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INTERVIEW/128: Fracking nein danke - viele Fragen ... Hannes Luck und Fabian Czerwinski von der BI Erdöl Barth im Gespräch (SB)


Mecklenburg-Vorpommern - das Erdölland von morgen?

Demonstration am 24. Mai 2014 gegen die Förderung von Erdöl in Saal, Mecklenburg-Vorpommern

Hannes Luck und Fabian Czerwinski über den Aufbau einer Bürgerinitiative und viele offene Fragen im Zusammenhang mit einer geplanten Erdölförderung in unmittelbarer Nachbarschaft des Barther Boddens



Schon zu DDR-Zeiten wurde in Mecklenburg-Vorpommern Erdöl gefördert, ohne daß die Umwelt geschädigt worden sei, lautet eines der Argumente, die den Kritikern des Vorhabens, die Erdölförderung wieder in einem größeren Umfang aufzunehmen, entgegengehalten wird. So einleuchtend diese Erklärung auf den ersten Blick auch erscheinen mag, greift sie doch weitgehend ins Leere. Entscheidende Sachverhalte haben sich von damals zu heute verändert oder sind anders zu bewerten:

- Es sind nicht die gleichen Menschen von den potentiellen Umweltgefahren der Erdölförderung betroffen, sondern eine neue Generation junger Menschen, denen man das Anrecht nicht absprechen kann, eine andere Einstellung zur Erdölförderung zu haben als "die Alten".

- Es werden nicht die alten, sondern neue Bohrlöcher an anderen Standorten abgeteuft. Es ist fachlich nicht ratsam anzunehmen, daß sich alle Bohrlöcher gleich verhalten.

- Es werden größere Tiefen angestochen als einst.

- Die Bohrung verläuft nicht nur vertikal, sondern wird in der Tiefe horizontal umgelenkt.

- Die Erdölförderung wird von keinem staatseigenem Unternehmen, sondern dem europäischen Ableger eines kanadischen Unternehmens betrieben, das die Absicht verfolgt, Profit zu erwirtschaften.

- Die Erdölförderung findet in einem ganz anderen gesellschaftlichen Kontext statt. Zu DDR-Zeiten wurde von oben verordnet. Das föderale System der Bundesrepublik Deutschland funktioniert anders, und sollte das hoch umstrittene Bergrecht, das so gar nicht mehr zu einer modernen Demokratie paßt, reformiert werden, gäbe es bei einer dermaßen wichtigen Frage, ob in einer Region Erdöl gefördert werden soll oder nicht, auch eine stärkere Bürgerbeteiligung, die ihren Namen verdient. (Nebenbei bemerkt: Es ist schon seltsam, daß die DDR in fast allem und überall verunglimpft wird, aber ausgerechnet an dieser einen Stelle von den Befürwortern der Erdölförderung als positives Beispiel angeführt wird.)

Das vorweggeschickt veröffentlichen wir im folgenden ein Interview, das der Schattenblick am 24. Mai 2014 im Anschluß an eine Demonstration gegen die Erdölförderung am Rande des Bohrplatzes bei dem Ort Saal mit Hannes Luck und Fabian Czerwinski, beides Mitglieder der BI Erdöl Barth und Organisatoren der Demo, geführt hat. [Einen Bericht zur Demo und weitere Interviews mit Hintergründen zur Erdölförderung siehe unten.]

Mit Mikrophon bei der Ansprache - Foto: © 2014 by Schattenblick Mit Mikrophon bei einer Rede - Foto: © 2014 by Schattenblick

links: Fabian Czerwinski, BI Erdöl Barth
Foto: © 2014 by Schattenblick
rechts: Hannes Luck, BI Erdöl Barth
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick (SB): Das Unternehmen CEP, Central European Petroleum, behauptet, hier werde kein Fracking, sondern hydraulische Stimulierung eingesetzt. Womit begründet das Unternehmen dies?

