Pro Asyl - Presseerklärung vom 13. März 2025
Pushbacks mit Ansage: Polen beschließt Aussetzung des Asylrechts
Heute hat der polnische Senat einem Gesetz zugestimmt, das die vorübergehende Aussetzung des Asylrechts ermöglicht. An der Grenze zwischen Polen und Belarus soll ein Großteil der Schutzsuchenden keine Asylanträge mehr stellen können. PRO ASYL verurteilt das rechtswidrige Gesetz auf das Schärfste und fordert die Europäische Kommission auf, der brutalen Pushback-Praxis an der polnisch-belarussischen Grenze Einhalt zu gebieten.
"Klar europarechtswidrige Praktiken werden in Gesetzesform gegossen - das ist eine gefährliche Entwicklung für die Rechtsstaatlichkeit in Europa", kommentiert Meral Zeller, Referentin in der Europaabteilung von PRO ASYL. "Die Aussetzung des Asylrechts zementiert die gewaltvolle Praxis der rechtswidrigen Pushbacks an der polnisch-belarussischen Grenze. Durch das Gesetz wird sich das Leid von Schutzsuchenden weiter verschärfen."
Das Gesetz verstößt eindeutig gegen europäisches und internationales Recht. Das Non-Refoulement-Gebot verpflichtet Staaten dazu, stets zu prüfen, ob im Falle einer Abschiebung oder Zurückweisung die Gefahr von Folter und unmenschlicher Behandlung besteht. Um das ausschließen zu können, muss der Zugang zu fairen und rechtsstaatlichen Asylverfahren sichergestellt werden. Deshalb wandte sich der Menschenrechtskommissar des Europarates [1] an den polnischen Senat mit der Bitte, das Gesetz nicht zu beschließen.
Die polnische Regierung begründet das Gesetz mit der "Instrumentalisierung" von Schutzsuchenden durch Russland und Belarus. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk beschreibt das Vorgehen der beiden Länder an der Grenze als "hybride Kriegsführung" und stellt Geflüchtete in einer militarisierten Rhetorik als "Waffen" dar, die die Sicherheit Polens und der EU gefährden würden. Diese entmenschlichende Rhetorik dient dazu, Schutzsuchende ihrer Rechte zu berauben.
"Dass die Europäische Kommission die völkerrechtswidrigen Zurückweisungen bisher nicht ahndet, sondern Ländern wie Polen zuletzt auch noch politische Rückendeckung für derartige Rechtsbrüche gegeben hat, ist zutiefst erschreckend", sagt Meral Zeller, Referentin in der Europaabteilung von PRO ASYL. "Das widerspricht ihrer Rolle als Hüterin der Verträge. Schon längst hätte sie gegen die massiven Rechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen vorgehen müssen." Aus Sicht von PRO ASYL ist es höchste Zeit, der fortschreitenden Aushöhlung des Asylrechts in den EU-Mitgliedstaaten Einhalt zu gebieten.
Das vom Senat verabschiedete Gesetz ermöglicht die Aussetzung des Zugangs zum Asylverfahren für 60 Tage. Das Parlament kann über eine Verlängerung abstimmen. Das Gesetz muss noch vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda unterzeichnet werden, was als Formalie gilt.
Hintergrund
Rechtswidrige und oftmals brutale Pushbacks [2],
Misshandlungen durch polnische und belarussische Sicherheitskräfte und
unterlassene Hilfeleistung sind auch unter der neuen Regierung von
Ministerpräsident Donald Tusk weiterhin alltäglich. Regelmäßig sterben
oder verschwinden Schutzsuchende im polnisch-belarussischen Grenzgebiet
in Folge dieser Pushbacks, wie die PRO ASYL Partnerorganisation Helsinki
Foundation for Human Rights (HFHR) [3] in einem kürzlich veröffentlichten
Bericht [4] dokumentiert hat.
Anmerkungen:
[1] https://www.coe.int/en/web/commissioner/-/poland-proposed-amendments-to-asylum-law-should-be-rejected-to-ensure-human-rights-observance-at-the-border-with-belarus
[2] https://www.proasyl.de/news/neue-eu-kommission-gruenes-licht-fuer-pushbacks/
[3] https://hfhr.pl/
[4] https://hfhr.pl/publikacje/raport-zaginieni-na-granicy-polsko-bialoruskiej
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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 13. März 2025
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E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. März 2025
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