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WALD/144: Hambacher Forst - Baumfreunde, Besetzer, Gewissenbeißer ... (ABC Rheinland)


ABC Rheinland - 23. November 2015

Entschlossene Aktionen in Köln in Solidarität mit den T(h)ree

+++ Besetzung des Kölner Doms gestern abend geräumt +++ keine Infos aus der JVA über den Ausgang der Baumbesetzung +++


Aktionserklärung zur Dom-Besetzung
Knast ist keine Lösung sondern Teil des Problems!


Am 23. November um 15:00 Uhr haben wir die Außenseite des Kölner Dom erklettert und ein Transparent aufgehängt. Angesichts der derzeitigen Repression und Gewalt gegen Umweltaktivist_innen aus dem Hambacher Forst, haben wir uns dazu entschieden durch eine direkte Aktion auf die derzeitige Situation aufmerksam zu machen.

Drei unserer Freund_innen sitzen nun bereits seit mehreren Wochen in Untersuchungshaft und der Termin einer Verhandlung ist noch nicht abzusehen. Bei ihren Festnahmen wurden alle drei teilweise schwer verletzt. Eine Platzwunde, ausgeschlagene Zähne, ein Nasenbeinbruch, Kieferschmerzen und ein gebrochenes Handgelenk sind ein nicht hinnehmbarer Zustand!

Wir sind wütend, weil sie verdroschen und festgenommen und dann noch nicht einmal ausreichend medizinisch versorgt werden!

Allerdings geht es uns hierbei nicht nur darum, dass unsere Freund_innen, die sich gegen unglaubliche, aber von Staat und Wirtschaft gedeckte Verbrechen wehren, in den Knast kommen, sondern darum, dass wir das Gefängnissystem als solches verurteilen.

Gerade in den ach so demokratischen Ländern wird nicht nur das Wegsperren von Menschen, sondern auch psychische Folter in Form von völliger Isolation, totaler Überwachung von jeglichem Kontakt zur Außenwelt und anderen Zermürbungstaktiken häufig als legitime "Strafe" oder "Rehabilitationsmaßnahme" angesehen. Als zum Beispiel unser Freund Jus im Sommer inhaftiert war und 3 Wochen in Isolationshaft verbrachte, wurde jede halbe Stunde das Licht angemacht - rund um die Uhr.

Gefangene, die als politisch eingestuft werden oder sich sonst wie nicht "angemessen" verhalten, werden mit Ausschluss von Aktivitäten bestraft, haben weniger Möglichkeiten, werden vermehrt durchsucht und überwacht.

Und wenn dann staatliche Organe ihre Interessen gegen Menschen durchsetzen, die um Lebens- und Freiräume außerhalb einer omnipräsenten, kapitalistischen Verwertungslogik kämpfen, wird natürlich nur die allgemeine Sicherheit gewährleistet?

Von wegen! Knäste sind ein weiteres Machtinstrument in der Hand derer, die andere Menschen, Tiere und diesen Planeten unterdrücken (und somit zerstören), um ihre eigenen Interessen und Privilegien zu sichern.

Um es mit den Worten von einem der drei Gefangenen zu sagen: "Was sie nicht draußen für ihre Zwecke kontrollieren [können], muss beseitigt, umerzogen, eingesperrt werden. Leben, das nicht in ihrem Sinne wächst, muss geschnitten, gefällt, getötet werden. "

Wir fordern:

Freiheit für alle Gefangenen! Free the T(h)ree!

*

Pressemitteilung

Baumbesetzung innerhalb der JVA Köln-Ossendorf


Köln, 23. November 2015. Gefangener von der Waldbesetzung im Hambacher Forst erklettert während Hofgang Baum in JVA Ossendorf; Banner mit der Aufschrift "System Change not Climate Change" aufgehängt; Drei Gefangene von der Waldbesetzung seit Oktober in U-Haft.

Während seines täglichen Hofgangs hat der Aktivist Felix Neuner, der seit dem 22. Oktober in der JVA Köln-Ossendorf in U-Haft sitzt, heute gegen 15:30 einen Baum im Innenhof besetzt. Mit dieser Aktion fordert er neben der Gewährleistung von veganer Ernährung für die Häftlinge auch die Umsetzung der Forderungen der Gefangenengewerkschaft (GG/BO) nach besseren allgemeinen Haftbedingungen.

Weiter drückt er in einer Aktionserklärung, die auf der Website einer Solidaritätsgruppe veröffentlicht wurde, seine Hoffnungslosigkeit in Bezug auf die Klimaverhandlungen in Paris aus und betont die daraus resultierende Notwendigkeit für eigenes direktes Handeln.

Felix weigert sich, seinen erhöhten Aufenthaltsort zu verlassen.


Seit Oktober sind drei Aktivist_innen aus dem Hambacher Forst in Untersuchungshaft. Felix und der ebenfalls am 22. Oktober festgenommene Florian Wilschke befinden sich in Köln; ein weiterer Aktivist, der seine Personalien den Behörden auch nach Wochen der Schikane und verstärkter Repression nicht preisgibt und sich selbst "Mr. Blue" nennt, ist seit dem 7. Oktober in der JVA Aachen.

