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ATOM/206: Halbwertzeit - ungeregelte Zukunft ... (BBU)


Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V. - 10. März 2019

1400 demonstrierten Samstag in Ahaus / Weitere Aktionen am 8. Jahrestag der Fukushima-Katastrophe (11. März 2019)


(Bonn / Ahaus, 10.03.2018) Mit einer eindrucksvollen Demonstration haben am Samstag (9. März 2019) rund 1400 Menschen in Ahaus an die Fukushima-Katastrophe vor 8 Jahren in Ahaus erinnert. Gleichzeitig demonstrierten sie gegen jegliche Nutzung der Atomenergie und gegen weitere Castor-Atommüll-Transporte nach Ahaus. An der Demonstration beteiligten sich auch Landwirte aus Ahaus und Umgebung mit rund 80 Traktoren. Bei der Abschlusskundgebung bedankte sich Udo Buchholz vom Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz bei der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus", die schon seit Jahrzehnten gegen die Atommüll-Lagerung in Ahaus kämpft und immer wieder vor den Gefahren der Atomenergienutzung warnt. Zudem ging Buchholz in seiner Rede darauf ein, dass der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken unverantwortlich ist und dass auch die Uranfabriken in Gronau und Lingen gestoppt werden müssen.

Anlässlich des 8. Jahrestages des Beginns der Atomkatastrophe in Fukushima (Japan, 11. März 2011) fordert der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) den sofortigen Atomausstieg in der Bundesrepublik und auch international. Weiterhin ruft der Verband zur Teilnahme an einer der zahlreichen Protest- und Gedenkveranstaltung auf, die am Montag, also direkt am Jahrestag der Fukushimakatastrophe, vielerorts stattfinden. Der BBU betont, dass die wachsenden Atommüllberge unterstreichen, dass der Betrieb aller AKW und Uranfabriken unverzüglich gestoppt werden muss.

Für den BBU, in dem auch viele Anti-Atomkraft-Initiativen organisiert sind, ist es wichtig, dass die Katastrophe in Japan und ihre anhaltenden Folgen nicht in Vergessenheit geraten. Das innige Mitgefühl des BBU gilt den betroffenen Menschen in und um Fukushima und in ganz Japan.

Der BBU weist darauf hin, dass besonders Initiativen im Bereich von Atomanlagen und von Atommüll-Lagern mit vielfältigen Aktionen und Veranstaltungen an die Fukushima-Katastrophe erinnern und einen umfassenden Atomausstieg einfordern. Der BBU hält den Weiterbetrieb von AKW bis z. T. Ende 2022 für unverantwortlich und auch die sonstigen Atomanlagen wie die Uranfabriken in Gronau und Lingen müssen sofort stillgelegt werden.

Schwerpunktaktionen an Atomstandorten gab es ebenso wie am Samstag in Ahaus auch am Sonntag (10. März 2019) gegen den Weiterbetrieb des AKW in Neckarwestheim. Am Montag (11.3.) finden u. a. am Atomstandort Lingen und in Gronau (Standort Urananreicherungsanlage) sowie in Mosbach in der Nähe des AKW Obrigheim Mahnwachen statt.

Weitere Termininformationen (unvollständig) unter:
https://www.bbu-online.de/Termine/Termine.htm

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Pressemitteilung des Trägerkreises der Demonstration in Ahaus vom 9. März 2019

1.400 Menschen demonstrieren in Ahaus: Atommüll-Zwischenlager dürfen keine Endloslager werden!


Mit einem Demo-Zug durch die Ahauser Innenstadt und der Aufstellung von gelben X-en und schwarzen Fahnen am Zwischenlager Ahaus protestierten 1400 Menschen gegen die Zwischenlager-Politik der Bundesregierung und für einen sofortigen Atomausstieg.

Die Organisatoren der Demonstration fordern, geplante Castor-Transporte aus Garching und Jülich nach Ahaus zu stoppen und die Errichtung möglichst sicherer Zwischenlager an den beiden Standorten. Mit der Demonstration erinnerten sie außerdem an die Katastrophe von Fukushima, die vor 8 Jahren einmal mehr verdeutlich hat, dass die mit der Nutzung der Atomenergie verbundenen Risiken nicht beherrschbar sind. Neben solidarischen Grüßen an japanische AtomkraftgegnerInnen, drückten die DemonstrantInnen auch ihre Solidarität mit der russischen Umwelt-Organisation Ecodefense aus, deren Aktivist Vladimier Sliviak auf der Demo über jüngste russische Repressionen berichtete.

