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ANEKDOTENKÜCHE - EIER/006: Rahmäpfel "Cistá" - Tschechien (SB)


ANEKDOTENKÜCHE - TSCHECHIEN

Rahmäpfel "Cistá"


In der Hexenküche

Böse Zungen behaupten, die alte Witwe Malice, die man hin und wieder auf einen Stock gestützt mit gebeugtem Rücken durchs Dorf spazieren sieht, wäre eine Hexe. Nicht nur, daß ihr kleines, von wildem Efeu umranktes Häuschen abgelegen inmitten des finsteren Waldes im Riesengebirge liegt, auch ihr Äußeres könnte so manchem einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen. Ihre verschrumpelte, von Warzen und Malen bedeckte Haut läßt ein Alter von weit über hundert Jahren vermuten, und ihre gebückte Haltung scheint dies noch zu bestätigen.

Aber ich weiß es besser, denn in meiner Kindheit hatte ich eine Begegnung mit ihr, die ich mein Lebtag nicht mehr vergessen werde. Denn ich - ich habe es einmal gewagt, in ihr Reich vorzudringen.

Es mag wohl schon dreißig Jahre her sein, ich war damals noch ein kleiner Knirps, noch nicht einmal trocken hinter den Ohren, wie man so schön sagt. Es galt unter uns Knaben als Mutprobe, sich ganz tief in den finsteren Wald hineinzuwagen, dorthin, wo einen die Dunkelheit beinahe zu verschlingen scheint. Und ich bin damals wohl der Mutigste gewesen.

Ganz nah habe ich mich allein an dieses von riesigen Tannen und uralten, verwachsenen Baumstämmen umgebene Häuschen herangeschlichen. Und plötzlich vernahm ich ihre Stimme - eine schauerlich krächzende Stimme -, und sie sagte genau das, was ich erwartet und zugleich am meisten befürchtet hatte: »Komm doch herein, mein kleines Bübchen, ich hab auch was Schönes für dich.«

In meiner Angst blieb ich wie angewurzelt stehen und sah sie mit großen Augen an. Gleich lockt sie mich in ihr Haus, und dann rufe ich `Nein!' und laufe fort, so schnell mich die Füße tragen, kam mir in den Sinn. Doch schon griff sie mit ihrer knöchrigen Hand nach der meinen und wiederholte: »Komm nur!«

Ich weiß nicht, ob es meiner wirren Kinderphantasie oder der entsetzlichen Angst zuzuschreiben war, aber noch heute meine ich zu erinnern, daß die Wände ihres Hauses aus großen, saftigen Lebkuchen bestanden. Wie verhext folgte ich der alten Frau in ihr kleines Häuschen, auf dessen Dach der Schornstein kräftig rauchte.

Sie hat den Ofen schon angezündet! - so dachte ich in meiner schier grenzenlosen Furcht. Doch langsam besiegten die Neugier und vor allem der Hunger meine Angst, denn ich mochte wohl schon mehrere Stunden im dunklen Wald umhergeirrt sein.

Ein Weilchen später setzte mir die Waldfrau einen Teller mit einer Speise vor, die so lecker schmeckte, wie ich sie wohl noch niemals zuvor und auch niemals nach jener ungewöhnlichen Begegnung wieder gegessen hatte ...


*


RAHMÄPFEL »CISTA«
(für 2-3 Personen)

4 große, feste Äpfel (z.B. Boskop)
75-100 g Zucker
200 g Crème Fraîche
8 Scheiben Toastbrot
4 Eier
50 g Puderzucker
50 g Butter

Die Äpfel schälen und quer halbieren. Die Kerngehäuse so ausstechen, daß die Apfelhälften nicht ganz durchstochen werden. Mit Zucker bestreuen und in einer Pfanne in Butter mit geschlossenem Deckel etwa 10 Minuten dünsten.

Eier mit Puderzucker zu einer cremigen Masse schlagen. Das Toastbrot rösten und mit einem runden Ausstecher, eventuell auch mit einem Trinkglas oder einer Tasse, Kreise ausstechen.

Die runden Toastscheiben in Ei wenden und in der Pfanne goldbraun braten. Dann auf jede Scheibe eine Apfelhälfte legen, in deren Mitte man 2-3 Teel. Crème Fraîche gibt. Mit etwas Zucker bestreuen und entweder im Backofen 10 Minuten backen, oder aber in der Pfanne auf kleiner Flamme mit geschlossenem Deckel ziehen lassen.

Guter Geschmack ist keine Hexerei. Die Schattenblick-Redaktion wünscht gutes Gelingen und guten Appetit!


Erstveröffentlichung am 3. März 1997

2. November 2007