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RESSOURCEN/182: Die Erde schüttelt sich in Fracking-Regionen von Oklahoma (SB)


Gefrackt!

Stromausfall durch Erdgasindustrie


Etwas abzuschütteln, wenn es lästig ist, auf die Nerven geht oder gar wie ein Insekt zusticht, ist eine ganz normale Reaktion von Mensch und Tier. Aber der Erde würde man das eigentlich nicht attestieren, auch wenn schon mal der Eindruck aufkommen kann, daß sie ähnlich empfindet. Beispielsweise in Oklahoma, einem Bundesstaat der USA. Dort schüttelt sie sich inzwischen jeden Tag, seitdem angefangen wurde, Löcher in den Untergrund zu bohren und mit diversen Chemikalien verseuchtes Schmutzwasser hineinzupressen, um es billig loszuwerden.

Wurden in Oklahoma zwischen 1978 und 2008 nur zwei Erdbeben der Stärke 3,0 oder höher pro JAHR registriert, sind es inzwischen phasenweise mehrere solcher Erdbeben pro TAG - eine Steigerung um mehrere tausend Prozent! Der Geologische Dienst der USA (USGS, United States Geological Survey) vermutete schon vor zwei Jahren, daß die Erdbebenzunahme nicht natürlichen Ursprungs ist, sondern durch das Einpressen von Brauchwasser aus der Erdöl- und Erdgasindustrie ausgelöst wurde. [1]

Am 29. Dezember erreichte ein Beben, dessen Epizentrum rund acht Kilometer nordöstlich der 81.000-Einwohner-Stadt Edmond lag, eine Stärke von 4,3; zehn Minuten später folgte ein etwas schwächeres Beben der Stärke 3,4. Den Behörden Edmonds zufolge fiel die elektrische Stromversorgung für rund 4400 Privathäuser und Geschäfte vorübergehend aus. Menschen kamen anscheinend nicht zu Schaden, meldete die US-Website Christian Science Monitor (CSM). [2] (Auch am 30. und 31. Dezember traten nahe Edmond Erdbeben der Stärke 2,5 bzw. 3,0 auf.)

Man kommt kaum umhin, dem Vorfall eine gewisse Ironie zu attestieren. Denn der Kollaps der Energieversorgung hat ausgerechnet mit der Gewinnung von Energie zu tun! Laut CSM halten es die Expertinnen und Experten des Geologischen Dienstes von Oklahoma für "sehr wahrscheinlich", daß die extreme Zunahme der Erdbebenhäufigkeit auf das Verpressen von Brauchwasser aus der Erdgasförderung mittels Fracking (hydraulische Frakturierung) zurückgeht.

Oklahoma und andere US-Bundesstaaten verfügen über größere Reserven an Erdgas, das nicht als Blase im Untergrund vorliegt, die nur angestochen werden müßte, sondern sich über zahllose Poren, Risse und sonstige Einschlüsse verteilt. Damit das Gas zusammenströmen und gefördert werden kann, wird das Gestein, nachdem es angebohrt wurde, mittels eines unter hohem Druck eingepreßten Gemischs aus Wasser, Sand und Chemikalien regelrecht aufgebrochen. Teilweise wird dieses Gemisch aufbereitet und wiederverwendet, aber ein Teil wird auch "entsorgt". Um sich die aufwendigen Reinigungskosten zu sparen, verpressen die Unternehmen das Brauchwasser in erschöpften oder in eigens zu diesem Zweck angelegten Bohrlöchern.

Das sorgt inzwischen regelmäßig für Beben, wobei man sich das nicht so vorzustellen hat, daß an Punkt A verpreßt wird und sofort an Punkt B ein Erdbeben entsteht. Eher handelt es sich um eine extrem auffällige statistische Häufung zeitlicher Ereignisse sowie eine relative geographische Nähe zwischen Bohrloch und Bebenzentrum, wie die "Erdbebenkarte" der Bundesbehörde von Oklahoma zeigt. [3]

Wobei der Druck an sich, der beim Verpressen von Brauchwasser ausgeübt wird, wahrscheinlich gar nicht reichen würde, um Gesteinsmassen, wie sie hier beteiligt sein können, in Bewegung zu versetzen. Aber der Druck kann kleinere Bewegungen von Gestein auslösen, wodurch dann größere Massen in Schwung versetzt werden, was an der Erdoberfläche den Eindruck erweckt, daß sich die Erde ob der mechanischen Injektion des mit diversen chemischen Hilfsmitteln angereicherten Brauchwassers schüttelt.

Auch in Deutschland wurde der Weg freigemacht, damit unter bestimmten Auflagen der Untergrund zwecks Gasförderung aufgebrochen werden kann. Zur Zeit führen verschiedene Unternehmen in sogenannten Aufsuchungsgebieten Erkundungen durch. Ob eines Tages auch in Deutschland im größeren Maßstab Fracking zum Einsatz kommt, hängt jedoch weniger von den politischen Vorgaben als vielmehr von den Weltmarktpreisen für Erdöl und Erdgas ab. Die sind zur Zeit so niedrig, daß sich Fracking nicht lohnt.


Fußnoten:

[1] http://earthquake.usgs.gov/contactus/golden/newsrelease_05022014.php

[2] http://www.csmonitor.com/Science/2015/1229/Strong-Oklahoma-earthquake-knocks-out-power-to-4-400-homes

[3] http://earthquakes.ok.gov/what-we-know/earthquake-map/

31. Dezember 2015


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