Schattenblick →INFOPOOL →UNTERHALTUNG → SPUCKNAPF

SCHLUCKAUF/0053: Discount-Doktoren - Nachtisch & Satire (SB)


Discount-Doktoren


Den Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen sei Dank, endlich kann sich die verkaufstüchtige deutsche Pharmaindustrie einen Traum erfüllen. Weil der Staat die Ausbildungskosten für Ärzte und Pharmazeuten absehbar nicht mehr im bisherigen Umfang tragen wird, will der Industrieverband die drohende Versorgungslücke mit einem neuen Berufsstand schließen: dem Pharmaziner.

An medizinisch-pharmazeutischen Fachschulen, die von namhaften Pharmaunternehmen getragen werden, sollen in einem dreijährigen Ausbildungsgang dem Heilpraktiker oder Physiotherapeuten gleichgestellte Fachkräfte ausgebildet werden. Jeder kann sie bei einfacheren Gesundheitsproblemen anstelle eines Arztes konsultieren. Das besondere: Der Pharmaziner ist in einem genau definierten Rahmen berechtigt, rezeptpflichtige Medikamente zu verschreiben. Eine entsprechende Änderung der Verschreibungspflicht ist bereits in Vorbereitung.

Da der Pharmaziner vom jeweiligen Pharmaunternehmen ein Fixgehalt zuzüglich Verkaufsprovision erhält, zahlen seine Klienten lediglich eine geringe Verwaltungs- und Beratungsgebühr. Somit kommt der Gang zum Pharmaziner gerade bei finanziell Schlechtergestellten in Zukunft immer vor dem Arztbesuch. Preisgünstiger sind die vom Pharmaziner verschriebenen Medikamente wegen der direkten Herstelleranbindung ohnehin.

Daß Kritiker die Vertreter des neuen Berufszweigs als "Hartz-IV-Ärzte" oder "Asi-Apotheker" bespötteln, hält die Bewerberlawine an den neuen Fachschulen nicht auf. Immerhin sollen die späteren Verdienstmöglichkeiten fantastisch sein. Demgegenüber sind im kommenden Semester erstmalig an allen deutschen Universitäten die Zulassungsbeschränkungen (Numerus clausus) im Fachbereich Medizin aus Mangel an Studenten aufgehoben.

24. Februar 2010