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BERICHT/018: Stark in der Not - Inselsozialismus kreativ - Mit vereinten Kräften kubanische Landkrabben schützen (SB)


Umwelt und Nachhaltigkeit in Kuba - Erfahrungen, Perspektiven und RIO+20

Ideen zum Schutz unbeirrbarer Kletterer

Ein ehrenamtliches Projekt des NABU-Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem Biosphärenreservat Zapata

Kubanische Landkrabbe in kontrastreicher Färbung - Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Starke Präsenz
Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Auto und sind auf der einzigen Straße weit und breit unterwegs von A nach B. Vor Ihnen bewegt sich etwas, Sie weichen aus. Es ist ein kleines Tier. Schon befindet es sich hinter Ihnen. Plötzlich taucht ein weiteres auf und dann noch eines. Sie halten an, steigen aus und blicken hinunter auf den Asphalt. Da hockt so ein Kerl auf den Hinterbeinen und reckt Ihnen drohend seine Scheren entgegen. Das Gesicht, das Ihnen entgegenblickt, zeigt volle Kriegsbemalung. Sie halten inne, sehen genauer hin. Ihr Blick trifft nicht ins Leere. Respektvoll weichen Sie zurück. Der kleine Krieger senkt die Waffen, wendet Ihnen den Rücken zu und zieht seiner Wege. Vielleicht hat diese Begegnung so nie stattgefunden, aber denkbar wäre sie...

Sie steigen in den Wagen, fahren weiter. Die Zahl der querenden Geschöpfe nimmt zu, nun befinden diese sich vor und hinter Ihnen. Was tun Sie? Schließlich ist es die einzige Straße. Wenden Sie und fahren Sie zurück? Steigen Sie aus und fangen an zu schreien? Um die Tiere zu vertreiben oder aus Verzweiflung über die aussichtslose Lage? Viel wahrscheinlicher ist es in dieser Situation, daß Sie - wenn auch mit schlechtem Gefühl - weiterfahren. Sie senken den Kopf und fahren durch. Die Fahrgeräusche übertönen das Knacken und den lautlosen Schrei der gequälten und sterbenden Tiere.

Eine solche Straße führt an der kubanischen Südküste entlang durch das Sumpfland der Halbinsel Zapata von der Ortschaft Playa Girón nach Playa Larga. Ihre ursprüngliche militärische Bedeutung mag sie zwar nicht verloren haben - schließlich liegt hier die berühmte 'Schweinebucht', in der eine von den USA initiierte Invasion von Exilkubanern zum Sturz der Regierung Castro 1961 binnen drei Tagen scheiterte -, dennoch dient sie mittlerweile als wichtige Verbindungslinie in wachsendem Maße dem Transport von Waren und Touristen und nicht zuletzt dem Zivilschutz.

Landkarte der Halbinsel Zapata mit Nationalpark, Ortschaften, Straßen und Grenze des Biosphärenreservats - Graphik: © 2012 by Schattenblick [1]

Graphik: © 2012 by Schattenblick [1]

Vor ihrem Bau schnitt, trotz der jahrhundertewährenden, kolonialen Zerstörung des kubanischen Waldes, ein reich bevölkerter, vom Menschen fast unberührter Mangrovensumpf Küste und Strand vom Hinterland ab. Teilweise reicht die Vegetation heute noch direkt bis ans Meer. Zapata beherbergt das größte in der Karibik gelegene Feuchtgebiet mit einer Vielzahl unterschiedlicher Ökosysteme. Ein Teil wurde 1961 bereits nach Infrastruktur- und Wiederaufforstungsarbeiten als Nationalpark (Parque National) ausgewiesen, der Sumpf teilweise trockengelegt. Das heißt, dieser Teil Zapatas steht unter Schutz, wird jedoch auch öffentlich genutzt, im wesentlichen für touristische Zwecke und im Rahmen der Umweltbildung. Weite Bereiche des Nationalparks sind nur in Begleitung eines Führers zu begehen. Abgesehen davon ist die Halbinsel seit 2000 UNESCO-Biosphärenreservat und erhielt im Jahr 2001 die Anerkennung als Ramsar-Feuchtgebiet; die Aufnahme ins UNESCO-Weltnaturerbe ist beantragt. Einzelne Regionen sind zudem aufgrund ihrer besonderen Flora, Fauna oder Landschaft als gesetzlich geschützte Biotope (Reserva floristica, Refugio de fauna) oder Naturdenkmal (Elemento natural destacado) ausgewiesen.

