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TOURTIP/994: Nationalpark Eifel - Wald, Wasser, Wildnis (Unser Wald)


Unser Wald - 2. Ausgabe, März/April 2012
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Nationalpark Eifel
Wald, Wasser, Wildnis

von Michael Lammertz



Natur Natur sein lassen

Im Nationalpark Eifel kann sich die Natur frei entfalten. Ehemals von Menschenhand gestaltete Landschaften verwandeln sich nach und nach wieder in "Buchen-Urwälder". Heute unterliegen in dem 2004 gegründeten Entwicklungs-Nationalpark bereits über die Hälfte der insgesamt 11.000 Hektar dem Prozessschutz. Nach 30 Jahren, also bis 2034 werden es über 75‍ ‍Prozent sein.

Neben offenen Graslandflächen setzt sich die Vegetation zu 80 Prozent aus Waldgebieten zusammen, die sich in eine mäandrierende Talsperrenlandschaft einbetten. Primäres Ziel im Nationalpark Eifel ist der Schutz und die freie Entwicklung der bodensauren Rotbuchen-Mischwälder in Mittelgebirgslagen.

Da sich das natürliche Verbreitungsgebiet der Rotbuche auf Europa beschränkt, kommt Wald-Nationalparken wie dem in der Eifel auch global eine besondere Bedeutung zu. Rund 13 Millionen Hektar Wald werden jährlich weltweit vernichtet, das ist mehr als die deutschen Waldfläche. Nur wenn wir unserer Verantwortung zum Schutz der bei uns heimischen Wälder entsprechend nachkommen, können wir von anderen Ländern den großflächigen Schutz ihrer Wälder fordern. Der Nationalpark Eifel ist bislang der einzige im Westen und Südwesten der Republik. Die Landfläche der heutigen 14 Nationalparks in Deutschland macht insgesamt 0,54 Prozent der deutschen Gesamtfläche aus.

Wildkatze im Schnee - Foto: © H. Grabe

Etwa 50 Wildkatzen finden im Nationalpark Eifel ihren Lebensraum.
Foto: © H. Grabe

Wildnarzissen, Rothirsche, Wildkatzen & Co

Sofern der Naturschutz nicht gefährdet wird, sollen Nationalparks ausdrücklich auch der Umweltbildung und dem Naturerleben dienen. Und im Nationalpark Eifel lässt sich so einiges erleben, 365 Tage im Jahr: Wilde Narzissen verwandeln die Talwiesen im Süden des Nationalparks jedes Frühjahr in ein gelbes Blütenmeer. Im Sommer wachsen auf den Wiesen duftende Wildkräuter. Wenn der September die ersten kalten Nächte bringt, wird es laut im Nationalpark. Mit etwas Glück ist dann bei herbstlichen Wanderungen der Ruf des Rothirsches zu hören. Auf leisen Pfoten dagegen schleichen Wildkatzen durch die Dämmerung. Spuren im Schnee verraten die Anwesenheit der scheuen "Eifeltiger". In den sauberen Gewässern der Region baut der Biber seine Burgen und über den Stauseen ziehen Milane ihre Kreise. In den Mittelgebirgsbächen tummeln sich Bachforellen, Neunaugen und Elritzen. Der Schwarzstorch dagegen sucht besonders gerne in flachen Tümpeln nach Nahrung. Insgesamt wurden bereits 6.200 Tier- und Pflanzenarten im Nationalpark Eifel nachgewiesen, über 1.400 davon mit einem aktuellen Rote-Liste-Status.

Besucher - herzlich willkommen

Ob wandernd, mit dem Rad, auf Skiern oder zu Pferd: Ein markiertes Wegenetz macht den Nationalpark für Besucher erlebbar. Wer das Gebiet lieber in fachkundiger Begleitung kennen lernen möchte, kann aus jährlich über 600 Ranger-Touren, Familientagen sowie speziellen Programmen für Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen wählen. Barrierefreie Angebote, wie zum Beispiel in Gebärdensprache übersetzte Rangerführungen, machen den Nationalpark für Menschen mit Behinderung erlebbar. Gruppen können bei der Nationalparkverwaltung exklusive Touren mit speziell für den Nationalpark ausgebildeten Waldführern buchen. Erster Anlaufpunkt eines jeden Nationalparkbesuchers sollte eines der fünf Nationalpark-Tore sein. Diese Informationshäuser kombinieren touristische Servicestellen mit unterschiedlichen Ausstellungen zu der Tier- und Pflanzenwelt des Schutzgebietes. Alle Nationalpark-Tore bieten mehrere Filme zur Auswahl, sind stufenlos erreichbar und mit barrierefreien Sanitäreinrichtungen ausgestattet. Teilweise verfügen sie über Blindenleitsysteme und Audioführer. Bei freiem Eintritt sind die Nationalpark-Tore täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Familie mit Ranger und Hund unterwegs - Foto: © C. Herr

Im Nationalpark Eifel werden Rangertouren von ganz unterschiedlicher Schwierigkeit angeboten.
Foto: © C. Herr

Der Wildnis-Trail: Quer durch - Mitten drin

Eine wahre Herausforderung ist der 85 Kilometer lange Wildnis-Trail. Vom südlichen Ende in Monschau-Höfen bis zur nördlichen Spitze in Hürtgenwald-Zerkall führt der Wanderweg in vier Tagesetappen längs durch den gesamten Nationalpark. Wanderstrecken zwischen 18 und 25 Kilometern Länge machen dabei sämtliche Landschaften und Lebensräume des Nationalparks erlebbar. Das Wandererlebnis ist auch als Arrangement mit Übernachtungen und Shuttle zum Ausgangspunkt buchbar. Gepäcktransport, Begleitung durch einen Nationalpark-Waldführer und "Faulenzertage" sind buchbare Zusatzoptionen. Den Wildnis-Trail gibt es auch als Bildungsurlaub. www.wildnis-trail.de