Hannes Luck (HL): Unter anderem damit, daß der Begriff "hydraulische Stimulierung" auch früher schon in Deutschland verwendet wurde. Wenn man sie darauf anspricht und sagt, daß die Fracking-Methode doch die gleiche ist, dann wird klar, daß sie diesen Begriff nicht benutzen wollen, weil es ihrer Meinung nach einen Unterschied macht, daß das Erdöl nicht in Schiefergestein vorliegt. Natürlich wollen sie sich mit diesem Begriff von der Methode des Frackings distanzieren.

Fabian Czerwinski (FC): Wenn ich einmal ergänzen darf, um das Technische aufzuklären: Es wird gesagt, daß nur um die Bohrung herum die Verdichtung des Gesteins aufgeweitet werden soll. Bei dieser Begründung sind wir stutzig geworden. Jene Verdichtung reicht vielleicht drei bis fünf Meter tief ins Gestein, aber die ganze Stimulierungsmaßnahme erstreckt sich 70 Meter radial um die Bohrung herum!

SB: Was weiß man von dem geologischen Untergrund unterhalb der Salzschicht, die hier durchstoßen werden soll? Besteht die Möglichkeit, daß bei der Förderung dann auch Radionuklide an die Oberfläche gelangen, wie das auch in anderen Regionen beispielsweise in den USA beobachtet wurde?

HL: Laut CEP nein. Mehr weiß ich auch nicht.

FC: Ich kann dazu auch nichts sagen. Man kann sich die Bohrkerne anschauen, und ich kann mir schon vorstellen, daß das begutachtet wurde. Wir sind nicht qualifiziert, dazu etwas zu sagen.

SB: Hier am Ort hat sich inzwischen die Bürgerinitiative BI Erdöl Barth gebildet. Wann war das?

HL: Im Januar, nach einer Podiumsdiskussion.

SB: Wie viele Leute haben sich inzwischen darin eingefunden?

HL: Wir haben einen Mail-Verteiler eingerichtet. Ich weiß nicht genau, wie man diesen Kreis definieren soll, aber an dem Verteiler sind zur Zeit 50 Leute angeschlossen. Von denen sind einige mehr aktiv, andere weniger, so daß man sagen kann, daß in der BI 30 bis 50 Leute organisiert sind.

SB: Auf der Demo hat jemand aus einer Anti-Fracking-Initiative in Hessen gesprochen, die BI Uelzen war ebenfalls vertreten. Diente der heutige Tag auch dazu, sich weiter zu vernetzen?

HL: Definitiv. Wir haben Kontakte gesammelt, weil man ja auch von den Erfahrungen anderer lebt. Ich glaube, der Andy [1] aus Hessen kann uns da insbesondere im rechtlichen und naturschutzrechtlichen Bereich gute Tips geben.

FC: Wir sammeln Infos oder Wissen über die Tätigkeiten an der Bohrstelle und sind natürlich total bereit, anderen Bürgerinitiativen das Wissen, was wir uns hier erst durch Beobachtung holen müssen, zur Verfügung zu stellen.

Bürgerinnen und Bürger mit Protestschild 'Ölförderung 'Big Barth' nicht mit uns!' - Foto: © 2014 by Schattenblick

"Big Barth" wird das 160 Quadratkilometer große potentielle Ölfördergebiet nahe des Barther Boddens genannt.
Foto: © 2014 by Schattenblick

SB: Hier ist ja der Vorgang weiter fortgeschritten als beispielsweise in Schleswig-Holstein, wo sogenannte Aufsuchungsfelder ausgewiesen sind; dort werden gegenwärtig nur Unterlagen gesichtet. Welche rechtlichen Möglichkeiten gäbe es in Mecklenburg-Vorpommern noch, das Vorhaben zu verhindern?