Der Bau der für die Menschen in der Region unverzichtbaren Straße durch dieses artenreiche Gebiet brachte ein Problem mit sich, das so einfach nicht zu lösen ist: Ein Millionenheer von Landkrabben macht sich im Frühjahr zur Paarung und zur Eiablage aus den Höhlungen des Sumpflandes auf den Weg ans Meer. Quer über die Straße. Weder ihre Panzerung noch ihre große Zahl vermag gegen die Fahrzeuge, die sich auf der für sie unabwendbar zu passierenden Straße bewegen, etwas auszurichten. In den vergangenen Jahren starben auf ihrem Zug zum Meer und zurück jährlich etwa dreieinhalb Millionen Landkrabben. Im Herbst machen sich dann die Jungkrabben auf den gleichen beschwerlichen Weg vom Meer in den Wald.

Über dieses Problem und über einen von deutscher sowie kubanischer Seite so engagierten wie vielversprechenden Lösungsansatz berichtete auf der Podiumsdiskussion "Umwelt und Nachhaltigkeit in Kuba - Erfahrungen, Perspektiven und RIO+20", Reinhard Baier, der Verantwortliche für die Feldherpetologie des NABU in Brandenburg.

Einleitend bezog er sich zunächst auf die Erläuterungen seines Vorredners, des ecuadorianischen Botschafters Jurado, zum Konzept 'Buen vivir', das in der Verfassung Ecuadors verankert ist, und zum dieser Auffassung zufolge zu verteidigenden Recht auch derjenigen, die im Konflikt mit dem Menschen keine Stimme haben. Das vorgestellte Projekt sei ein passendes Beispiel für die Konfliktlage zwischen Mensch und Tier. Es geht um ein Tier, das wie oben beschrieben, im sprichwörtlichsten Sinne vom Menschen überrollt wird und dem die Möglichkeiten fehlen, sich nachhaltig, d.h. in diesem Falle wirksam und abschließend, zur Wehr zu setzen oder wenigstens der Gefahr zu entziehen.

Reinhard Baier im Porträt, aufgenommen auf der Veranstaltung - Foto: © 2012 by Schattenblick

Reinhard Baier vom NABU-Brandenburg
Foto: © 2012 by Schattenblick

Wie schon seit Jahrhunderten üblich, so Reinhard Baier, wollten die Krabben den Weg zum Meer zurücklegen, und die Straße störe dabei. Da dieser Konflikt recht ungleich ausgetragen werde, habe das aufgrund des wachsenden Verkehrsaufkommens jedes Jahr etwa 3,5 Millionen überfahrene Tiere zur Folge. Das sei der Ausgangswert zu Beginn ihrer Aktivitäten auf Kuba gewesen. Inzwischen, fünf Jahre später, habe die Menge verkehrstoter Tiere schon erheblich abgenommen. Dabei gehe es nicht nur um ein Millionenheer äußerst zielstrebiger Tiere, sondern um eine Strecke von etwa 38 Kilometern Küstenstraße. Mit Hilfe einer Reihe projizierter Bilder erhielten die Teilnehmer einen knappen Einblick zur Charakterisierung der betroffenen Protagonisten: Zwei verschiedene Arten aus der Familie der Landkrabben, kräftige Kletterspezialisten und absolut unbeirrbar. Kein Hindernis scheine ihnen zu schwierig zu sein, darüber hinaus seien sie auch noch recht streitlustig. Die Tiere - Männchen wie Weibchen - legen enorme Strecken vom Wald über jedes nur denkbare Hindernis (auch Häuser) Richtung Küste zur Laichablage zurück. Die Befruchtung erfolgt zwar im Wasser, aber im Uferbereich, denn schwimmen können sie nicht. Geraten sie in tiefes Wasser, ertrinken sie. Der Laich, einmal abgelegt, verbleibt in der Brandung und fällt zum Teil den Fischen zum Opfer, bis sich die Jungtiere auf den Weg ans Land machen.