An der Demo beteiligten sich auch 80 Landwirte aus Ahaus und Umgebung mit ihren Traktoren.

"Aus Jülich sollen 152 Castoren mit Müll aus dem Versuchsreaktor AVR nach Ahaus kommen. Niemand weiß genau, was da drin ist, weil die Dokumentation Lücken aufweist", erklärt Marita Boslar vom Aktionsbündnis 'Stop Westcastor'. "Statt Transporten nach Ahaus oder in die USA fordern wir die Lagerung und die langfristig nötige Umverpackung vor Ort in Jülich. Genau das wird aber vom Forschungszentrum Jülich und den zuständigen Ministerien torpediert, indem kürzlich die Zusage für das Baugrundstück nach sechs Jahren zurückgezogen wurde", so Boslar weiter.

"Der Forschungsreaktor Garching produziert seit 2004 waffenfähigen Atommüll mit hoher Anreicherung. Jetzt ist das Abklingecken fast voll" erklärt Dr. Hauke Doerk vom Umweltinstitut München. "Anstelle von riskanten Transporten nach Ahaus wäre es besser, den Müll direkt in Garching zu entschärfen. Die Technische Universität München muss als Betreiberin jetzt ein Verfahren zur Uran-Verdünnung entwickeln und ein sicheres Zwischenlager in Garching bauen.", so Doerk weiter.

"Wir lehnen weitere Atomtransporte nach Ahaus ab. Für eine Endlos-Zwischenlagerung sind weder die Gebäude noch die eingelagerten Behälter geeignet. Die Gebäude entsprechen schon jetzt nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik." erklärt Hartmut Liebermann von der Bürgerinitiative ?Kein Atommülll in Ahaus e.V.?. "Trotzdem wollen die Bundesregierung und die zuständigen Ämter einfach so weitermachen: Als Türöffner wurde nun für Ahaus die Verlängerung der Zwischenlagerung von schwach- und mittelradioaktivem Müll bis zum Jahr 2057 beantragt. Wir brauchen stattdessen ein neues und sicheres Konzept für die Langzeit-Zwischenlagerung" so Liebermann weiter.

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Rede von Udo Buchholz in Ahaus



Liebe Freundinnen und Freunde,

ich möchte mich zunächst bei all den Menschen bedanken, die diese Demonstration mit organisiert haben. Und mein besonderer Dank gilt der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus", die sich schon seit vielen Jahrzehnten gegen das Atommülllager und gegen jegliche Nutzung der Atomenergie zur Wehr setzt.

Ende 2022 sollen inder Bundesrepublik die letzten Atomkraftwerke stillgelegt werden, darunter auch das AKW Emsland in Lingen. Es ist erfreulich, dass es für die AKW ein konkretes Stilllegungsdatum gibt. Doch täglich kann es in einem der noch laufenden AKW zu einem schweren Störfall kommen. Darum ist der Weiterbetrieb bis Ende 22 nicht hinnehmbar. Alle AKW müssen zum Schutz der Bevölkerung sofort stillgelegt werden! Doch mit der Stilllegung der AKW ist der bundesweite Atomausstieg noch nicht am Ziel. Nördlich von Ahaus sind die Uranfabriken in Gronau und Lingen, die nuklearen Brennstoff für Atomkraftwerke in aller Welt produzieren. Und für beide Anlagen gibt es bisher keinerlei Laufzeitbegrenzung. Es ist unglaublich: Trotz beschlossenem Atomausstieg soll weiterhin in Gronau Uran angereichert werden und sollen in der Brennelementefabrik in Lingen Brennstäbe, u. a. für die belgischen AKW, hergestellt werden. Das ist unverantwortlich und muss unterbunden werden.