Nationalpark-Gastgeber

Speziell geschulte und auf Nationalpark-Besucher ausgerichtete Restaurants sorgen für das leibliche Wohl ihrer Gäste. Über die Teilnahme an mehrtägigen Fortbildungen qualifizierten sich auch Hotels, Ferienwohnungen, Campingplätze, ein Wohnmobilhafen und ein barrierefreies Gästehaus zu Nationalpark-Gastgebern. Darüber hinaus erfüllen die 46 Partner-Betriebe des Nationalparks die Qualitäts- und Umweltkriterien nach Viabono bzw. der Marke Eifel. 14 der Nationalpark-Gastgeber haben sich durch eine Qualifizierung auf Menschen mit Behinderung ausgerichtet. www.nationalpark-gastgeber.eu

Der Ranger erklärt anhand einer Relieflandschaft die Besonderheiten des Nationalparks - Foto: © Nationalparkforstamt Eifel

Im 2011 eröffneten barrierefreien Natur-Erlebnisraum Wilder Kermeter können Menschen mit und ohne Behinderung die entstehende 'Wildnis' erfahren.
Foto: © Nationalparkforstamt Eife

Wildnis für Alle

Mit Gründung des Schutzgebietes im Jahr 2004 hat sich die Nationalparkverwaltung Eifel das Ziel gesetzt, das Großschutzgebiet barrierefrei erlebbar zu machen. Daher werden bei der Entwicklung von Naturerlebnis- und Umweltbildungsangeboten konsequent die Belange von Menschen mit und ohne Behinderungen berücksichtig. In Zusammenarbeit mit zahlreichen Kooperationspartnern stehen bereits eine ganze Reihe von Führungen, Ausstellungen und umweltpädagogischen Programmen für Menschen mit und ohne Behinderungen zur Auswahl. Seit Mai 2011 ermöglicht der barrierefreie Naturerlebnisraum "Wilder Kermeter" es allen Menschen, dieses Herzstück des Nationalparks auf eigene Fast zu erkunden: Ein fünf Kilometer langes, rollstuhlgerechtes Wegenetz mit Blindenleitsystem und zahlreichen Rastmöglichkeiten führt zum Felsvorsprung Hirschley. Dieser wohl schönste Aussichtspunkt im Nationalpark Eifel eröffnet einen grandiosen Panoramablick über die Wald-Seen-Landschaft, die auf einem dreidimensionalen Tastmodell aus Bronze erläutert wird. Der Wilde Kermeter bietet auch barrierefreie Toiletten, Behindertenparkplätze und eine barrierefreie Bushaltestelle am Ausgangspunkt Parkplatz Kermeter. Sinnesliegen an drei verschiedenen Standorten ermöglichen eine neue Perspektive in die entstehenden Urwälder aus zweiter Hand.

Vogelsang

Umgeben vom Nationalpark Eifel liegt oberhalb des Urftsees die 100 Hektar große Enklave der ehemaligen NS-"Ordensburg" Vogelsang. Ab 1934 errichtet, sollte sie als Ausbildungszentrum für den nationalsozialistischen Parteinachwuchs dienen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges übernahmen die britischen Streitkräfte die Anlage. Rund um Vogelsang richteten sie auf der Dreiborner Hochfläche den 3.300 Hektar großen Truppenübungsplatz Vogelsang ein, der 1950 an die belgischen Streitkräfte übergeben wurde. Bis zur Schließung des Truppenübungsplatzes im Jahr 2005 wurde die Anlage Vogelsang als Kaserne genutzt. 60 Jahre lang war die Dreiborner Hochfläche aufgrund der militärischen Übungen für die Öffentlichkeit weitgehend gesperrt. Als Teil des Nationalparks ist das Areal heute wieder auf einem markierten Wegenetz von 50 Kilometern Länge für Besucher erlebbar. Die Anlage Vogelsang wird zu einem internationalen Ausstellungs- und Bildungszentrum entwickelt. Bereits heute bieten speziell ausgebildete Vogelsang-Referenten verschiedene begleitete Geländerundgänge an. Einer von insgesamt 14 Nationalpark-Infopunkten hält im Besucherzentrum Vogelsang Infomaterial zum Nationalpark bereit.

Luftbild des Geländes - Foto: © R. Hövel

In der inmitten des Nationalparks gelegenen ehemaligen NS-'Ordensburg' Vogelsang entsteht ein internationales Ausstellungs- und Bildungszentrum.
Foto: © R. Hövel

Den Nationalpark-Veranstaltungskalender und weiteres kostenfreies Informationsmaterial: Landesbetrieb Wald und Holz NRW Nationalparkforstamt Eifel Urftseestraße 34 53937‍ ‍Schleiden-Gemünd Tel.: 02444. 9510-0, Fax: -85 Email: info[at]nationalpark-eifel.de www.nationalpark-eifel.de

Autor
Michael Lammertz
Nationalparkverwaltung Eifel
Fachgebietsleiter Kommunikation und Naturerleben

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
2.‍ ‍Ausgabe, März/April 2012, Seite 8-9 (Autorenfassung)
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2012