Drei Jungkrabben in einer Hand - Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Krabbenkinder
Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Auch für den Menschen bleibe die Begegnung nicht immer folgenlos. Denn die feinen Chitinteile des berstenden Panzers der Tiere - sie erreichen eine Größe von bis zu 40 cm - zerstören so manchen Autoreifen. Zudem sei der Anblick Hunderter überfahrener Tiere vielleicht nicht unbedingt förderlich für den Tourismus, den man plane weiter auszubauen. Als weit bedenklicher jedoch bezeichnete Reinhard Baier die ökologischen Folgen, die ein starker Rückgang des Bestandes nach sich ziehen könnte. Der Wald in diesem Gebiet stocke auf Korallenriff mit wenigen Zentimetern Bodenkrume. Die Krabben erfüllten dort eine ähnliche Funktion wie bei uns die Regenwürmer und spielten damit eine entscheidende Rolle für den Erhalt des Ökosystems Mangrovenwald. Organisches Material, das sie auf dem Boden vorfinden, ziehen sie mit sich in die Höhlungen des Untergrundes, fressen es, und ihre Ausscheidungen kommen dann wiederum dem Boden zugute. Um diesen für den Wald überlebenswichtigen Stoffwechsel zu garantieren, sei jedoch eine große Anzahl von Krabben vonnöten. Auch den Laichvorgang schilderte der Referent als wichtige Ökosystemfunktion. Dieser biete den Meeresfischen im Frühjahr reichlich Nahrung, die dann wiederum dem Menschen als Nahrungsquelle dienten.

Über die im Publikum anwesende Initiatorin des Projekts, Evamaria Wagner, erzählte er, sie sei unter dem Eindruck der sterbenden Tiere beim Biosphärenreservat vorstellig geworden und habe mit dem Gedanken an deutsche Amphibienzäune und -tunnel nachgefragt, warum das denn nicht zu ändern sei. Die Frage, was man denn tun könne, war allerdings so einfach nicht zu beantworten. Denkbare Möglichkeiten wie die Reduzierung der Fahrten auf den besonders betroffenen Abschnitten oder auf die sonnenintensive Mittagszeit, wenn die Tiere eher den Schatten suchen und in geringerer Zahl wandern, waren bereits getestet worden und hatten sich als wenig erfolgreich herausgestellt. Was blieb, war die Sorge um Tier und Wald und der Wunsch 'nach einer dauerhaften Lösung des Problems zugunsten beider Seiten.'[2] In Brandenburg entstand daraufhin eine Projektgruppe, die sich in Zusammenarbeit mit den Kubanern an die Arbeit machte, um entsprechende Ansätze zu entwickeln, und sich einige Zeit später an den NABU wandte.

Um das Ausmaß des Ganzen zu illustrieren, erklärte Reinhard Baier: Stelle man insgesamt 100 Amphibienzäune in Brandenburg auf, sei das schon viel, im Falle der kubanischen Küstenstraße handele es sich jedoch um eine zu erfassende Strecke von 38 Kilometern. Mit anderen Worten: Mit 100 Zäunen kommt man hier - einmal abgesehen davon, daß die Krabben jeden Amphibienzaun mühelos überklettern können - nicht weit. Zur logistischen Herausforderung kommt eine finanzielle dazu. Auch die Menschen vor Ort von den eigenen Vorstellungen zu überzeugen, sei nicht immer einfach gewesen. Man wolle jedoch mit dem Projekt keinesfalls unterstellen, daß Kuba allein nicht in der Lage gewesen wäre, eine Lösung für das Problem zu finden. Aber wer von weither komme, werde in der Regel eher angehört. Ihre Anwesenheit dort hätte das Interesse von Radio und Presse geweckt, während die Hinweise der Kubaner selbst auf weniger Resonanz gestoßen seien. So sei eine Zusammenarbeit wie diese durchaus manchmal sinnvoll.

