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INITIATIVE/132: Meeresschutz auch für Landratten wichtig! (BBU)


Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V. - Bonn, 27. Mai 2014

Meeresschutz auch für Landratten wichtig!



(Bonn, Bremen, 27.05.2014) Erneut hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) konsequenten Meeresschutz eingefordert. "Meeresschutz ist nicht nur für die Küstenbevölkerung wichtig. Er muss auch von uns Landratten eingefordert und betrieben werden", betont das westfälische BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz.

Vor wenigen Tagen hat in Bremen der "Tag der Meere" von EU-Kommission, Bundesverkehrsministerium und bremischem Wirtschaftssenator stattgefunden. Aus ganz Europa kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, um sich mit dem Thema: "Blue Growth" (Blaues-Wirtschafts-Wachstum) zu befassen.

Schon im Vorfeld wurde deutlich: Es geht um die Schaffung von Wachstum in allen maritimen Wirtschaftsbereichen, von Fischerei, Biotechnologie bis hin zur wirtschaftlichen Erschließung der Tiefsee. Doch aus Sicht des BBU muss es darum gehen, die Meere auch als "Erbe der Menschheit" (UN-Konvention) in einem ökologisch stabilen Zustand zu erhalten. Um die Notwendigkeiten umfassenden Meeresschutzes zu unterstreichen hatte ein breites Bündnis aus umwelt- und entwicklungspolitischen Organisationen vom 15. bis 17. Mai nach Bremen zu einer Vorkonferenz unter dem Motto "Ein anderes Meer ist möglich" eingeladen. Am Ende dieser Vorkonferenz wurde ein Positionspapier zur Meerespolitik verabschiedet, das die notwendigen Grenzen des Blauen Wachstums zum Thema macht.

Auch der BBU hatte zur Teilnahme an der Vorkonferenz eingeladen und war an der Erarbeitung und Verabschiedung des Positionspapiers beteiligt. Auch nach den jetzigen Aktivitäten in Bremen wird der BBU weiterhin das Thema Meeresschutz bearbeiten. Auskünfte seitens des BBU erteilt Peter Willers, Tel 0421 242688, e-mail: peterw@volanet.de. Weitere Umweltgruppen und Privatpersonen, und gerade auch "Landratten", die sich für den Meeresschutz interessieren, sind herzlich zum Engagement eingeladen.

Raute


Ein anderes Meer ist möglich!

Erklärung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Zivilgesellschaftlichen Konferenz zum Europäischen Tag des Meeres 2014

17. Mai 2014

Für eine gerechte und umweltschonende Meerespolitik sind die folgenden Forderungen vordringlich:

Ende der Überfischung

Trotz immer zerstörerischerer Fangtechniken sinkt die Menge des global gefangenen Fischs, weil die Bestände unter der Überfischung zusammenbrechen. Der Preis dafür sind der Verlust an Stabilität der marinen Ökosysteme, an handwerklicher Fischerei und Ernährungssicherheit in den Ländern des Südens. Wir wollen eine umfassende Reform der Fischerei hin zur Nachhaltigkeit. Wir fordern Fangquoten nach dem Prinzip des "maximum sustainable yield" (MSY) auf der Basis des Vorsorgeprinzips und ökosystemarer Ansätze. Fangmengen dürfen allein nach wissenschaftlichen Kriterien festgelegt werden. Ebenso wichtig ist der Abbau schädlicher Subventionen bis 2020, die umweltschädliche Fischereitechnologien und Fischereimethoden fördern. Unter anderem gilt es ein Verbot für Tiefsee- und Bodenschleppnetze umzusetzen und in diesem Kontext die entsprechende UNGA-Resolutionen, welche u.a. Bodenschleppnetze auf Seebergen verbieten, zu unterstützen. 2030 muss in einem zweiten Schritt eine Bewirtschaftung der Bestände von 20% unter dem MSY etabliert werden, um damit die illegale Fischerei mit in die Berechnungen einzubeziehen, den Schutz der marinen Biodiversität zu berücksichtigen sowie natürlichen Bestandsschwankungen besser Rechnung zu tragen.