HL: Den Frack selbst kann man wohl nicht mehr verhindern, aber später das generelle Genehmigungsverfahren für die reguläre Förderung, da besteht für mich der vielversprechendste Ansatz darin, auf die FFH-Gebiete [2] zu gucken, also das EU-Recht mit einzubeziehen und zu fragen, inwieweit das berücksichtigt wurde. Oder auch einfach nur zu sagen: Die Erdölförderung ist unvereinbar mit den FFH-Richtlinien. Vielleicht stößt man dabei auf verfahrensrechtliche Fehler, die man aufdecken kann, die das Ganze verzögern oder bewirken, daß zumindest die Grenzen der Aufsuchungsfelder neu abgesteckt werden müssen.

FC: Was ich persönlich noch als gute Chance ansehe, wäre eine Risikokalkulation. Es könnte ein Gutachten erstellt werden, das die Landschaftsökologie und die Risiken mit einbezieht. Das wäre auch als Argumentationsgrundlage wichtig, wenn man das Ganze dann hochskaliert und industriell erschließt.

HL: Das wäre dann auch eine Maßnahme innerhalb einer UVP, einer Umweltverträglichkeitsprüfung, aber die steht ja noch aus. Die wird von dem Unternehmen einfach nicht gemacht. Es müßten bestimmte Bedingungen erfüllt sein, damit sie eine UVP machen müssen, ansonsten lassen sie das.

SB: Wäre eine breitere öffentliche Unterstützung nützlich, damit es doch noch zu so einer Prüfung kommt?

HL: Die müßte man rechtlich erzwingen, aber die ist halt nur rechtlich vorgeschrieben, wenn gewisse Parameter erfüllt sind. Nach meiner Information zum Beispiel ab einer Fördermenge von 500 Tonnen Erdöl pro Tag. Aber diese 500 Tonnen, das steht jetzt schon fest, würde man erst im späteren Verlauf der Förderung erreichen. Bis dahin, sagen wir mal in fünf Jahren, ist keine UVP nötig.

SB: Wäre es nicht logisch, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht wird, noch bevor die Förderung beginnt?

HL: Ja klar, das wäre der logische Weg. Es gab sogar die Zusage vom CEP-Geschäftsführer, daß er auf jeden Fall eine UVP machen lassen wird.

FC: Diese Zusage hat Herr Schröter, der CEP-Geschäftsführer, am 30. April 2014 der Europaabgeordneten Rebecca Harms vor der Presse und vor Anwohnerinnen und Anwohnern gemacht. Er hat gesagt, daß sie bereit seien, auf jeden Fall für dieses Feld eine freiwillige Umweltverträglichkeitsprüfung zu veranlassen. Davon ist er abgewichen.

HL: Am vergangenen Dienstag war hier Tag der offenen Tür, da habe ich ihn gefragt, ob die Zusage noch gilt. Davon ist er dann deutlich abgerückt und hat gesagt, er würde nie auf die Idee kommen, das zu machen.

SB: Zu der heutigen Demonstration sind rund 220 Personen gekommen, teils aus dem Ort, teils der Region, teils von noch weiter her. Wie steht die Bevölkerung hier vor Ort zu der geplanten Förderung von Erdöl? Wie schätzt ihr den gegenwärtigen Anteil derjenigen ein, die das Projekt ablehnen?

FC: Zunächst einmal muß man dazu sagen, daß hier noch ein Aufklärungsprozeß stattfindet. Es werden Gespräche geführt, die auch noch weitergehen. Natürlich ist es nicht immer leicht, hier vor Ort gegen den vermeintlichen Mainstream zu arbeiten. Dafür braucht man viel Mut. Ich fand aber heute die Unterstützung in der Bevölkerung super.

HL: Ich würde es eigentlich auf 50:50 einschätzen. Ich habe gehört, daß CEP eine Forsa-Umfrage zu diesem Thema in Auftrag gegeben hat, und dabei kam offenbar heraus, daß 51 Prozent für und 49 Prozent gegen die Ölförderung waren. Ich habe die Umfrage nicht gelesen, es kommt ja immer auf die Fragestellung an, aber das wäre auch ungefähr meine Einschätzung.

