seit längerem erklären Experten, daß es gar keinen unteren Grenzwert der Strahlenexposition gibt und selbst Niedrigstrahlung Krebs auslösen kann. Mehr noch, es wird sogar vermutet, daß eine niedrige Strahlendosis gefährlicher ist als eine höhere, da sie die natürliche Körperabwehr unterläuft. Die Strahlung bleibt sozusagen unterhalb des Radarbereichs.

Demnach würde der natürliche Zellreparaturmechanismus aktiv werden, wenn eine Zelle aufgrund von stärkerer Strahlung entartet, aber passiv bleiben, wenn die Entartung aufgrund der niedrigen Dosis heranschleichen kann und zunächst nur zu leichten zellulären Veränderungen führt. Sollten sich diese summieren und irgendwann als Gefahr erkannt werden, ist es zu spät, dann hätten sich auf niedrigem Niveau bereits Verhältnisse eingestellt, die schließlich zu Leukämie führen. Diese Möglichkeit einer strahleninduzierten Erkrankung nicht unter Hochdruck weiterzuverfolgen, um sie zu bestätigen oder zu widerlegen, bedeutet, wider besseres Wissen skrupellos mit Gesundheit und Leben der Bevölkerung zu spielen.

Man kann davon ausgehen, daß die Kernkraftwerksbetreiber in Kumpanei mit der Kernenergielobby innerhalb von Regierung und Opposition die neue Metastudie als interessant, aber uneindeutig verwerfen werden. Sollte es nach der bevorstehenden Bundestagswahl eine Koalitionsregierung von CDU/CSU und FDP geben, wird das höchstwahrscheinlich auf einen Ausstieg aus dem Atomausstieg hinauslaufen. Bleibt zu wünschen, daß die immerhin über 50.000 Menschen, die am Samstag in Berlin gegen die Kernenergie protestiert haben, einen so großen Bevölkerungsanteil repräsentieren, daß er mit seinem Votum dafür sorgt, daß keine Partei an der Regierung beteiligt wird, die eine Energiepolitik mit Kernkraftwerken zur Produktion von elektrischem Strom durchsetzt.

6. September 2009