Anstelle des dominierenden Zugriffs der Industrieländer und der industriellen Fangflotten auf die weltweiten Fischbestände fordern wir parallel zum Abbau in den Industrieländern die Entwicklung eigenständiger Fischerei-Kapazitäten im globalen Süden bis 2020 zur Sicherstellung des Rechts auf Nahrung und ein Umschwenken auf die Bevorzugung der handwerklichen Fischerei bei strukturellen Entscheidungen. Die Vergabe von Fischereilizenzen an Fangflotten in den AWZ von Ländern, in denen die Ernährungssicherheit gefährdet ist, darf nur nach einer unabhängigen, wissenschaftlichen Bestimmung eines entsprechenden Überschusses und transparenten sowie partizipativer Mechanismen erfolgen. Dazu sind entsprechend des Seerechtsübereinkommens bis 2020 flächendeckend "Regional Fisheries Management Organisations" (RFMOs) aufzubauen, die alle Fischfangnationen einbinden. In diesem Kontext muss auch die Bekämpfung der illegalen Fischerei konsequent umgesetzt werden.

Meeresschutz ausbauen

Wir wollen die Ausweitung der Meeresschutzgebiete im offenen Meer und an der Küste. Die Forderung der "Biodiversitäts-Konvention" (CBD) im Strategischen Plan nach 10% Meeresschutzgebieten im offenen Meer und an der Küste bis 2020 ist als Meilenstein einer neuen Zukunftsagenda zu setzen. Bis 2030 soll sich die Fläche der Meeresschutzgebiete auf 20% vergrößert haben. Meeresschutzgebiete müssen unter Berücksichtigung von Transparenz und naturschutzfachlichen Grundlagen festgelegt werden. Die Schutzgebiete müssen auf einem ausreichend finanzierten Management beruhen, das auf einer partizipatorischen und gerechten Grundlage fußt, die Rechte der lokalen Bevölkerung berücksichtigt sowie Betroffene in die Umsetzung der gebietsspezifischen Schutzziele und -regeln einbezieht. Schutzgebiete sollen ausreichend große ungenutzte Flächen (Nullnutzungszonen) enthalten. Für die europäischen Gewässer bedeutet dies mindestens 50%. Ebenfalls berücksichtigt werden muss ein vollständiger Ausschluss von Fischereitechniken aus Schutzgebieten, die zum Beifang von Meeressäugern und anderen Nichtzielarten führen und Lebensräume zerstören - allen voran Grundschleppnetzfischerei und Stellnetze. Die Reduzierung von Beifang muss in der Fischerei eines der obersten Ziele sein, entsprechend gefördert und durch selektive Fangtechniken umgesetzt und dies auch kontrolliert werden.

Der Prozess um ein "Implementing Agreement on Marine Biodiversity of the High Seas" im Rahmen des UN-Seerechtsübereinkommens (UNCLOS) muss zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Meeresschutz muss auch auf dem Meeresboden etabliert werden. Auf der Hohen See und dem Meeresboden soll ein umfassendes Netzwerk von Schutzgebieten errichtet werden. Eigenständig sichergestellt werden müssen im Rahmen des Meeresschutzes der Artenschutz und der Erhalt der Biodiversität. Wesentliche Schritte hierzu sind das Verbot des Fangs und der Tötung von Walen und Delfinen, ein Verbot des Finnings von Haien, eine Eindämmung des illegalen Handels mit Meerestieren und des Beifangs von Seevögeln und anderen Meeresbewohnern. Damit der Meeresumweltschutz eine Chance hat, muss die Versauerung und Erwärmung der Meere durch den Klimawandel eingedämmt werden. Eine konsequente Umsetzung der Vereinbarungen zum Klimaschutz ist hierfür die Voraussetzung.

Über die Meeresschutzgebiete hinaus ist für alle Meere das Ziel eines Guten Umweltzustandes im Sinne der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zu verfolgen.

Schluss mit der Vermüllung

Die Mülleinträge ins Meer sollen bis 2020 um mindestens 50% reduziert werden, in Anlehnung an den zu erreichenden Guten Umweltzustand nach der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Bis spätestens 2035 muss das Problem der "Müllkippe Meer" endgültig gelöst sein, das heißt der Eintrag muss auf Null reduziert werden. Um den Eintrag von Land zu verringern, müssen effektive Maßnahmen im Bereich der Ressourceneffizienz, des Produktdesigns und der Abfall- und Recyclingwirtschaft in enger Zusammenarbeit mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen entwickelt und mit den regionalen Meeresschutzübereinkommen vorangetrieben werden. Die 2011 verabschiedete "Honolulu-Strategie", die Message from Berlin (2013) und die auf der Rio+20-Konferenz begründete "UN-Partnership on Marine Litter" sollen vorangetrieben werden.

