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TOURTIP/957: Per Mountainbike zum Kulturgenuß (extratour - DJH)


Deutsches Jugendherbergswerk - extratour Nr. 2, März/April 2010

Tourentipps

Per Mountainbike zum Kulturgenuss


Mit dem Mountainbike erobern Aktive nicht nur unwegsames Gelände, sondern nebenbei gleich noch kulturelle Ziele. Extratour stellt Routen vor, die nicht nur die Muskeln, sondern auch den Geist anregen. Es geht zunächst in den Harz, wo Biker auf den Spuren Caspar David Friedrichs und Heinrich Heines unterwegs sind. Außerdem wird im Erzgebirge über den Tellerrand geblickt.


In Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge kommen Biker bergauf und bergab auf ihre Kosten. Sie finden im Oberharz zwischen Seesen, Wernigerode und Sankt Andreasberg ein dichtes Netz gut ausgeschilderter Mountainbike-Strecken vor. Auf mehr als 1.400 Kilometern lassen sich sportliche Leistungen, Naturerlebnis und Kultur in praller Vielfalt verknüpfen. Geübte Fahrer machen sich "Auf zum Brocken". Der respektable Rundkurs beginnt und endet am Bahnhof im Ort Drei Annen Hohne. Auf der Tour passieren die Biker den Trudenstein, von dem man sagt, dass Caspar David Friedrich ihn in seinem Gemälde "Der Watzmann" im Vordergrund abgebildet hat. Weiter geht es zum 1.142 Meter hohen Brocken. Er gilt als Inbegriff der deutschen Teilung, denn als Sperrgebiet war er bis zum 3. Dezember 1989 nicht zugänglich. Heute arbeiten sich die Biker sportlich den ruppigen Anstieg hinauf, wo sie nicht nur mit einer tollen Aussicht belohnt werden. Im Brockenhaus erwartet sie als kulturelles Intermezzo auch eine moderne Ausstellung über Geschichte und Natur des Berges. Dort erfahren Besucher, was Hexen und Teufel auf dem Berg zu suchen haben, warum schon Goethe in den Harz kam und weshalb sich Militär-, Sende- und Abhöranlagen auf dem Gipfel befinden. Der Brockengarten, 1890 auf dem Plateau des Gipfels gegründet, dient heute als öffentliche Schauanlage für Hochgebirgspflanzen. Mehr als 1.600 Arten wachsen hier. Die knackige Abfahrt folgt dem Hirtensteig bis zur Stempelsbuche. Von dort führt die Strecke abwärts bis zum Molkenhausstern und zurück nach Drei Annen Hohne. Die Strecke ist aufgrund ihres Profils relativ anspruchsvoll. Zwar gibt es nur wenige kurze Extremanstiege, es müssen aber rund 1.000 Höhenmeter überwunden werden.

Profil: Distanz: 29 km - Dauer: 1 h 30 min bis 2 h - Ø-Tempo: 18 km/h - Ansprüche an Kondition und Fahrtechnik: hoch

© DJH Profil:

Distanz: 29 km
Dauer: 1 h 30 min bis 2 h
Ø-Tempo: 18 km/h
Ansprüche an Kondition und Fahrtechnik: hoch

Der Geist des Gebirges

Sport und Kultur bilden auch bei verschiedenen anderen Routen im Harz ein eingespieltes Team. So begeben sich Mountainbiker bei der "Kleinen Ilsesteintour" wie einst Heinrich Heine zu den Ilsefällen, dem Ilsestein und dem Heinedenkmal. "Der Geist des Gebirges begünstigte mich ganz offenbar; er wusste wohl, dass so ein Dichtermensch viel Hübsches weitererzählen kann, und er ließ mich diesen Morgen seinen Harz sehen, wie ihn gewiss nicht jeder sah", schrieb Heine in seinem 1826 veröffentlichten Bericht über seine Harzreise. Die Reisebeschreibungen, eine Vermischung von Naturbeschreibungen und Gesellschaftskritik, bedeuteten seinen literarischen Durchbruch. Während der Dichter seine Touren zu Fuß zurücklegte, sind Sportliche hier heute gerne mit dem Mountainbike unterwegs. Die Strecke führt vom Waldhotel hinauf zum Ilsestein und schließlich zur Blauen Steinstraße Ilsenburg. Sie ist meist locker zu fahren, sodass Biker genug Puste haben, um die Atmosphäre in sich aufzunehmen, von der schon Heine schwärmte. Nur entlang der Ilsefälle ist Ausdauer gefragt: Hier trennt ein mehr als drei Kilometer langer Anstieg die Spreu vom Weizen.
www.wernigerode-tourismus.de

