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APPELL/240: 145 Organisationen fordern von der CDU - Stehen Sie ein für die menschenrechtliche Brandmauer (Pro Asyl)


Pro Asyl - Presseerklärung vom 3. Februar 2025

145 Organisationen fordern von der CDU: Stehen Sie ein für die menschenrechtliche Brandmauer - Flüchtlingsschutz und Menschenrechte sind Teil unserer Demokratie


In einem eindringlichen Appell wenden sich 145 Bundes- und Landesorganisationen an die Teilnehmer*innen des heute in Berlin tagenden CDU-Parteitags. Die Unterzeichnenden fordern sie auf, sich zu ihren christlichen und demokratischen Werten zu bekennen sowie den Rechtsstaat und die Menschenrechte zu verteidigen.

"Der Kurs, den Friedrich Merz mit der CDU einschlägt, ist alarmierend - ja, brandgefährlich für unsere Demokratie und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt", erklärt Halima Gutale, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL.

CDU-Mitglieder stehen in der Pflicht, umzukehren

"Heute stehen alle CDU-Mitglieder in der Pflicht, umzukehren. Verteidigen Sie die Menschenwürde aller Menschen! Die ermutigenden Proteste im ganzen Land zeigen doch: Wir alle müssen die Brandmauer sein - gegen Rechtsextreme und Völkische", so Gutale.

Der gemeinsame Appell, der von PRO ASYL mitinitiiert wurde und unter anderem von Amnesty International, Brot für die Welt, dem Deutschen Caritasverband, dem Deutschen Frauenrat, dem Deutschen Kinderhilfswerk und dem Forum Menschenrechte unterzeichnet wurde, enthält eine klare Botschaft: "Wir appellieren an die Vertreter*innen der CDU: Bekennen Sie sich zur menschenrechtlichen Brandmauer und stehen Sie mit uns ein für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte. Bitte nehmen Sie auch im Wahlkampf Abstand von einer Rhetorik und von Forderungen, die unsere Gesellschaft weiter spalten und Menschen gegeneinander aufbringen."

Die mit den Stimmen der johlenden AfD-Abgeordneten und der CDU am vergangenen Mittwoch im Bundestag verabschiedeten Anträge markieren eine dramatische Zäsur im Umgang der demokratischen Parteien mit den Rechtsextremen in der Bundesrepublik.

Organisationen wenden sich gegen Inhalt der CDU-Anträge

Mit ihrem Appell stellen sich die Organisationen entschieden gegen die Inhalte dieser Anträge - darunter die Zurückweisung von Schutzsuchenden an den Binnengrenzen, die Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, Rückführungen in Kriegs- und Krisengebiete sowie die pauschale Inhaftierung aller vollziehbar ausreisepflichtigen Personen.

Weiter heißt es: "Wir haben die Wahl: Wollen wir ein offenes, vielfältiges und demokratisches Land bleiben, das die Rechte und Grundfreiheiten aller wahrt und die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit respektiert und schützt? Oder kehren wir zurück in eine düstere Zeit, in der Grund- und Menschenrechte nur noch für einige gelten und ganze Bevölkerungsteile für gesamtgesellschaftliche Missstände verantwortlich gemacht werden?"

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Einstehen für die menschenrechtliche Brandmauer: Flüchtlingsschutz und Menschenrechte sind Teil unserer Demokratie
Gemeinsamer Appell von 145 Bundes- und Landesorganisationen zum 37. Parteitag der CDU am 3. Februar 2025

Uns alle eint der Wunsch nach einem Leben in einer Gesellschaft, die uns schützt und unterstützt, in der wir beteiligt und respektiert werden. Diese grundlegenden Werte - Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte - sind das Fundament unserer Gemeinschaft. Sie geben uns Stabilität, Sicherheit und Halt. Sie garantieren, dass unsere grundlegende Würde und unsere Freiheit gewahrt werden. Es ist die Aufgabe von uns allen, diese Werte zu bewahren und zu verteidigen.

