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LAIRE/155: Rezension zu Band 4 der Serie "Perry Rhodan Action" (SB)


Achim Mehnert - "Festung der Regenten"

Perry Rhodan-Action Band 4


Was ist "Action"? Was zeichnet eine actionreiche Handlung gegenüber einer "normalen" Handlung aus? Diese Fragen drängen sich angesichts des gewaltigen Vernichtungswerks, das die Vertreter des Solaren Imperiums unter Perry Rhodans Führung im vierten Band der neuen Mini-Serie "Perry Rhodan Action" an ihren Gegnern verüben, auf. Im vorliegenden Roman läßt Perry eine verborgene submarine Festung der Regenten der Energie auf dem Planeten Trafalgar erstürmen. Die geheimnisvollen Regenten verteidigen sich, indem sie Heerscharen von Androiden in die Schlacht werfen - tumbes Kanonenfutter für die Strahlenwaffen der Terraner.

Die Kunstwesen sind offenbar von minderer Qualität, denn sie werden reihenweise vernichtet. Das erinnert an ein typisches Szenario aus einem anderen Genre, dem Western. Dort werden üblicherweise ganze Indianerhorden von nur einer Handvoll tapferer weißer Siedler niedergemäht. Zugegeben, der Vergleich hinkt, denn die Indianer aus dem Film pflegen als Zeichen ihre vermeintlichen Minderbemittelung idiotische Trällerlaute auszustoßen, wenn sie im Kreis reitend die Weißen attackieren, während die Androidenheere schweigend angreifen und sich auslöschen lassen ...

Beim inzwischen vierten Roman der neuen Serie "Perry Rhodan Action" tritt die Stoßrichtung, in die sich die Autoren bewegen, deutlich hervor: Materialschlachten und Massenvernichtung (zumindest von androiden Wesen) rücken in den Mittelpunkt der Handlung. Zeichnet sich die Perry Rhodan-Hauptserie durch einen facettenreichen kosmologischen Überbau aus, vor dessen Hintergrund Einzelschicksale geschildert, fremdartige Kulturen entworfen, soziale Beziehungen entwickelt und - selbstverständlich - auch Kämpfe ausgetragen werden, so steht nun letzteres im Zentrum. Alles andere droht zum bloßen Beiwerk zu verkommen oder gänzlich gestrichen zu werden. Das ist wie der Versuch, einer Bouillon das Wasser zu entziehen, in der Hoffnung, ihr dadurch einen höheren Nährwert abzugewinnen.

Irgendwann spielt es keine Rolle mehr, ob Perry Rhodan Kommandant einer Panzer-Division im Zweiten Weltkrieg oder einer Kugelraumerflotte in einer fiktiven Zukunftswelt ist. Ein wichtiges Merkmal der Science-fiction, bestehende Vorstellungen kritisch zu reflektieren und dadurch der Leserschaft die Möglichkeit zu verschaffen, sich über bestehende Grenzen zumindest gedanklich hinauszubewegen, geht hier verloren. Statt dessen wirkt das Konzept von "Perry Rhodan Action" erstarrt. Spätestens alle zehn Seiten muß es ordentlich krachen, sonst könnten ja die Leserinnen und Leser abspringen, scheinen sich die Macher zu sagen ... und sie übersehen dabei, daß sie mit eben dieser Einstellung genau das fördern, was sie befürchten.

Könnte der Perry Rhodan aus der Hauptserie eine Identifikationsfigur sein, die selbst unter für sie nachteiligen Bedingungen das Gespräch und die Vermittlung sucht und die Notlage seiner Gegner anerkennt, ohne deshalb nachgiebig zu sein, so kommt der "Action-Perry Rhodan" dem Bild eines Menschen nahe, der nichts anderes gelernt hat, als sich mit seinen Ellbogen durchzusetzen, und stur sein Ziel verfolgt.

Sicherlich spiegelt das Konzept, eine Mini-Serie aus dem Perryversum auf Action zu trimmen, eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wider, in der so unterschiedliche Phänomene wie die Verfügbarkeit Dutzender Fernsehprogramme, die Link-Struktur des Internets und die Verbreitung portabler Massenspeicher zum alltagsbegleitenden Abspielen von Musik sprichwörtlich für Ablenkung sorgen, ja, geradezu zur Sprunghaftigkeit einladen und zur Jagd nach immer neuen, noch sensationelleren Reizen verleiten. Aber ist das wünschenswert? Ein wenig erinnert "Perry Rhodan Action" an die Gepflogenheit mancher Zuschauer, sich die spannungsgeladenen, von vielen Stunts begleiteten Sequenzen eines Kinofilms zusammenzuschneiden, weil sie sich gar nicht erst mit lästigen Dialogen abgeben wollen.

Bislang scheint es überwiegend positive Reaktionen auf die neue Mini-Serie zu geben. Vielleicht kommt dieser Eindruck aber nur auf, weil sich andere gar nicht erst zu Wort melden und ihre Ablehnung eben auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen. Man wird sehen.

28. Mai 2008


Achim Mehnert
"Festung der Regenten"
Perry Rhodan-Action Nr. 4
Pabel-Moewig Verlag, Rastatt 2008
58 Seiten plus Leserbriefe und Nachruf
1,85 Euro

Es gibt eine spezielle Homepage: www.perry-action.de