SB: Wenn das hier geförderte Erdöl voraussichtlich nur für rund 16 Tage reicht, um den Bedarf in Deutschland abzudecken - warum machen die das überhaupt?

HL: Aus Profit.

FC: Es lohnt sich geldmäßig.

HL: Das ist die richtige Frage: Wenn man begründen will, warum man dagegen ist, darf man nicht immer nur fragen: Wieso nicht? Sondern man muß auch mal fragen, wieso eigentlich? Und wenn man dann darüber nachdenkt, kommt man eigentlich nur dazu zu sagen, weil es ein profitables Geschäft ist. Was anderes bleibt aus meiner Sicht nicht übrig. Wir werden damit nicht unsere Energiesicherheit in Deutschland sicherstellen und wir werden damit auch nicht Saal zum wirtschaftlichen Aufschwung verhelfen. Auch wenn das vielleicht die Darstellung des Unternehmens ist. Ich glaube, der wirtschaftliche Impuls wird sich in Grenzen halten. Es liegen dazu noch keine Zahlen vor, keiner kann Genaueres dazu sagen. Da wird immer mit Zahlen um sich geworfen, was da alles an Geld übrig bleibt und so weiter. Aber konkrete Zahlen, beispielsweise wie viele Arbeitsplätze entstehen, fehlen. Das ist einfach lächerlich.

FC: Aber trotzdem wird auf dieser sehr wackeligen Wirtschaftlichkeitsberechnung quasi von Stadt zu Stadt gezogen - CEP war schon in Grimmen, Stralsund, Ribnitz-Damgarten und auch in Saal - und hat erzählt, daß sie ihren Hauptfirmensitz möglicherweise dahin verlegen. Sie loten schon mal ein bißchen die Lage aus. Angesprochen auf die Frage, wenn sie ihren Hauptfirmensitz nicht bei uns einrichten, was denn dann noch an Einnahmen bliebe, lautete die Antwort: die Gewerbesteuer der Hotelübernachtungen derjenigen, die hier arbeiten. Das bricht also runter auf lächerliche Seitenargumente in dem ganzen Diskurs.

Rene Krüger (RK), ein Mitglied der örtlichen BI, wirft ein: Die "Hotellerie" steht dort vorne auf dem Parkplatz links, wenn man in das Bohrplatzgelände reinfährt. Da stehen die ganzen Camping-Wagen der Mitarbeiter. Wenn es das ist, woran wir unser Geld verdienen sollen, dann habe ich als Vermieter nichts davon.

Vorneweg zwei Demonstranten mit Plakat 'Stoppt neue Ölbohrungen!' - Foto: © 2014 by Schattenblick

Aufbruch der Demonstration
Foto: © 2014 by Schattenblick

SB: Wir haben heute verschiedenste Argumente gegen das Fracking-Vorhaben gehört. Was wäre das ausschlaggebendste?

HL: Also, hinsichtlich der Fracking-Diskussion möchte ich mich zurückhalten. Zum Risiko des Frackings will und kann ich nicht viel sagen. Das ist für mich im Moment nicht die Hauptdiskussion. Für mich ist einfach Thema: Wirtschaftlichkeit geht vor Umweltverträglichkeit. Das ist für mich der Kritikpunkt. Und dann brauche ich auch keine Zahlen, was das für einen wirtschaftlichen Impuls bringt, weil man die Wirtschaft auch einfach mal hinter andere Interessen stellen sollte. Und nicht immer nur umgekehrt.

