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KLIMA/566: Methanemissionen durch Fracking höher als angenommen? (SB)


Fehler im Meßgerät

Experte vermutet, daß bei der Erdgasförderung deutlich mehr Methan emittiert


Die Methanemissionen aus der Gasförderung der USA könnten deutlich höher ausfallen, als bei Messungen für die Umweltorganisation Environmental Defense Fund (EDF) festgestellt worden war. Das vermutet Touché Howard in einem Beitrag, der am 4. August im Journal "Energy Science & Engineering" [1] veröffentlicht wurde.

Im Jahr 2013 hatten Forscher der Universität Texas die Ergebnisse der ersten aus einer Serie von 16 Untersuchungen im Auftrag des EDF vorgestellt und berichtet, daß aus den von ihnen inspizierten 190 Anlagen, in denen Erdgas mit der Methode des Frackings gefördert wird, alles in allem keine größeren Mengen an Methan entweichen, als zuvor von der US-Umweltbehörde EPA angenommen wurde. [2]

Daran zweifelt Howard. Er war früher in der Gasbranche tätig, arbeitet heute als Berater und ist Patentinhaber eines Bestandteils eines rucksackgroßen Meßgeräts für Methanemissionen, den Bacharach Hi Flow Sampler, der mit Segen der EPA in den USA, aber auch weltweit bei vielen Messungen in industriellen Anlagen eingesetzt wird.

Das Gerät arbeitet mit zwei Sensoren. Sensor 1 sei für die geringen Methanemissionen zuständig und schalte automatisch auf Sensor 2 um, sollte die Methanmenge einen oberen Grenzwert überschreiten. Dieser Umschaltvorgang sei jedoch fehleranfällig, sofern das Gerät nicht regelmäßig sorgsam neu kalibriert werde. Der Benutzer habe dann nicht die Möglichkeit festzustellen, um wieviel höher der tatsächliche über dem gemessenen Wert liegt, so Howard laut der "New York Times". [3]

Nahezu alle Methanlecks, die von den Forschern aus Texas nachgewiesen wurden, könnten von diesem Meßfehler betroffen sein. Die Studie hat die Methanemissionen anscheinend systematisch unterschätzt, möglicherweise um den Faktor zehn oder gar hundert, befürchtet Howard. Dem hält Studienleiter Prof. David T. Allen entgegen, daß sie die Instrumente sehr genau überprüft und ihre Informationen vor Ort mit Hilfe verschiedener Meßinstrumente gewonnen hätten. Bei alternativen Messungen seien keine auffällig hohen Abweichungen festgestellt worden. Genau das behauptet jedoch Howard nach der Durchsicht der Studie.

Ihm zufolge hat er, bevor er seinen eigenen Bericht für ein Wissenschaftsjournal geschrieben hat, dem Environmental Defense Fund und Professor Allen seine Erkenntnisse zur Fehleranfälligkeit mitgeteilt. Aber sein Eindruck sei, daß er kurzerhand abgefertigt wurde. Dem widerspricht Allen. Howard sei nicht zur Zusammenarbeit bereit gewesen und habe es abgelehnt, über Fragen unter anderem zur Nichtveröffentlichung von Abmachungen und der Email-Kommunikation zu diskutieren.

Mark Brownstein, der die Methan-Arbeitsgruppe beim EDF leitet, hat Howards Bericht begrüßt. Sie freuten sich darüber, wenn ihre Berichte gelesen und diskutiert würden. Bei Untersuchungen von anderen Erdgaseinrichtungen in Texas seien ja durchaus höhere Werte, als sie die EPA gemessen habe, festgestellt worden. Der entscheidende Punkt sei doch, daß ihre Arbeiten zeigten, wie mit relativ kostengünstigen Maßnahmen die Methanemissionen deutlich verringert werden könnten, "wie hoch auch immer sie sind". Das Augenmerk sollte sich darauf richten, die Emissionen zu reduzieren, "ob sie nun hoch oder noch höher sind".

Das Werbeversprechen der Gasunternehmen, die Fracking betreiben, lautet, daß Erdgas deutlich emissionsärmer ist als beispielsweise Kohle. Dies wird zwar auch von Howard nicht in Frage gestellt, doch sollte sich seine Vermutung bestätigen, wären die Folgen für das Klima aufgrund der Fehleinschätzung doch beträchtlich. Zumal der energetische Aufwand, um Fracking betreiben zu können, sowieso sehr hoch ist. Das heißt, um das erdgashaltige Gestein in teils mehreren tausend Meter Tiefe wiederholt aufzubrechen und den Energieträger zu fördern, wird sehr viel Energie verbraucht. Auch dabei werden Emissionen freigesetzt, die, wie die Myriaden undichten Stellen der Erdgasinstallationen weltweit, zur globalen Erwärmung beitragen.


Fußnoten:

[1] http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ese3.81/epdf

[2] http://www.pnas.org/content/110/44/17768.full.pdf?with-ds=yes

[3] http://www.nytimes.com/2015/08/05/science/methane-leaks-may-greatly-exceed-estimates-report-says.html

6. August 2015


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