Immerhin ist der Druck der Anti-Atomkraft-Bewegung so groß geworden, dass diese beiden Uranfabriken auf höchster politischer Ebene in Berlin immer wieder auf der Tagesordnung stehen. Wir lassen jetzt nicht locker, bis es auch für diese beiden Anlagen einen Stilllegungsfahrplan gibt. Und weil ein Stilllegungsfahrplan noch nicht vor Störfällen schützt, müssen diese beiden Uranfabriken sofort stillgelegt werden. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, findet Karfreitag wieder ein Ostermarsch zur Gronauer Urananreicherungsanlage statt. Der beginnt um 13 Uhr am Gronauer Bahnhof. Und schon am Montag, am Jahrestag der Fukushima-Katastrophe, findet in der Gronauer Innenstadt eine Mahnwache statt. Sie beginnt um 17 Uhr in der Neustraße.

Auch in Lingen wird am Montag mit einer Mahnwache an Fukushima und an die Gefahren der Atomenergie erinnert. Sie beginnt um 18 Uhr am Alten Rathaus. Gerade nach dem Brand in der Lingener Brennelementefabrik im Dezember ist es wichtig, dass auch in Lingen immer wieder die sofortige Stilllegung des AKW Emsland und der Lingener Brennelementefabrik eingefordert wird. Und passend zum Thema Atommüll, mit dem wir uns heute vorwiegend beschäftigen, muss darauf hingewiesen werden, dass es in Lingen auch ein sogenanntes Castor-Atommüll-Zwischenlager gibt, in dem die abgebrannten Brennelemente aus dem AKW Emsland gelagert werden. Auch das Zwischenlager in Lingen droht zu einem Dauerlager zu werden.

Und es gibt noch mehr nukleare Konfliktpunkte im Dreiländereck NRW, Niedersachsen und Niederlande. In Lingen wird das erste AKW, das schon Jahre stillgelegt ist, abgebaut. Völlig unklar ist, wo die nuklearen Reste verbleiben sollen. Ein Stück hinter der Grenze ist in Almelo die niederländische Urananreicherungsanlage. Gemeinsam mit der niederländischen Anti-Atomkraft-Bewegung setzen wir uns auch für deren Stilllegung ein. Zwischen den Atomstandorten fahren zahllose Atomtransporte mit LKW und Sonderzügen hin und her und gefährden die Bevölkerung zusätzlich. Und über der ganzen Region schwebt die Gefahr, dass in einem der vorhandenen Salzstöcke Atommüll eingelagert werden könnte.

Für die Anti-Atomkraft-Bewegung gibt es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viel Arbeit. Wir müssen uns weiterhin in Bürgerinitiativen und in Umweltverbänden organisieren und müssen immer wieder der Bevölkerung verdeutlichen, dass unsere inhaltliche Auseinandersetzung mit der Atomindustrie und ständige Proteste auf der Straße extrem wichtig sind. Und dabei bleiben auch immer wieder Bündnisse mit anderen Bewegungen wichtig: Mit den Gewerkschaften, mit den Energiewendegruppen, mit der Anti-Kohle-Bewegung und auch mit der Friedensbewegung. Denn gerade bei der Urananreicherung wird deutlich, dass es streng genommen keine Trennung zwischen der militärischen und der sogenannten zivilen Nutzung der Atomenergie gibt.

Zum Schluss noch ein Terminhinweis hier aus Ahaus: Am 17. März veranstaltet die kfd wieder eine Gedenkveranstaltung am Mahner, und zwar um 13.30 Uhr.

Auch die kfd hier in Ahaus ist eine wichtige Gruppe im Widerstand gegen die Atomindustrie, ebenso wie auch die Bauern, die den heutigen Protest mit ihren Traktoren unterstützen. Mit ihnen und mit uns allen wird es gelingen, den nuklearen Wahnsinn zu stoppen. In Ahaus, in Gronau, in Lingen, in Almelo und anderswo. Es darf kein weiterer Atommüll produziert werden - jegliche Atommüllproduktion muss gestoppt werden. Sofort und weltweit!

(Udo Buchholz (AKU Gronau, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen und BBU-Vorstandsmitglied) bei der Abschlusskundgebung am 9.3.2019 in Ahaus)

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Quelle:
BBU-Pressemitteilung, 10.03.2019
Pressemitteilung Trägerkreis der Ahaus-Demonstration
Rede von Udo Buchholz in Ahaus
Herausgeber:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V.
Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Internet: www.bbu-online.de
Facebook: www.facebook.com/BBU72


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2019

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