© DJH

© DJH Profil:

Distanz: 22,7 km
Dauer: 2 h
Ø-Tempo: 12 km/h
Ansprüche an Kondition und Fahrtechnik: mittel

Jugenherbergen:
JH Wernigerode, Tel. 03943 606176,
E-Mail: jh-wernigerode@djh-sachsen-anhalt.de
JH Schierke, Tel. 039455 51066,
E-Mail: jh-schierke@djh-sachsen-anhalt.de




Blick über den Tellerrand

Neben solchen Fahrten auf eigene Faust gibt es für Mountainbiker auch die Möglichkeit, sich geführten Touren anzuschließen. Sie bieten viele Vorteile: Erfahrene Guides wählen im Vorfeld reizvolle Strecken aus, geleiten die Fahrer sicher und wissen Spannendes über die Region zu berichten. So hat der DJH-Landesverband Sachsen mit der "Tellerrandtour" ein Angebot für Freunde der härteren Gangart geschaffen, das zwei Tage anspruchsvollen Mountainbike-Genuss auf den urwüchsigen Trails des böhmischen Erzgebirges mit geschichtsträchtigen Impressionen verknüpft. Basislager für die Biker sind die Jugendherbergen Johanngeorgenstadt und Grumbach. Über Jahrhunderte prägte der Bergbau die Stadt im Erzgebirge. Heute halten Schauvorführungen das Erbe der Montanindustrie lebendig: Im Pferdegöpel erleben Besucher die Schachtförderung mithilfe von zwei Pferdestärken in einer original wiedererrichteten Anlage. Und das Schaubergwerk "Glöck´l" vergegenwärtigt mehr als 300 Jahre Bergbaugeschichte sowie mehr als fünf Millionen Jahre Erdgeschichte. Auch bei den zwei geführten Ganztagestouren mit dem Mountainbike ist die Montankultur aus vergangener Zeit spürbar. Bei den klassischen Mittelgebirgstouren herrscht ein ständiges Auf und Ab. Die knackigen Anstiege hinauf zum Blatensky vry (Plattenberg), zum Klinovec (Keilberg) und einigen weiteren Höhen des Erzgebirges werden mit Ausblicken auf verwunschene böhmische Dörfer und altertümliche Kulturgüter belohnt. Hier wird spürbar, wie sehr der Bergbau die Landschaft geformt hat, aber auch, welchen Erfolg die Rekultivierung in den vergangenen 20 Jahren hatte. "Wir wollen im Rahmen der Tour bewusst über den Tellerrand schauen und nachempfinden, welche Faktoren die Region auf deutscher wie auf tschechischer Seite geprägt haben", sagt Tilo Geyer, einer der Tourguides. Der erfahrene Biker kennt das Erzgebirge wie seine Westentasche und nutzt die Fahrtpausen, um den Teilnehmern Wissenswertes zu erzählen. Nach einem erlebnisreichen Tag erholen sich die Biker beim gemeinsamen Grillen in der Jugendherberge. Am nächsten Tag geht es direkt sportlich weiter. Schon nach wenigen Kilometern wird auf böhmischen Wegen gestrampelt. Schnelle Wege wechseln sich ab mit schmalen Pfaden, Waldflächen mit Häuseransammlungen. Auch eine Schiebestrecke ist zu bewältigen. Der anschließende Downhill lässt die Herzen der Fahrtechniker höherschlagen. Die Tour ist nur für Könner geeignet. Die können sich dafür auf ein intensives Fahrerlebnis in der Region freuen, das Naturerfahrung und geschichtliches Erbe gekonnt verknüpft.
www.movement-aktiv.de



Profil:
Distanz: 77 und 73 km Dauer: 8 h pro Tour
Ø-Tempo: 12 km/h
Ansprüche an Kondition und Fahrtechnik: hoch


Jugendherbergen:
JH Johanngeorgenstadt, Tel. 03773 882194, E-Mail: jhjohanngeorgenstadt@djh.de
JH Grumbach, Tel. 037343 2288, E-Mail: jhgrumbach@djh.de

Informationen
Information und Buchung über das Service- und Reisecenter des DJH-Landesverbands Sachsen, Tel. 0351 4942211, E-Mail: servicecenter-sachsen@djh.de
Suche von Jugendherbergen für eine eigene Tour: www.jugendherberge.de


Der Schlösser-Rundweg

Palastbauten zum Träumen

Kultur und Sport gehen auch auf dem Fahrrad gut zusammen. Der Schlösser Rundweg in der Mecklenburgischen Schweiz belohnt Radler mit Aussichten auf herrschaftliche Gebäude der Region. Extratour sprach mit Marianne Schulz, Landesradwegemeisterin beim Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern.