Die Stärke unserer Gesellschaft liegt in der Vielfalt: Unterschiedliche Ideen, Herkunftsgeschichten, Religionen, Weltanschauungen und Identitäten bereichern uns. Geflüchtete Menschen aus zahlreichen Regionen der Welt sind längst Teil unserer Gesellschaft geworden. Sie arbeiten hier, engagieren sich und ziehen ihre Kinder groß. Taten einzelner Personen, die uns fassungslos machen und in Entsetzen zurücklassen, wie der schreckliche Angriff von Aschaffenburg, dürfen niemals dazu führen, dass ganze Gruppen stigmatisiert, rassifiziert oder entrechtet werden.

Wir gehören zusammen: Ob geflüchtet, eingewandert oder hier geboren, wir sind alle Teil dieser Gesellschaft. Grund- und Menschenrechte gelten entweder für uns alle oder sie gelten gar nicht. Die Diskussionen über Verschärfungen des Staatsangehörigkeits-, Aufenthalts- und Asylrechts, die aktuell auch von der CDU maßgeblich vorangetrieben werden, bedrohen dieses Selbstverständnis. Polarisierende und grob rechtswidrige Forderungen nach Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen, der Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, nach Rückführungen in Kriegs- und Krisengebiete und nach pauschalen Inhaftierungen aller vollziehbar ausreisepflichtigen Personen sind nicht dafür geeignet, aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Sie sorgen weder für mehr Sicherheit noch für zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum, Kitaplätze oder gleiche Bildungschancen, geschweige denn für ein funktionierendes Gesundheitssystem, in dem auch psychische Erkrankungen angemessen versorgt werden. Was noch schlimmer ist: Durch ihre offensichtliche Rechtswidrigkeit schwächen sie unsere Verfassung und den Wert von europäischem und internationalem Recht.

Wir appellieren deswegen an die Vertreter*innen der CDU: Bekennen Sie sich zur menschenrechtlichen Brandmauer und stehen Sie mit uns ein für gesellschaftliches Miteinander, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte.

Bitte nehmen Sie auch im Wahlkampf Abstand von Rhetorik und Forderungen, die unsere Gesellschaft weiter spalten und die Menschen gegeneinander aufbringen. In verschiedenen EU-Ländern sind die Folgen einer autoritären Politik zu beobachten. Dort wird ein "Wir gegen die Anderen"-Denken geschürt und Politik gegen queere Menschen, Migrant*innen, Arbeitslose und andere Minderheiten betrieben. Gewalt an den Grenzen - selbst gegen Kinder - ist bereits Normalität.

Gleichzeitig werden die Institutionen des Rechtsstaats untergraben, die Unabhängigkeit der Justiz angegriffen und die Arbeit von Anwält*innen und Journalist*innen behindert oder eingeschränkt. Als konservative, christlich-demokratische Partei muss die CDU hier gegenhalten und sich klar abgrenzen.

Wir haben die Wahl: Wollen wir ein offenes, vielfältiges und demokratisches Land bleiben, das die Rechte und Grundfreiheiten aller wahrt und das die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit respektiert und schützt? Oder gehen wir zurück in eine düstere Zeit, in der Grund- und Menschenrechte nur noch für einige gelten und ganze Bevölkerungsteile zu Schuldigen für gesamtgesellschaftliche Missstände gemacht werden?

Politische Handlungsfähigkeit zeigt sich durch Gesetze und Maßnahmen, die realistisch, wertebasiert und rechtskonform sind. Das ist unsere Erwartung an die CDU - aktuell im Wahlkampf und besonders bei einer möglichen Regierungsverantwortung. Die unterzeichnenden Verbände und Organisationen fordern die Parteispitze der CDU sowie alle Teilnehmenden des Parteitags auf: Stehen Sie zu Ihren christlichen und demokratischen Werten und bewahren Sie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zum Wohle aller Menschen in Deutschland. Stehen Sie für die menschenrechtliche Brandmauer ein - mit Worten und mit Taten.


Den Appell mit einer Liste der 145 unterzeichnenden Organisationen finden Sie unter:
https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2025_02_Gemeinsamer-Appell-zum-CDU-Parteitag-1.pdf

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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 3. Februar 2025
Postfach 160 624, 60069 Frankfurt/M.
Telefon: +49 069 - 24 23 14-0, Fax: +49 069 - 24 23 14 72
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. Februar 2024

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