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BERICHT/090: Sommer in Grönland (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 160 - Februar/März 2011
Die Berliner Umweltzeitung

Sommer in Grönland
Studienreise in eine Region mit großartigen Landschaften und unberührter Natur

Von Dagmar Krawczik und Ulrich Nowikow


Seit mehreren Jahren haben wir einen Kontakt in Narsaq, Süd-Grönland. Im letzten Sommer nun haben wir es geschafft dort hinzureisen.

Nach knappen drei Wochen im Süden Grönlands können wir sagen, es waren wirklich großartig - phantastische Landschaften, wild und unberührt, oft gutes Wanderwetter, also um die 20 Grad am Mittag. An einzelnen Tagen war es auch wärmer, morgens und abends auf jeden Fall deutlich kälter.

Es gibt zwei Möglichkeiten, nach Grönland zu kommen - Flug von Berlin über Kopenhagen oder Flug von Berlin über Reykjavik. Beides ist nicht billig und Kosten von etwa 1.000 Euro sind für Hin- und Rückflug pro Person zu kalkulieren. Und auch für die Verbindungen im Lande sind relativ hohe Preise zu zahlen.

Alle Städte Grönlands liegen am Meer und haben keine Landverbindung, das heißt um von A nach B zu kommen, benötigt man immer eine Inlandsflugverbindung, einen Helikopterflug oder eine Bootsverbindung.

Reisende in den Süden Grönlands landen auf jeden Fall in Narsarsuaq, ob nun von Island oder von Dänemark kommend. Narsarsuaq hat laut Reiseführer 190 Einwohner und es gibt im "Ort" eine Jugendherberge, ein Hotel und einen Lebensmittelladen. Von hier aus kommt man auf einer Tageswanderung (hin und zurück) bis ans Inlandeis - ein äußerst beeindruckendes Erlebnis. Außerdem ist für alle Besucher von Narsarsuaq das "Arboretum Groenlandicum" interessant. In Grönland gibt es so gut wie keine Bäume und hier im Arboretum wird seit vielen Jahren versucht, besonders robuste und ans Klima angepasste Arten und Sorten auszuprobieren. An einer etwa 15 Hektar großen Hangfläche wurden 11o Arten und Sorten gepflanzt. Besonders bewährt haben sich Sibirische Lärche (Larix sibirica), Küsten-Kiefer (Pinus contorta), Blaufichte (Picea glauca) sowie die Hybrid-Fichte (Picea sitchensis x Picea glauca = Weiß-Fichte x Sitka-Fichte).

Von Narsarsuaq ging es für uns in einstündiger Fahrzeit mit dem Schnellboot nach Narsaq. Narsaq ist die zweitgrößte Stadt im Süden des Landes mit etwa 1.800 Einwohnern. Insgesamt hat Grönland etwa 55.000 Einwohner, das heißt weniger als die Hälfte der Einwohner des früheren Berliner Stadtbezirks Prenzlauer Berg. Die Fläche Grönlands ist dabei sechsmal so groß wie die Deutschlands.


Gemüsegärten in Süd-Grönland

In Narsaq haben wir nun die Leiterin des Narsaq-Museums, Rie Oldenburg kennengelernt, die sich seit vielen Jahren mit dem Thema Nahrungsmittel in der Geschichte Grönlands beschäftigt. Vor einigen Jahren hatte sie eine Ausstellung zum Thema "Gärten Grönlands" organisiert, von der wir erfahren hatten und deshalb einen Kontakt aufbauten. Damals war es interessant für uns zu hören, dass es Gemüsegärten in Grönland gibt. Nun haben wir gesehen, dass Gärten im Süden des Landes keine Ausnahmen sind. Angebaut werden Nutzund Zierpflanzen, als Nutzpflanzen insbesondere Kartoffeln, Steckrüben und Rhabarber, in kleineren Mengen auch Möhren, Rote Bete, Radieschen, Grünkohl, Salat, Spinat, Kerbel und Petersilie.

Neben den bereits erwähnten Bäumen im Arboretum und den angebauten Nutzpflanzen in den Gärten gibt es etwa 500 Arten höhere Pflanzen (Samenpflanzen), die Grönlands Pflanzenwelt bilden. Das Pflanzenwachstum ist fast immer sehr niedrig, Bäume gibt es nur an geschützten Stellen im Süden des Landes, außerdem niedrig wachsende Gehölze wie die Zwerg-Birke (Betula nana), auch Polar-Birke genannt und die Krautweide (Salix herbacea) sowie Zwergsträucher wie die Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) und die Zwitterige Krähenbeere (Empetrum hermaphroditum).

Nicht vergessen wollen wir die Nationalblume von Grönland, das Arktische Weidenröschen (Chamerion latifolium) und die essbaren Pflanzen Echte Engelwurz (Angelica archangelica), Wiesen-Sauerampfer (Rumex acetosa) und Rosenwurz (Rhodiola rosea), die gerade in früheren Zeiten eine bedeutende Rolle bei der Grundversorgung spielten. Gärtnern in Grönland ist ein hartes Stück Arbeit. Der Sommer mit viel Licht und Wärme sichert gute Wachstumsbedingungen, aber ein unbarmherziger Föhn kann die Pflanzen zerstören oder einfach austrocknen sowie den wenigen fruchtbaren Boden davontragen.

Neben dieser vielfältigen Flora verfügt Grönland aber auch über eine artenreiche Tierwelt. Am bekanntesten ist sicherlich der Eisbär mit seinem Lebensraum im äußersten Norden sowie im Nordost-Grönland-Nationalpark, dem größten Nationalpark der Welt. Schon weniger bekannt ist der zweitgrößte Landsäuger Grönlands, der Moschusochse. Moschusochsen leben in größerer Zahl in Grönland, Kanada, Sibirien und Alaska sowie als kleinere Herden in Norwegen und Schweden; nur ihr Vorkommen im Norden Kanadas und im Nordosten von Grönland ist allerdings natürlichen Ursprungs. In den Gewässern um Grönland gibt es aber auch Meeressäuger in zahlreichen Arten, vor allem Robben und Wale (Mink-, Buckel-, Weiß-, Schwert-, Nar- und Grönlandwal, Atlantik-Walross, Mützen-, Sattel-, Bart- und Ringelrobbe).


Klimawandel ist ambivalent

Von Narsaq aus ging es für uns weiter nach Quqortoq, mit 3.100 Einwohnern die größte und auch beliebteste Stadt im Süden des Landes. Gegenüber von Quqortoq auf der anderen Seite des Fjordes liegt Upernaviarsuk, eine landwirtschaftliche Forschungs- und Versuchsanstalt. Hier wird über die Zukunft der Landwirtschaft in Grönland nachgedacht, zum Beispiel über die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen. Bedingt durch Klimawandel und Temperaturanstieg kann demnächst verstärkt Obst und Gemüse angebaut und damit die Selbstversorgung des Landes teilweise gesichert werden.

Auch aus zwei anderen Blickwinkeln gesehen hat der Klimawandel etwas äußerst Ambivalentes in Grönland. Viele Grönländer versprechen sich Arbeitsplätze und vermehrt Einnahmen aus dem Tourismus, wenn die Saison länger wird, und Unternehmer sehen Chancen für die Insel, wenn durch die Erwärmung das Eis zurückgeht und damit der Zugang zu ungeheuren Bodenschätzen erleichtert werden kann.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Gartenkultur in Qaqortoq
Wenig Häuser in Igaliku
Eisberge bei Narsaq


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Quelle:
DER RABE RALF - 21. Jahrgang, Nr. 160 - Februar/März 2011. S. 9
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2011