EXTRATOUR: Frau Schulz, Sie haben den Schlösser-Rundweg mit entworfen. Was ist das Besondere an der Strecke?

MARIANNE SCHULZ: Wie der Name schon vermuten lässt, findet man hier wirklich ein Märchenschloss neben dem anderen. Hinzu kommt eine Naturlandschaft, die diese romantische Atmosphäre noch verstärkt - mit verwunschenen Seen, verborgenen Tälern und für den Norden durchaus stattlichen Hügeln. Ich kann nur jedem empfehlen, diese Mischung aus Kultur und Natur einmal auf eigene Faust zu erkunden.

EXTRATOUR: Welche Sehenswürdigkeiten empfinden Sie als besonders reizvoll?

MARIANNE SCHULZ: Bei den Gebäuden fällt mir das Schloss Basedow ein, eines der bedeutendsten Herrschaftsgebäude Mecklenburg-Vorpommerns. Die dreiflüglige Anlage liegt inmitten eines großen Landschaftsparks, der die Handschrift von Peter Joseph Lenné trägt - dem wichtigsten Gartenarchitekten des Klassizismus. Vor Ort werden interessante Führungen angeboten. Ebenfalls sehenswert ist der Blücherhof. Er beweist, dass sich Neobarock und Jugendstil bestens mit russischer Folklore vertragen. Das Highlight schlechthin ist aber der Malchiner See, den man von vielen Teilen des Radweges aus sieht. Er ist im Zuge der Eiszeit durch Schmelzwasser entstanden und bietet heute zahlreichen Vogelarten sowie seltenen Tieren wie Bibern und Fischottern ein Revier.

EXTRATOUR: Für wen ist die Strecke zu empfehlen?

MARIANNE SCHULZ: Der Radweg kann von Radlern mit durchschnittlicher Kondition problemlos befahren werden. Es geht schon mal ordentlich auf und ab zwischendurch, aber das ist meist gut machbar. Wir empfehlen, die Tour auf zwei Tage aufzuteilen. Man kann sich aber natürlich auch mehr Zeit lassen oder nur Teile des Radweges befahren.
www.auf-nach-mv.de


Mehr als 250 Jugendherbergen tragen das Label des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) für fahrradfreundliche Unterkünfte. Sie bieten die Möglichkeit, das Bike oder Rad sicher unterzustellen und nasse Kleidung sowie Ausrüstung in einem Extraraum zu trocknen. Ebenso stehen Werkzeug sowie Infomaterial zur Verfügung. Aber auch die anderen Jugendherbergen stellen sich auf Biker und Radler ein. Ein Großteil liegt mitten in der Natur, und dank des dichten Netzes an Häusern lassen sich für fast jede Tour Übernachtungsmöglichkeiten finden.

Eine Liste aller "Bett & Bike"-Jugendherbergen ist unter www.adfc.de zu finden. Dort sowie unter www.deutschland-tourismus.de gibt es weitere Infos und Routen.


Der Schlösser-Rundweg

Der Schlösser-Rundweg führt auf rund 140 Kilometern durch die Mecklenburgische Schweiz. Es geht vorbei am Kummerower und Malchiner See, an Bächen und Teichen. Die Landschaftsparks großer Gartenarchitekten wechseln sich nahtlos ab mit der unberührten Natur. Und immer wieder säumen Schlösser, Burgen und Gutshäuser den Weg. Zugleich erhalten Radler einen Eindruck von der frühen Besiedlung der Region. So finden sich nicht nur zahlreiche Hügelgräber aus der Steinzeit. Auf einer Insel im Teterower See ist auch ein slawischer Ringwall zu finden.

© DJH

© DJH Profil:

Distanz: 140 km
Dauer: 2 Tage
Ansprüche an Kondition und Fahrtechnik: mittel

Jugenherbergen:
JH Teterow, Tel. 03996 172668,
E-Mail: info@jugendherberge-teterow.de
JH Dahmen, Tel. 039933 70552,
E-Mail: jh-dahmen@djh-mv.de


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Quelle:
extratour Nr. 2, März/April 2010, S. 9-13
Die Zeitschrift für Mitglieder im Deutschen Jugendherbergswerk
Herausgeber: Deutsches Jugendherbergswerk DJH
Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V.
Leonardo-da-Vinci-Weg 1, 32760 Detmold
Tel.: 05231/99 36-0, Fax: 05231/99 36-66
Internet: www.jugendherberge.de

Erscheinungsweise: zweimonatlich
Der Bezugspreis der Zeitung ist im
DJH-Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2010