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ITALIEN/507: Freitag, 13.12.2024 - Generalstreik gegen Kriegswirtschaft und für Lohnerhöhungen (Gerhard Feldbauer)


Generalstreik in Italien

Arbeiter protestieren gegen Kriegswirtschaft, fordern Investitionen in die Industrie, Sicherung ihrer Arbeitsplätze und eine Erhöhung der seit Jahren stagnierenden Löhne

von Gerhard Feldbauer, 14. Dezember 2024


Der für Freitag, den 13. Dezember, von den Basis-Gewerkschaften Unione Sindacale di Base (USB) ausgerufene landesweite 24stündige Generalstreik hat in allen öffentlichen und privaten Sektoren erfolgreich begonnen, meldete die Gewerkschaft. Die Anordnung des Ministers für Infrastruktur Salvini von der Lega, den Streik auf vier Stunden zu verkürzen, wurde von der USB zurückgewiesen. Der Minister räumte ein: "Es wird Chaos geben." Von Industrie und Verkehr über Schulen und Universitäten wird auch das Gesundheitswesen erfasst. Nachdem am 29. November bereits die großen Gewerkschaften CGIL und UIL mit einem Generalstreik das Land weitgehend lahmgelegt hatten, wird es jetzt erneut einen "schwarzen Freitag" geben, schrieb die römische Tageszeitung Messaggero.

Mit Schichtbeginn hielten Züge, Busse, Bahnen und Taxis an. Zur Beförderung der Arbeitenden wurden streikfreie Zeiten festgelegt, so in Rom für 8.30 Uhr und von 17.00 Uhr bis 20.00 Uhr, in Mailand für die U-Bahn ab Schichtbeginn um 8.45 Uhr und von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Die Regionalzüge verkehren während der Zeit des höchsten Verkehrsaufkommens von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr und von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr. Während der Luftverkehr vom Streik ausgenommen ist, legt das Verwaltungspersonal des Seeverkehrs während der gesamten Schicht die Arbeit nieder. Die Verbindungen zu den großen Inseln werden von Mitternacht bis 23.59 Uhr unterbrochen.

Beim Auto-Konzern Stellantis ist nach dem Rücktritt von CEO Carlos Tavares mit Hunderten von Entlassungen eine Zeitbombe explodiert. Im Turiner Werk Mirafiori sollen wegen fehlender Nachfrage nach E-Autos die Fließbänder bis zum 20. Januar stillstehen. Obwohl die äußerst rechte Ministerpräsidentin Meloni hier eingreifen wollte, schaut sie jetzt tatenlos zu.

Heute geht die Arbeiterklasse erneut auf die Straße, um der Meloni-Regierung wegen ihrer Kriegswirtschaft die Meinung zu sagen, um die Industrie und Beschäftigung des Landes zu verteidigen und höhere Löhne zu fordern, heißt es in dem USB-Aufruf. Betont wird, dass es in Italien bisher an allem fehlt - so an der Fähigkeit, die Industriepolitik klar und eindeutig auf den ökologischen Wandel auszurichten. Während Unternehmen Dividenden in Milliardenhöhe unter den Aktionären verteilen, wird kein einziger Euro in die Industrie investiert. Um diese Forderungen durchzusetzen, demonstrieren Tausende Streikende ab 9.30 Uhr in Rom auf der Piazzale Tiburtino und in Mailand ab 10.00 Uhr an der Porta Venezia.

In Turin kam es während eines Protestmarsches der Studenten zu Zusammenstößen mit der Polizei. Laut der Nachrichtenagentur ANSA warfen die Studenten Eier und Steine auf die Polizeieinheit, die mit Schlagstöcken reagierte. Vor dem Ministerium Salvinis versammelten sich Delegationen der Transportarbeiter, der Beschäftigten der Eisenbahnen, Häfen und des öffentlichen Nahverkehrs zu einem Sitzstreik, um eine Erhöhung der Löhne, die seit Jahren stagnieren, zu fordern und die Kürzungen für Ministerien, lokale Behörden, Schulen und Universitäten im Haushalt 2025 anzuprangern.

Die USB verweist darauf, dass der Haushalt in keiner Weise die wachsende Armut, von der 4,5 Millionen Rentner betroffen sind, berücksichtigt. Personen unter 75 Jahren, die mit 598,61 Euro und über 75jährige, die mit 614,77 Euro auskommen müssen, sollen sage und schreibe etwa drei Euro mehr erhalten. Im Gesundheitswesen konnten im vergangenen Jahr 200.000 Menschen die benötigten Medikamente nicht mehr bezahlen, weil die Pharmakonzerne die Preise für Arzneimittel in den zurückliegenden sieben Jahren um 2,5 Milliarden Euro erhöhten. Nun soll knapp die Hälfte des Budgets zusammengestrichen werden, was einem Sinken auf 6,3 % des BIP entspräche.

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Quelle:
© 2024 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 21. Dezember 2024

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