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TOURTIP/852: Wandern in Schottland (Extratour/DJH)


Deutsches Jugendherbergswerk - extratour Nr. 1, Januar/Februar 2007

High, up and low vor romantischer Kulisse
Wandern in Schottland

Von Claudia Heinrich


Schottland ist ein Eldorado für Wanderer. Ob in den zentralen Lowlands, den nördlichen Highlands oder auf dem Southern Upland Way - aktive Naturfreunde können inmitten beeindruckender Landschaftsszenarien auch reiches historisches Erbe entdecken. Malerische Ruinen, romantische Burgen und ehrwürdige Herrenhäuser säumen die Wege.


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"Rosamunde-Pilcher-Fans ist Dunrobin Castle ein Begriff", berichtet der Touristikberater Wilfried Klöpping von der Firma ProTour, der in Kooperation mit dem DJH Reisen nach Schottland anbietet. "Ein prachtvolles mittelalterliches Herrenhaus an der Nordostküste in den schottischen Highlands - mit Gärten im Versailles-Stil. Das ist die Traumkulisse für Herz/Schmerz-Filmstorys der Autorin, die den heutigen Lord gut kennt." Doch man muss kein Pilcher-Fan sein, um der schottischen Landschaft die herrlichsten Seiten abzugewinnen. Besonders Wanderurlauber kommen in allen Regionen auf ihre Kosten - allein, in Gruppen oder bei einem der zahllosen "Walking Festivals", denen sich in den Sommermonaten Trekkingfans aus aller Welt anschließen. "Schottland hat erkannt, dass die Natur sein größtes Kapital ist", erläutert Touristikprofi Klöpping. "Man geht jetzt sehr achtsam damit um und setzt auf sanften Tourismus." Weniger sanft ist mitunter das Wetter. Allüberall im Lande pfeift oft eine straffe Brise von West, alle vier Jahreszeiten finden an einem Tag statt und alle reden vom Wetter. Nice day? Aber immer - wenn die Kleidung stimmt. Also die Öljacke ins Gepäck, die Wanderschuhe geschnürt und los geht's. "Planen Sie Ihre Touren immer von West nach Ost - mit Rückenwind", rät der Schottlandkenner. "Ob High-, Up- oder Lowlands: Gegen Wind und Wetter westwärts laufen ist mühsam."


Einsame Moore und romantische Ruinen

Der Süden Schottlands entlang der englischen Grenze ist gut geeignet als Einstimmung für Newcomer. Hier in den Borders verläuft der Southern Upland Way als rund 300 Kilometer langer Fernwanderweg von Portpatrick am Atlantik bis Cockburnspath an der Ostküste quer durch das Land. Es geht durch typisch schottische, doch gemäßigte Gefilde: sanfte Hügellandschaften mit dem 843 Meter hohen Merrick als höchster Erhebung, einsame Hochmoore, lang gestreckte Seen, dichte Eichenwälder, weit und breit kaum eine Menschenseele. "Guter Ausgangspunkt für Wanderungen ist Glen Troot, das Tal rund um Loch Troot im Galloway Forest Park im Südwesten", meint Wilfried Klöpping und hat gleich noch Tipps für Romantiker parat: Im östlichen Teil des Southern Upland Ways haben sich vier pittoreske Klosterkirchenruinen erhalten. Die berühmtesten sind jeden Umweg wert: Dryburgh Abbey und - gemalt von William Turner, besungen von Nationaldichter Sir Walter Scott - Melrose Abbey.

Ihre Zerstörungen zeugen von historischen Border-Konflikten zwischen schottischen Clans und englischen Lords.


Ungleiche Schwestern: Edinburgh und Glasgow

Nördlich der Uplands erstrecken sich als schmaler Tieflandgürtel die Lowlands mit Glasgow und Edinburgh - den so unterschiedlichen "Twin Cities of Scotland". Hauptstadt Edinburgh ist die Schöne, Traditionelle mit reichem historischem Erbe wie dem Holyrood Palace oder Edinburgh Castle hoch über der Stadt - eine graue Eminenz aus Granit mit einem grünen Park gleich am Hauptbahnhof. Glasgow, mit knapp 600.000 Einwohnern Schottlands größte Stadt, ist die Junge, Vitale. Seit ihrer Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas 1990 hat sich die einst schmuddelige Arbeiterstadt zur pulsierenden Studentenmetropole gemausert, kulturell hochaktiv, up to date und exklusiv, auch als Shoppingparadies. Wer zwischen beiden Großstädten unterwegs ist, sollte einen Abstecher ins Freilichtmuseum New Lanark einplanen. Die mehr als 200 Jahre alte Baumwollmanufaktur ist UNESCO-Weltkulturerbe, ausgezeichnet nicht nur für ihre gut erhaltene industriehistorische Bausubstanz, sondern als Denkmal für frühes soziales und kulturelles Engagement zur Verbesserung der Lebensqualität der Arbeiter.


