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KLIMA/532: Wärmetrend auf der Baffininsel für Forscher "einfach atemberaubend" (SB)


Neue Studie bestätigt, daß sich der Osten Kanadas stark erwärmt



In nur wenigen Weltregionen zeigt sich die globale Erwärmung so deutlich wie in der Arktis. Seit Jahren schrumpft die Meereisfläche und das Eis dünnt aus; der Permafrostboden zieht sich nach Norden zurück, Luft- und Meerestemperaturen steigen. Aus wärmeren Regionen wandern Tier- und Pflanzenarten ein und besetzen neue Lebensräume.

Nun berichten Forscher in den Geophysical Research Letters, einem Journal der American Geophysical Union, daß die durchschnittlichen Sommertemperaturen auf der Baffininsel im Osten Kanadas in den letzten 44.000 Jahren nicht so hoch waren wie heute. [1]

Mit einer Fläche von 508.000 Quadratkilometern ist die Baffininsel die fünftgrößte Insel der Welt; sie liegt gegenüber von Grönland, getrennt durch die Baffin Bay. Die Forschergruppe um Gifford Miller von der Universität von Colorado in Boulder schließt aus dem Alter von 145 Proben aus abgestorbenen Moosen, die durch den Rückzug der Eisbedeckung auf der Baffininsel freigelegt und im Vorfeld von vier verschiedenen Gletscherzungen entnommen worden waren, daß die pflanzlichen Reste mindestens die letzten 44.000 bis 51.000 Jahren von der Umgebung abgeschlossen unter dem Eis gelegen haben müssen.

Die von Miller und seinen Kollegen verwendete Radiokarbonmethode zur Altersbestimmung wird um so ungenauer, je älter das zu bestimmende Objekt; seine Genauigkeit endet bei ungefähr 50.000 Jahren. Da bekannt ist, daß sich die Erde in der Phase davor in einer Eiszeit befand, kann man nach Ansicht Millers davon ausgehen, daß die sommerliche Durchschnittstemperatur in Ostkanada sogar die letzten 120.000 Jahre nicht so hoch war wie heute. Um eine entsprechend ältere Datierung vorzunehmen, zogen die Forscher zusätzlich die Ergebnisse der Analyse von grönländischen Eisbohrkernen heran.

Miller rechnet damit, daß das Eis von der Baffininsel vollständig verschwinden wird, sollte der gegenwärtiger Trend des Klimawandels anhalten. Zwar erwärmt sich die Region seit rund einem Jahrhundert, aber der eigentliche Temperaturanstieg erfolgte ab den 1970er Jahren. Die letzten zwanzig Jahre waren sogar "einfach atemberaubend", so Miller.

Für den Forscher steht fest, daß die Erwärmung keine Folge einer natürlichen Klimavariabilität ist und eindeutig auf die Zunahme der Treibhausgase in der Erdatmosphäre zurückgeht. Vielleicht hätte es nicht dieser Untersuchung im Osten Kanadas bedurft, um mit Gewißheit sagen zu können, daß sich das Klima der Arktis wandelt. Aber es sind eben viele einzelne solcher Studien, die zum Gesamtbild beitragen.

Bergbauunternehmen und Erdölgesellschaften stehen schon in den Startlöchern, um in den hohen Breiten Rohstoffe abzubauen; Handelsgesellschaften liebäugeln mit kürzeren, interkontinentalen Routen via Nordmeer. Da könnte beinahe der Eindruck aufkommen, die Folgen dieser Entwicklung seien kontrollierbar. Dabei hat die Geschichte des Rohstoffabbaus im industriellen Zeitalter deutlich gemacht, daß die Zerstörung von Lebensräumen und Vernichtung von Überlebensvoraussetzungen Teil des Kalküls jener Interessen sind, die von dem sogenannten technologischen Fortschritt profitieren. Die Arktis gilt als ökologisch extrem sensibel, jede Umweltverschmutzung - und zu denen wird es mit Sicherheit kommen - bleibt für lange Zeit erhalten.


Fußnoten:

[1] http://news.agu.org/press-release/new-study-finds-unprecedented-warmth-in-arctic/

25. Oktober 2013