2007 waren zwei Mitglieder der Brandenburger Projektgruppe in Kuba zu ersten Erkundungsarbeiten. Man plante in Kooperation mit den kubanischen Verantwortlichen ein Leit- und Tunnelsystem, mit dessen Hilfe die Tiere sicher auf die andere Straßenseite gelangen sollten. Das heißt, ein genauerer Einblick in die Verhältnisse vor Ort und in die Lebensweise und Vorlieben der zu Schützenden war vonnöten, um das Ganze für sie verlockend genug zu gestalten. Viele Einzelheiten, wie Temperatur und Feuchte, bei der sich die Tiere wohlfühlen, waren mitzubedenken. Schließlich wollte man keine Riesenanlage bauen, die von Tieren einfach überklettert würde oder an der sie entlangwanderten, um am Ende dann doch den Weg über die Straße zu nehmen.

Frisch gebaute Leiteinrichtung mit seitlich gelegenem Tunneleinschnitt - Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Anlage vor dem Ansturm
Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

2010 wurde der Bau einer Pilotanlage in Angriff genommen, der im Frühjahr 2011 zum Abschluß gebracht werden konnte. Eine zusätzliche Herausforderung bildete der Untergrund, die Tunnelanlage mußte in hartes Korallengestein gefräst und gehämmert werden. Nun ist die Leiteinrichtung etwa 300 Meter lang mit zwei Probetunneln im Abstand von 100 Metern - über eine längere Strecke lassen sich die Tiere nicht umleiten. Zunächst sollte das Bauwerk die Frage beantworten helfen, wie sich die Tiere einer solchen Anlage gegenüber verhalten. Das Konzept erwies sich als genau richtig, an dieser Stelle fallen nun weit weniger Tiere dem Verkehr zum Opfer. Zwischen dem 'Erstkontakt' im Jahr 2004, über die genaueren Erkundungen 2007 bis zum Baubeginn 2010 sind einige Jahre ins Land gegangen, die Reinhard Baier zum einen mit technischen und Koordinationsproblemen bei der Materialbeschaffung, unerwarteten Herausforderungen sowie den auf der Insel regelmäßig auftretenden tropischen (Wirbel)stürmen erklärte.

Letzteres mag zwar hierzulande gerade noch bekannt sein, daß die Menschen in Kuba die Hälfte des Jahres über mit diesen - durch den Klimawandel auch noch zunehmenden - Naturkatastrophen rechnen müssen, schon weniger. Vom 1. Juni bis 30. November ist Hurrikansaison in Kuba, das heißt, je nach Wetterlage ist ein Teil der verfügbaren Kräfte in Katastrophenvorsorge, -schutz und -einsatz gebunden. Evakuierung, Rettungsarbeiten und Wiederaufbau verlangen regelmäßig logistische Meisterleistungen eines Landes, das durch die von den USA verhängte Blockade erhebliche Härten und Engpässe in Kauf zu nehmen gezwungen ist. Wenn auch gerade in Kuba die Zahl der Verunglückten durch die ergriffenen Maßnahmen sehr gering gehalten wird, kann jeder Hurrikan über diesen Verlust hinaus materielle Schäden mit sich bringen, die so einfach nicht zu kompensieren sind. Im Jahr 2008 verursachten die Hurrikans Ike und Gustav im Abstand von einer Woche Schäden, die mit mehr als 5 Mrd. US-Dollar beziffert werden.[3] Von den ideellen Schäden ganz zu schweigen. Die Interessen der Krabbenpopulation wie der Erhalt des Waldes stehen dann für eine gewisse Zeit zurück, was nicht heißen soll, daß man in Kuba anderer Meinung über die Bedeutung des Waldes als Lebensraum und für das Klima wäre.[4]

