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SCHLUCKAUF/0063: Aneignungsturbo - Nachtisch & Satire (SB)


Aneignungsturbo


Keine Lust zum Shoppen? Sie brauchen nichts? Sie haben ohnehin schon viel mehr herumliegen, als Sie unterbringen können? Keine Sorge, eine Forschergruppe der Aachener Hochschule für Wirtschaftswissenschaften hat jetzt ein völlig neues Konzept zur Förderung der Kaufmotivation entwickelt. Ein Konzept, das weder bei der Beschaffenheit der Ware noch bei deren gefälliger Präsentation ansetzt, sondern beim Aneignungsverhalten selbst.

In einer breit angelegten, kulturübergreifenden Studie haben die Aachener Wissenschaftler zahlreiche Ethnien auf ihr Aneignungsstreben hin untersucht. Dabei konnten sie nachweisen, daß das Streben nach persönlichem Besitz im Verhältnis zur Abgrenzung gegenüber dem sozialen Umfeld (Individualisierung) als auch gegenüber dem bio-geologischen Umfeld wie Tieren, Pflanzen, Bergen und Flüssen (Anthropozentrierung) zunimmt. Beispielsweise fehlt Pygmäen, die noch traditionell in engster Verbindung mit ihrer Umgebung und ihrer Gruppe leben, weitestgehend der Drang, Dinge in ihren persönlichen Besitz zu bringen. Eigentum existiert für sie gewissermaßen nicht. Demgegenüber ist das Aneignungsinteresse bei den ihrem nativen sozialen Umfeld sowie ihrer Umgebung in jeder Hinsicht zutiefst entfremdeten nordamerikanischen Großstädtern so hoch entwickelt, daß es im Verlauf der Studie wiederholt zu Konflikten kam. Beispielsweise hatten einige Großstädter den Pygmäen Tabakwaren überreicht, die von diesen unverzüglich und ohne das geringste Anzeichen von Dankbarkeit oder sozialer Würdigung in Gebrauch genommen wurden. Prompt reagierten die Großstädter auf dieses in ihren Augen bewußt beleidigende Verhalten mit Aggression.

Durch weitere Studien konnten die Forscher den Zusammenhang zwischen Aneignungsstreben und der Abgrenzung zum sozialen sowie bio-geologischen Umfeld zweifelsfrei belegen. Dieses Ergebnis führte zu dem Schluß: Zur grundlegenden Verstärkung des Besitzstrebens, also zur Verbesserung der Kauflaune, muß die soziale Abgrenzung weiter intensiviert und das Verhältnis zum bio-geologischen Umfeld noch tiefgreifender gebrochen werden! Das könnte etwa durch die Förderung der Individualisierung geschehen, unter anderem durch weitere Differenzierung sozialer Splittergruppen (Zungenroller/Nichtroller u.ä.), aber auch durch die Förderung anthropozentrischer Umgebungen, die die Sonderposition des Einzelnen hervorheben (optisch/akustisch reflektierende Flächen u.ä.).

Falls Sie intuitiv bereits die richtigen Lebensumstände gewählt haben - Gratulation! Lassen Sie sie auf sich wirken und dann: Möge Ihre Kauflaune von ewiger Dauer sein!

10. September 2010