Von hohen Bergen und tiefen Seen

Wo die Lowlands in die Highlands übergehen, gab 2002 die Queen dem ersten von zwei Nationalparks in Schottland ihren Segen. Loch Lomond & Trossachs nördlich von Glasgow entstand rund um den größten britischen Binnensee. Ab hier führt der West Hightand Way nordwärts.

Auf seinem letzten Streckenabschnitt durch die Grampian Mountains rückt ein echter Hingucker in den Blick: Ben Nevis, mit 1.344 Metern Großbritanniens höchster Berg und bezwingbar auch für mäßig Trainierte. Von Fort William aus erleichtert ein Wanderweg den Aufstieg. Wer die Highlands erkunden möchte, kommt an deren "Hauptstadt" nicht vorbei. Inverness, der Verkehrsknotenpunkt am Moray Firth und Einfahrt zum Kaledonischen Kanal, dient als Basislager für Exkursionen. Echte Genießer gehen von hier aus auf Tour durch die Speysider Whisky-Destillerien im Speyside Valley. Der westlich von Aberdeen gelegene Cairngorm Nationalpark rund um die gleichnamigen Mountains lädt zu vielfältigem Outdoorprogramm. Im Spätsommer zeigt sich die Natur den Wanderern farbenprächtig und kontrastreich: mit richten Pinienwäldern, rostbraun-orange leuchtenden Gras- und Heidebüscheln und stillen klaren Seen inmitten karger Felsrücken. Wem der Schuh drückt, der hält einfach einen Postbus an und fährt beim Briefträger mit. Das ist in den Highlands üblich - genauso wie bei Nessie vorbeizuschauen. Das Besucherzentrum an der am Loch Ness gelegenen Ruine von Urquhart Castle gibt Einblicke in die Abgründe des Sees und der Monster-Legende.


Highlander in Film und Fell

Aber auch echte Tiere können in Schottland natürlich bewundert werden. "Tierfreunde kommen im ganzen Land auf ihre Kosten", sagt Wilfried Klöpping und schwärmt von Rotwild, Lachsen und munteren Delfinen in der Meeresbucht von Inverness. "An den Küsten brüten Papageientaucher und über einem kreisen majestätische Steinadler." Die Highlands geben sich höchst heterogen. Im Süden ist es grün, im Norden eher karg, extrem dünn besiedelt und schroff, die Felsküsten von Wasser und Winterstürmen zerfurcht. Die Central Highlands im mittleren Nordwesten präsentieren ein Schottland wie aus dem Bilderbuch. Spröde Felsen und vegetationsreiche Hochmoorlandschaften, Wege, querfeldein durch raues, unwegsames Gelände, ein permanentes Auf und Ab von 700 bis 1.400 Metern Höhe. Geübte Kraxler finden hier anspruchsvolle alpine Routen durch Millionen Jahre altes erodiertes Urgestein, aber auch touristische Highlights wie die berühmte Burg des Film-"Highlanders": Eilean Donan Castle. Und hin und wieder lassen sich vierbeinige "Highlander" blicken, zum Beispiel das robuste langhörnige Schottische Hochlandrind. Es trägt einen dichten rostbraunen Pelz, um den es manch ein Wanderer beneidet. Speziell bei Gegenwind."

Der DJH-Reiseservice bietet im kommenden Sommer verschiedene Erlebnisreisen nach Schottland an. Für Einzelreisende besonders geeignet sind die Entdeckungstour mit dem Dachzeltbus, Wanderungen durch die Highlands und die äußeren Hebriden oder die "walking classrooms". Schottland-Einsteiger können einen Kurztrip nach Edinburgh unternehmen, und Familien finden im Cairngorm Mountains National Park ein Urlaubsrevier abseits vom Alltag.

Mehr Infos gibt es im aktuellen Reisekatatog, unter www.djh-reisen.de und unter der Telefonnummer 05231 740110. Schottische Jugendherbergen sind unter www.syha.org.uk zu finden. Kürzlich neu eröffnet hat die Jugendherberge Edinburgh Central im Herzen der Hauptstadt.


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Quelle:
extratour Nr. 1, Januar/Februar 2007, S. 30
Die Zeitschrift für Mitglieder im Deutschen Jugendherbergswerk
Herausgeber: Deutsches Jugendherbergswerk DJH
Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V.
Leonardo-da-Vinci-Weg 1, 32760 Detmold
Tel.: 05231/99 36-0, Fax: 05231/99 36-66
Internet: www.jugendherberge.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich
Der Bezugspreis der Zeitung ist im
DJH-Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2007