Derzeit sind die Beteiligten dabei, die Erkenntnisse der ersten Phase und die notwendigen technischen Verbesserungen zusammen mit den kubanischen Partnern auf einer etwas längeren Strecke umsetzen. Auch im Vergleich zu den Verhältnissen in Deutschland handele es sich, so der Referent, um ein Großbauwerk. Wichtig sei es, die bislang erprobte Lösung so zu verbessern und zu vereinfachen, daß Material verwendet werden könne, das auf Kuba in großer Menge vorhanden ist und nicht anderweitig benötigt wird. Angedacht auf längere Sicht sei die Erfassung von 10 bis 15 der 38 betroffenen Straßenkilometer. Und es sei etwas ganz Besonderes, meinte er, daß in diesem Falle Bevölkerung, Naturschützer und Behörden das Interesse an diesem Projekt teilten. Die Kosten werden sowohl von deutscher als auch kubanischer Seite getragen, Kuba zahlt inzwischen etwas mehr als die Hälfte. Eine deutsche Stiftung ist beteiligt, für die weitere Sicherung des Projekts seien Sponsoren noch willkommen. Reinhard Baier erwähnte zudem, daß dieses Problem nicht spezifisch für Kuba sei, sondern vergleichbare Krabbenwanderungen beispielsweise auch im Süden der USA und auf den Weihnachtsinseln vor Australien aufträten. Die australischen Versuche mit mobilen Zäunen seien sehr material- und personalaufwendig.

Krabbe auf Korallengestein vor sonnigem Himmel - Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Kletterkünstler
Foto: © S. Leber/NABU-Brandenburg

Nach seiner Meinung zu den Aussichten des anstehenden Rio+20-Gipfels gefragt, äußerte sich Reinhard Baier eher pessimistisch. Wichtige Fragen, wie die des Wachstums, seien nicht gelöst, auch nicht die, ob man sich in dieser Hinsicht vielleicht auf die Position der lateinamerikanischen Staaten zubewegen werde. Wahrscheinlich werde man auf dem Gipfel lediglich wieder versuchen, die Gegensätze zwischen Nord und Süd oder zwischen Ost und West zu manifestieren und das eine oder andere kleine Zugeständnis machen, um den Anschein einer Weiterentwicklung zu erwecken. An den Grundsatzproblemen werde sich nichts ändern. Das sei jedoch Voraussetzung, um die Weltprobleme in den Griff zu bekommen. Ein wenig Hoffnung bestehe für ihn noch darin, daß die Menschen doch manchmal etwas mehr nachdächten, als es den Anschein habe. Allerdings sei der Drang danach, möglichst viel in möglichst kürzester Zeit zu verdienen, vielleicht in der letzten Zeit noch stärker geworden. Für ihn als Naturschützer sei es natürlich deprimierend mit anzusehen, daß der Naturschutz - der ja eigentlich kein Selbstzweck sei, sondern auch die Verhältnisse der Menschen untereinander regeln solle - zu einer Position verkomme, die Ressourcen allein unter Nutzungsaspekten erhalten wolle, mit dem Gedanken beispielsweise, daß vielleicht noch irgendwo ein Medikament dabei sein könnte. Für ihn stellten sich aus diesen Gründen die Aussichten als nicht so rosig dar.