Tiefsee unangetastet lassen

Wir fordern ein internationales Moratorium für den Abbau von Erzen aus der Tiefsee. Wir fordern die Durchsetzung eines internationalen Verbots zur Förderung von Öl und Gas aus der Tiefsee und der Arktis bis 2020. Die Ölförderung in der Tiefsee (ab 200 m) und in der Arktis ist besonders riskant, wie sich beim Untergang der "Deepwater Horizon" bereits gezeigt hat. Unter der Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Kriterien müssen stattdessen alternative Rohstoffstrategien entwickelt werden, die vorrangig auf eine Einsparung und ein effektives Recycling setzen. Verstärkt gefördert werden muss die wissenschaftliche Grundlagenforschung zur Ökologie der Tiefsee. Von vornherein muss der Abbau von Methan aus der Tiefsee aufgrund der extrem klimatreibenden Auswirkungen des Gases verboten werden, ebenso die Einlagerung von CO2 in der Tiefsee, aufgrund des großen Gefahrenpotentials dieser Technologien.

Menschen- und Arbeitsrechte auf See durchsetzen

Die Rettung von Menschen aus Seenot, eines der ältesten Gesetze auf See, muss verbindlich durchgesetzt werden. Obwohl sie im Seerechtsübereinkommen der UN, in der "International Convention for the Safety of Life at Sea" (SOLAS) und der "International Convention on Maritime Search and Rescue" der "International Maritime Organization" (IMO) verankert ist, wird sie immer öfter missachtet, vor allem wenn es um die Seenotrettung von Flüchtlingen geht. Billigflaggen müssen abgeschafft werden. Die Ausflaggung von Schiffen dient allzu oft der Aushebelung von Arbeits-, Umwelt- und Menschenrechten auf See. Entsprechend der International-Transport-Workers'-Federation-Initiative von 1948 muss bis 2020 ein internationales Vertragswerk ratifiziert werden, das die Flagge an die Nationalität bzw. den Wohnsitz der Eigentümer bindet und dadurch eine bessere Kontrolle der Abläufe und Verantwortlichkeiten an Bord erlaubt.

Generell gilt es die Einhaltung von Menschen-, Arbeits- und Sozialrechten auf See, einschließlich Offshore-Anlagen und Häfen, auf Werften und bei der Abwrackung von Schiffen konsequent zu kontrollieren. So ist beispielsweise die Umgehung von Umwelt- und Sozialrechten in der maritimen Wirtschaft durch die Auslagerung von Schiffsabwrackungen zu unterbinden. Insbesondere muss Wert darauf gelegt werden, Kontrollen (Hafenstaat) zur Umsetzung und Einhaltung der "Maritime Labor Convention" von 2006, die ab dem 20. August 2014 weltweit gelten wird, durchzuführen.

Die Konferenz wurde veranstaltet von:
+++ Bremer entwicklungspolitisches Netzwerk +++ Brot für die Welt +++ Evangelischer Entwicklungsdienst +++ Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland +++ Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz +++ Deepwave +++ Deutsche Seemannsmission +++ IntKom/Fair Oceans +++ Forum Umwelt und Entwicklung +++ Greenpeace +++ medico international +++ Naturschutzbund Deutschland +++ Redaktion Waterkant +++ Robin Wood +++ Shipbreaking Platform +++ Slow Food Deutschland +++ International Transport Workers' Federation/ver.di +++ Whale and Dolphin Conservation +++ World Wide Fund For Nature +++


Anmerkung der SB-Redaktion:

Zur Konferenz "Ein anderes Meer ist möglich!" ist bisher in den Pools
UMWELT → REPORT → BERICHT und
UMWELT → REPORT → INTERVIEW
unter dem kategorischen Titel "Wohnstube Meer" erschienen:

BERICHT/073: Wohnstube Meer - verletzt man nicht ... (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0073.html

INTERVIEW/104: Wohnstube Meer - Messies, Müll und Therapien ... Kai Kaschinski im Gespräch (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0104.html
INTERVIEW/105: Wohnstube Meer - Pflege, Sorge, Schutz und Leben ... Thilo Maack im Gespräch (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0105.html
INTERVIEW/106: Wohnstube Meer - erst sterben die Fische ... David Pfender (WDC) im Gespräch (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0106.html
INTERVIEW/107: Wohnstube Meer - Mitgeschöpfe ... Tharaka Sriram im Gespräch (SB)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0107.html

Die Reihe wird fortgesetzt.

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Quelle:
BBU-Pressemitteilung, 27.05.2014
Herausgeber:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V.
Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Tel. 0228/21 40 32, Fax.: 0228/21 40 33
Internet: www.bbu-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2014