FC: Ich finde, es ist schon ein wichtiges Argument, daß über drei Jahre lang nichts passiert ist in Deutschland und jetzt wird hier unter Laborbedingungen versucht, explorativ mal zu gucken, wie das irgendwie funktionieren würde. Das finde ich sehr kritisch, weil eben eine Risikorestabschätzung über 30 plus x Jahre so nicht existiert. Ein gutes Beispiel, wo etwas im gleichen Ausmaß mit der Fracking-Stimulierung stattgefunden hat, gibt es nicht. Deswegen bleiben da Risiken, die wir nicht abschätzen können. So lange das nicht geklärt ist, kann man das nicht starten.

SB: Ein Demonstrationsteilnehmer hat ein Schild mit der Aufschrift "Wir sind schuld!" hochgehalten. Hebt ihr auch auf die Beteiligung der Menschen bzw. auf die Lebensstilfrage der einzelnen ab?

FC: Ich persönlich stehe hinter einer Energiewende, die zu 100 Prozent Erneuerbaren führt. Nicht nur mittelfristig, sondern auch kurzfristig mit den Ressourcen, die möglich sind. Ich sehe natürlich auch, daß das ein Übergang ist, der stattfindet, und richte mein Leben schon ein bißchen danach aus. Mit allem, was halt möglich ist. So kann man im ländlichen Raum seine Mobilität nicht sicherstellen, ohne daß man nicht auch zu bestimmten Zeiten Auto fahren muß. Aber da gibt es natürlich im Alltag erprobte Praxen, mit Fahrgemeinschaften und so weiter.

HL: Das ist auch immer wieder ein Totschlagargument, mit dem man sich dann auseinandersetzen muß: Du fährst doch auch Auto oder so etwas oder: Du trägst doch auch Kleidung, die irgendwie auf Erdölbasis hergestellt wurde.

[Eine Frau, die zugehört hat, mischt sich ein: Aber die Kleidung, die trage ich auf, und mein Auto hält so lange, bis es wirklich von Rost zerfressen ist.]

HL: Genau, ich glaube, alle, die da irgendwie gegenüber der Erdölförderung kritisch eingestellt sind, versuchen ihren Lebensstil möglichst so auszurichten, daß er nicht so umweltschädlich ist. Es ist kein Argument, dann zu sagen, daß wir deswegen hier so ein kleines Ölfeld aufmachen müssen. Dazu besteht kein Zusammenhang. Weil erstens ist die Fördermenge so gering und zweitens: Wenn ich mich nicht dagegen engagieren dürfte, weil ich ein Mensch bin, was bliebe mir dann noch übrig? Wogegen könnte ich mich dann überhaupt noch engagieren?

Aber natürlich sind wir Teil des Problems. Wir sind Verursacher des Problems, aber man kann an dem Problem auch arbeiten, und da bringt es nichts, jetzt eine kleine neue Ölquelle zu erschließen.

Und ja, man muß auch Maßnahmen dagegen ergreifen, daß es überhaupt nötig ist, mit einem Auto herzukommen. Der Nahverkehr ist hier so schlecht, man hat nicht die Möglichkeit, hier am Wochenende mit dem Bus herzufahren. Ich hätte das gerne gemacht. Aber es geht halt einfach nicht und wenn man in beruflichen Verhältnissen steht, kann man nicht aus Rostock mit dem Fahrrad hierherfahren. Aber trotzdem will man ja dagegen kämpfen und zu Demonstrationen kommen. Und schon befindet man sich wieder in einem Zwiespalt. Aber so etwas benutzt nur jemand als Argument, der keine Argumente mehr hat.

SB: Wenn man das jetzt mit Amerika vergleicht, dann ist ein Bohrturm immer der Anfang von ganz vielen. Ist das hier auch geplant?

FC: Laut der CEP-Präsentation vor dem Landtagsausschuß wollen sie zwischen Barth, Ribnitz-Damgarten und Fischland sechs Bohrtürme errichten. Aber wieviele es tatsächlich werden sollen ...

