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SCHLUCKAUF/0081: Kriegserklärung - Nachtisch & Satire (SB)


Kriegserklärung


Das vorliegende Manuskript einer parteiinternen Rede wurde auf einem Autobahnrastplatz kurz vor München in einem aufgebrochenen, ansonsten leeren Diplomatenkoffer gefunden. Wer die Rede wann und wo halten sollte oder gehalten hat, ist der SCHLUCKAUF-Redaktion nicht bekannt. Das Manuskript wurde der Redaktion von einem aufmerksamen Autofahrer zugestellt. Trotz seiner ungeklärten Herkunft dürften verschiedene Passagen besonders für politisch Andersdenkende von einigem Interesse sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Parteifreunde!

Vielen Dank, daß Sie in so großer Zahl erschienen sind. Denn die Zeit ist reif für ein offenes Wort. Wie ich höre, verstehen viele Parteifreunde in den Ortsverbänden unsere Politik nicht mehr. Diesem Mißstand abzuhelfen bin ich fest entschlossen, selbst wenn es bedeutet, Ihnen einige politische Tatsachen zuzumuten, deren Zurkenntnisnahme vielleicht erst in einigen Monaten unumgänglich sein wird.

Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland die Wehrpflicht ausgesetzt und den Verteidigungshaushalt drastisch gekürzt. Sie haben diese Entscheidung im Vertrauen auf Ihre politische Führung mitgetragen. Doch wenn nun die deutschen Reeder verbindliche Ernstfall-Regelungen für die auf ihren Schiffen tätigen Sicherheitsdienste fordern, weil unsere Bundesmarine ihnen vor der Küste Somalias keinen ausreichenden Schutz gewährleisten kann, verstehen Sie im Nachhinein diese Entscheidung nicht mehr.

Eine Beschneidung der Bundeswehr einerseits, aber eine gesetzliche Befugniserweiterung privater Sicherheitsdienste andererseits - was, so fragen Sie sich mit vollem Recht, hat das zu bedeuten? Sind das keine Abrüstungsbemühungen, sondern eine gezielte Verschiebung des staatlichen Gewaltmonopols in den privaten Sicherheitsdienstleister-Bereich? Und wenn ja, warum?

Lassen Sie uns dieser Frage gemeinsam nachgehen! Wie Sie wissen, wollten die Väter unseres Grundgesetzes mit Hilfe der allgemeinen Wehrpflicht eine Bundeswehr erschaffen, deren Bürgernähe durch die aus allen Schichten der Gesellschaft stammenden Wehrpflichtigen stets garantiert bleibt. Das war ein grunddemokratischer Gedanke, meine Damen und Herren, und wir sind heute noch stolz darauf!

Doch die Zeiten ändern sich. Und damit auch die Aufgaben unserer Soldaten. Nicht feindliche Armeen bedrohen mehr unser Land, sondern, Sie wissen das, heuschreckenartig einfallende Schwärme unausgebildeter, leistungsunwilliger und primitivdenkender Eindringlinge, überwiegend aus dem afrikanischen Raum. Dazu wächst im Inland die Bedrohung durch das Heer der Sozialschmarotzer und Berufsprotestierer. Fassen Sie den Mut, ganz genau hinzuschauen: Der deutsche Rechtsstaat befindet sich derzeit in einer akuten Bedrohungslage. Wenn er nicht untergehen will - wenn wir nicht untergehen wollen, meine Damen und Herren - muß dieser Bedrohung ein Ende gesetzt werden. Daher, einzig aus tiefempfundenem Plichtgefühl gegenüber unserer Heimat, erklären wir, erklärt unsere Partei, diesen Aggressoren modernen Typs ganz unmißverständlich den Krieg!

Keine Bange, sämtliche dafür notwendigen Maßnahmen wurden von umsichtigen Volksvertretern bereits eingeleitet. Wir sind, wie man so schön sagt, gut aufgestellt. Und weil uns an dieser neuartigen Front keine ehrbaren Soldaten gegenüberstehen werden, sondern multinationaler gesellschaftlicher Bodensatz, muß unsere Kampfstrategie diesem Umstand Rechnung tragen. Diese schwere Aufgabe müssen Menschen übernehmen, die den Umgang mit Verschlagenheit und Roheit gewohnt sind. Also keine 18-Jährigen aus bundesdeutschen Durchschnittshaushalten, sondern freiwillig tätige, hartgesottene, auch an Gemeinheiten nicht zerbrechende Ordnungskräfte, wie man sie heute vielfach als Angestellte bei Sicherheitsunternehmen trifft.

Die Bundesrepublik Deutschland hat einen schmutzigen Krieg zu führen, meine Damen und Herren! Und die psychische Belastung etwa bei Front-Ex-Einsätzen im Mittelmeer wäre unbedarften jungen Wehrpflichtigen keinesfalls zuzumuten. Warum also nicht arbeitslosen Vorbestraften oder Veteranen mit Integrationsschwierigkeiten die Chance geben, als Angestellte von Sicherheitsunternehmen diesen Krieg für uns alle zuende zu bringen? Das wäre ein großer Erfolg für sie selbst und ein großer Dienst an unserem Land. Darum ist es unerläßlich, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu gestalten, die diesen Erfolg ermöglichen.

Ja, meine Damen und Herren, an Ihren erfreuten und erleichterten Gesichtern sehe ich, daß Sie begreifen. Jawohl, Sie taten recht daran, uns zu vertrauen! Tun Sie es auch weiterhin. Denn wir alle wollen unseren Kindern und Kindeskindern ein Deutschland hinterlassen, in dem das Wiedereinsetzen der Wehrpflicht in ihrem ursprünglichen Sinne erneut verantwortbar ist. Ein Deutschland, wie es uns die Väter des Grundgesetztes dereinst zu treuen Händen anvertrauten. Dafür kämpfen wir in diesem Krieg. Mögen wir ihn bald gewinnen!

(Falls Autor oder Vortragender dieser Rede im Nachhinein Wert darauf legen, daß ihre Namen sowie der Vortragsort im SCHATTENBLICK publik gemacht werden, wenden Sie sich bitte umgehend an die SCHLUCKAUF-Redaktion.)

7. Juli 2011