Abschließend ließe sich sagen, daß Kuba durch seine unmittelbare Betroffenheit, sein Engagement und die Erfolge, die es ohne Frage vorzuweisen hat, ein anregendes und mutmachendes Beispiel für die Verhandlungen auf dem derzeit tagenden Rio+20-Gipfel darstellen könnte. Das im dritten Vortrag dieses Abends zum Thema "Umwelt und Nachhaltigkeit in CUBA - Erfahrungen, Perspektiven und RIO+20" vorgestellte Projekt zum Schutz der Landkrabben könnte man in diesem Zusammenhang als ein winziges Mosaiksteinchen sehen, dessen Bedeutung man erst dann richtig spürt, wenn es fehlt. Macht man sich klar, wieviel Arbeit und ehrenamtliches Engagement bereits in diesen deutsch-kubanischen Kooperationsprojekt steckt, vermag man vielleicht das Ausmaß der Aktivitäten erahnen, die das Land in diesem Bereich insgesamt entfaltet. Wie allerdings die bereits vorliegende Rio+20-Abschlußerklärung vermuten läßt, besteht daran wohl wenig Interesse in den westlichen Staaten.


Fußnoten:

- Schweinebucht: Der spanische Name Bahia de cochinos bezieht sich eigentlich nicht auf Schweine, sondern auf den gleichlautenden Namen eines Fischs (cochino: Drückerfisch).
- Herpetologie: Lehre über die Amphibien (Lurche) und Reptilien (Kriechtiere) / Feldherpetologie: entsprechende Feldforschung (d.h. Studien zu Verbreitung, Biologie und Schutz der Amphibien und Reptilien in deren natürlichem Lebensraum)

[1] Quelle siehe www.parks.it/world/CU/pn.cienaga.de.zapata/Emapl.html
[2] http://brandenburg.nabu.de/imperia/md/content/brandenburg2/1.pdf
[3] Während durch Ike sieben Menschen in Kuba ihr Leben verloren, forderte Gustav, der als der schwerste Hurrikan in Kuba seit 1956 beschrieben wurde, den Berichten zufolge kein Menschenleben. (www.cubahurricanes.org/history-hurricane-ike.php)
[4] Die Insel war vor Einfall der Konquistadoren zu mehr als 90% von Wäldern bedeckt. Zum Zeitpunkt des Sieges der kubanischen Revolution und der Übernahme der Regierungsgewalt durch Fidel Castro 1959 waren aufgrund der rücksichtslosen kolonialen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Kubas nur noch 14% der Insel bewaldet, heute sind es nach Aufforstungsbemühungen etwa 22%. Die jüngsten Planungen haben eine Wiederaufforstung auf 27% bis zum Jahr 2015 zum Ziel. (Quellen: 'Naturschutz und Schutzgebiete auf Kuba', edoc.ub.uni-muenchen.de/3113/1/Hasdenteufel_Peter.pdf / Republic of Cuba - Country report: Forestry outlook study for the Caribbean, http://www.fao.org/docrep/003/x6689e/X6689E12.htm)

Literatur:
Naturmagazin, NABU Brandenburg:
http://brandenburg.nabu.de/imperia/md/content/brandenburg2/1.pdf
http://brandenburg.nabu.de/imperia/md/content/brandenburg/2.pdf
http://brandenburg.nabu.de/imperia/md/content/brandenburg2/kubakrabben_artikel_nmg_2011.pdf

weitere Informationen zum Stand des Krabbenprojekts:
www.brandenburg.nabu.de/projekte/kubakrabben/

weitere Berichte zur Podiumsdiskussion "Umwelt und Nachhaltigkeit in Kuba - Erfahrungen, Perspektiven und RIO+20":
siehe Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → REPORT:
BERICHT/015: Stark in der Not - Inselsozialismus kreativ - Kubas Ergebnisse (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0015.html
INTERVIEW/016: Stark in der Not - Inselsozialismus kreativ - Prof. Dr. María Cristina Muñoz Pérez (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0016.html
BERICHT/017: Stark in der Not - Rio+20 angeregt - Ecuador als Beispiel für Nachhaltigkeit (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0017.html

20. Juni 2012