HL: Am Tag der offenen Tür hat der Geschäftsführer auch schon von sieben bis zehn Bohrtürmen gesprochen. An der Präsentation, die er am vergangenen Dienstag hier gezeigt hat, waren wiederum sieben Bohrplätze eingezeichnet. Aber er spricht davon, daß es auch mehr werden könnten. Das wissen sie wohl selbst noch nicht genau. Es läuft ja noch im Testbetrieb.

SB: Bedeutet "Testbetrieb", daß sie eine Bohrung senkrecht machen und von da weiter in eine Richtung horizontal gehen? Bei der kommerziellen Förderung würden sie dann den Untergrund sternförmig abdecken oder nicht?

HL: Dann würden laut Aussagen von CEP von einer Vertikalbohrung zwei bis vier Horizontalbohrungen ausgehen. Das fand ich erstmal ziemlich wenig, muß ich sagen. An der Frage muß man dranbleiben und weiter gucken, ob das wirklich so ist. Ich weiß auch nicht, was technisch möglich ist, wieviele Bohrungen maximal von einer Stelle ausgehen können.

FC (schmunzelt): Ich bin mir gar nicht sicher, ob das am Gestein liegt oder am Diskurs ...

SB: Und wie oft muß man was reinpumpen? Wurde etwas darüber gesagt, wie oft der sogenannte Frackvorgang durchgeführt wird?

HL: Pro Horizontalbohrung circa zehnmal. So wird dann 150 Kubikmeter Flüssigkeit an unterschiedlichen Stellen dieser Horizontalbohrung in gewissen Abständen verwendet. Bei zehnmal 150 Kubikmeter für eine Horizontalbohrung kommen 1,5 Millionen Liter Flüssigkeit zusammen. Das ist schon eine beträchtliche Menge.

FC: Und die Horizontalbohrung in Saal ist noch relativ kurz. Die können auch noch länger werden.

HL: Richtig. Hier handelt es sich um eine relativ kurze Bohrung. Laut CEP beträgt die Bohrstrecke maximal zwei Kilometer in Richtung Hessenburg.

SB: Ich welcher Richtung liegt das?

[Hannes Luck zeigt nach Südosten.]

RK: Ins Trinkwasserschutzgebiet!

HL: Der Bodden liegt ebenfalls im Einzugsbereich. Sollten sie in diese Richtung bohren [er zeigt nach Westen], sind sie schon unter dem Bodden.

SB: Gibt es an anderen Orten in dieser Region ebenfalls bereits Bohrinstallationen, die sich in diesem Stadium des Baufortschritts befinden?

FC: Nein. CEP hat in Lütow und Pudagla auf Usedom Explorationsbohrungen abgeschlossen, aber noch keine Genehmigung für die Testförderung beantragt. Deshalb stehen dort keine Installationen. Das sind einfach Bohrplätze, wo nichts ist außer dem Druckhahn, der auf dem Bohrloch sitzt.

SB: Vielen Dank für das Gespräch.

Demo am Bohrplatz, Polizeiauto im Vordergund - Foto: © 2014 by Schattenblick

Gegen die Dominanz der Wirtschaflichkeit zu Lasten des Umweltschutzes.
Foto: © 2014 by Schattenblick


Fußnoten:

[1] Andy Gheorghiu (BI Fracking Freies Hessen und BI für ein lebenswertes Korbach)

[2] Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ist eine
Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union (EU).


Zur Anti-Fracking-Demonstration am 24. Mai in Saal sind bisher unter dem kategorischen Titel "Fracking nein danke" erschienen:

INFOPOOL → UMWELT → REPORT → BERICHT
BERICHT/074: Fracking nein danke - bohren, testen und zerbrechen (SB)
und
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → INTERVIEW
INTERVIEW/111: Fracking nein danke - vorbei an Mensch und Natur ... Wilfried Fischer im Gespräch (SB)
INTERVIEW/112: Fracking nein danke - und alle Teile des Problems ... Jörg Irion von der Bürgerbewegung Berlin im Gespräch (SB)

7. Juli 2014