Alle drei wurden bei ihren Festnahme durch den Sicherheitsdienst des Energiekonzerns RWE misshandelt. Felix wurde die Nase gebrochen und 2 Zähne abgebrochen, Florian erlitt eine Platzwunde, "Mr. Blue"'s Hörvermögen auf dem linken Ohr ist verringert und er kann 2 Finger seiner linken Hand nicht fühlen. Im Gefängnis wurde ihnen für Wochen die benötigte medizinische Behandlung verweigert, teils ist sie immer noch nicht erfolgt.

Die 3 Gefangenen wurden bei Aktionen gegen den Braunkohleabbau im rheinischen Braunkohlerevier und der damit verbundenen Rodung im Hambacher Forst festgenommen. Derzeit kommt es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzung, verstärkt, da seit Anfang Oktober die Rodungsarbeiten im Forst wieder begonnen haben.


Aktionserklärung
Baumbesetzung in der JVA Köln Ossendorf


Ich befinde mich derzeit in der JVA Köln Ossendorf, weil ich wiederholt aktiv geworden bin im Kampf um den Erhalt des Hambacher Forstes. Und weil ich mir nicht mehr die Wahl meiner Mittel zum Verändern dieses Systems vorschreiben lasse. Mithilfe von Wahlen und Petitionen lassen sich höchstenfalls reformistische Ziele durchsetzten.

Auch ich habe einige solcher Forderungen die zur sofortigen Verbesserung der Lage der Gefangen führen sollen:

  • tägliche Hofgang von mindestens zwei Stunden;
  • die Erfüllung der Forderung der Gefangenengewerkschaft (GG/BO); besonders
  • im Bezug auf die Einführung des Mindestlohns und einer Rentenversicherung für Gefangene und
  • die Möglichkeit von veganer Ernährung für Gefangene.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen habe ich am 23. November während des Hofgangs einen der sich dort befindlichen Bäume besetzt und ein Transparent mit der Aufschrift "System Change not Climate Change!" aufgehängt. Die Aktion richtet sich auch gegen den Klimagipfel der Politiker in Paris sowie gegen das herrschende System - es hat sie hervor und mich hinter Gitter gebracht. Von einem Treffen der "politischen Spitze" erwarten ich und viele Teile der Bevölkerung schon lange keine Lösung mehr. Sie werden weiterhin industriefreundliche, systemerhaltende und massenbenachteiligende "Lösungen" aushandeln.

Die Probleme sind zu groß um sie Politiker*innen und Parteien zu überlassen! Es liegt an jeder einzelnen von uns aktiv zu werden, den Wohlstand und die Privilegien hier im "demokratischen" Westen zu hinterfragen und entsprechend zu handeln. Die Kohleverstromung führt zur Vernichtung der letzten großen Waldgebiete im Rheinland. Diese Kohleindustrie ist notwendig für die Energieversorgung der Waffenfabriken, welche mitverantwortlich sind für den Krieg, Not und Zerstörung weltweit. Des Weiteren treibt die Verbrennung von Kohle den menschengemachten Klimawandel weiter voran, Dürren, Überschwemmungen und immer häufiger eintreffende Naturkatastrophen sind die Folgen - welche schon jetzt Millionen von Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen.

Reaktionäre, "einfache" Lösungen, wie sie AfD, Front National, CDU/CSU und Pegida immer wieder propagieren "die Grenzen hoch und alles ist gut" sind viel zu kurz gegriffen. Sie wollen den sogenannten "Volkskörper" weiterhin in seiner privilegierten Situationen bewahren - auf Kosten der restliche Erdbevölkerung. Das Massensterben von unzähligen Spezies hat schon lange eingesetzt, doch diese Zivilisation baut darauf auf, alles zu zerstören, um noch die letzten verwendbaren Ressourcen aus dem Boden oder Meer zu holen. Der Profit steht über allem. Und wir alle werden in ständiger Konkurrenz gehalten - als Individuen gegen unsere Kolleg*innen, weltweit in Zwangsgemeinschaften als "Nation" gegen andere "Nationen".

Diese Konzepte gilt es aufzubrechen und gelebte Solidarität entgegenzusetzen. Der Aufbau einer nachhaltigen, sozialen Gesellschaft ist Aufgabe von uns allen und beginnt im eigenen Kopf. Doch ist es fatal dort stehen zu bleiben. Es gilt gemeinsam zerstörerische Industrie zu stoppen, Benachteiligte dieses Systems nach besten Möglichkeiten zu unterstützen und einen Alltag zu etablieren, der auf Respekt, gegenseitiger Hilfe und auf Selbstermächtigung baut.

Mit dieser Aktion möchte ich auch alle anderen revolutionären, sozialen Gefangenen weltweit grüßen, ihnen Mut wünschen und sie in ihren Kämpfen bestärken.

Solidarische Grüße aus der JVA Köln Ossendorf, Felix Neuner


Mehr Infos auf:
hambacherforst.blogsport.de und
abcrhineland.blackblogs.org

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Quelle:
Anarchist Black Cross Rhineland
E-Mail: abc-rhineland@riseup.net
Internet: https://abcrhineland.blackblogs.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2015

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